Erkenntniss Teil 6

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"Wir werden uns wohl später noch etwas unterhalten müssen." sagte Marlenas Vater immer noch lächelnd zu Angela.
"Die Junge. Unterhaltung mit dir sind stets interessant. Ich könnte dir vielleicht etwas von meinem alten Lehrer erzählen und den aufregenden Leben dass er geführt hat."
"Genau mein Gedanke." schmunzelte Eragon und wandte sich dann wieder den laufenden Zwergen zu. "Gestatteten eine weitere Frage Atalet: Ihr habt einen der Wächter offenbar ausgeschickt etwas zu holen. Worum handelt es sich dabei? Des weiteren wäre ich daran interessiert zu erfahren was die Prophezeiung des Pilgers über den zweiten Krieger sagt. Die erwähnte doch, dass dem Priester der die Prophezeiung niederschrieb zwei Kämpfer prophezeit wurden oder?"
"Da habt ihr Recht Schattentöter. Wenn ihr gestattet werde ich eure zweite Frage zu erst beantworten. Die Prophezeiung sagt über den zweiten Krieger nur aus, dass es ein Kind der Vergessenheit sein soll, dessen Blut unser Volk verteidigt wie das eines Bruders."
"Entschuldigt wenn ich die aufkommende Hoffnung dämpfe."
Der Zwerg Nobank ergriff wieder das Wort. Skepsis stand ihm ins Gesicht geschrieben.
"Wie alle hier bin ich fasziniert von der Vorstellung, dass der Zeuge davon werden wir die Götter sich offenbaren und ein Teil unserer heiligen Texte zum Leben erwacht aber was ihr gerade gesagt hat Atalet..... Nun, ich gebe zu, dass ein Teil der Prophezeiung scheinbar auf Argetlan Marlena anwendbar ist aber ich sehe hier keinen zweiten Krieger und es wäre meiner Meinung nach unklug das Schicksal unseres Volkes einer Weissagung anzuvertrauen, die sich nur in Teilen, möglicherweise erfüllt hat. Wer soll diese Krieger der vergessenen sein? Und warum sollten wir einen solchen verteidigen wie einen Bruder? Stein verbindet! So lautet eines unserer Sprichwörter. Damit wollen wir zum Ausdruck bringen dass trotz aller Streitigkeiten des unter uns geben mag wir alle von Helzvog aus denselben Stein gehauen wurden und dass diese Gemeinsamkeit über alle Differenzen steht. Wir achten die anderen Völker und unsere Verbündeten aber damit wir einen Krieger wie einen Bruder verteidigen würden braucht es mehr."
Nobank erntete für seine Worte breite Zustimmung und Marlena konnte es den Zwergen nicht verübeln. Auch sie war nicht begeistert von dem Gedanken Teil einer uralten Prophezeiung zu sein. Dennoch ließ sie sich die Worte noch einmal durch den Kopf gehen während ihr Blick über die anwesenden schweifte. Als er am Svenaja hängen blieb ihr wie Schuppen von den Augen. Aufgeregt erhob sie sich und ging zu ihre Schülerin herüber. Die Gespräche der Kleriker verstummten als Marlenas Verhalten bemerkten. Diese hatte inzwischen die jüngste Reiterin des Ordens erreicht und führte sie mit sanfter Gewalt etwas näher an die Konferenztafel heran.
"Leg doch bitte mal dein Schwert auf den Tisch Svenaja." forderte Marlena ihre verunsicherte Schülerin auf.
Mit offensichtlichem Unbehagen ob der Aufmerksamkeit die ihr plötzlich zuteil wurde zog Svenaja vorsichtig Neagling aus der Scheide und legte die glänzende Klinge auf die Tafel. Im Licht der magische Laternen, die den Raum erhellten stach die Gravur auf dem goldenen Schwert sofort hervor. Da war natürlich das elfische Schriftzeichen welches den Namen der Klinge verriet aber darunter schlossen sich direkt die Runen der Zwerge an. Diese waren es auch die nun ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückten.
"Barzûl!" brachte Orik atemlos hervor. Anschließend schüttelte der Monarch der Zwerge den Kopf wie ein Hund der bemüht war sich das Wasser aus dem Pelz zu entfernen. "Mädchen, die bist Du denn bitte an diesen Segen gekommen? Soweit ich weiß wurde eine solche Ehre einem Außenstehenden das letzte Mal vor mehr als 100 Jahren zuteil."
Unsicher blickte Svenaja zu Marlena doch diese nickte ihr aufmunternd zu. Erst zögerlich, dann doch immer flüssiger berichtete die junge Drachenreiterin was ist mit dieser speziellen Gravur auf sich hatte und versäumte es auch nicht zu erwähnen wie nützlich sich der magische Schutz bereits auf Vroengard erwiesen hatte.
"Bei meinem Bart" murmelte Nobank als Svenaja ihren Bericht beendet hatte. "Jetzt weiß ich nicht mehr was ich sagen soll."
"Habe ich etwas falsches gesagt?" erkundigte sich Svenaja und blickte unsicher in die Runde.
Burod, der bisher nicht viel gesagt hatte, lachte nun und schüttelte den Kopf.
"Keine sorge Küken, Du hast niemanden verärgern oder beleidigt. Du scheinst nur recht gut in die Prophezeiung des Pilgers hinein zu passen. Man könnte dich wohl als ein Kind der Vergessenheit bezeichnen. Schließlich hat sehr lange niemand von eurer Siedlung der oben im Norden gewusst. Und dieser magische Segen weist nicht eindeutig als eine Freundin des Zwergen Volkes aus, und damit hast Du Anspruch darauf, dass jeder Knurlan dich wie ein Mitglied unseres Volkes schützen würde. Auch ist bewiesen, dass deine Familie unter dem Schutz dieser Siedlung steht."
"Das ist wahr!" Nobank schien seine Überraschung überwunden zu haben und ergriff wieder das Wort. "Dieser Segen muss von einem mächtigen Magier der Dûr gimst quan gesprochen worden sein. Nur die Priesterschaft versteht es Gebet und magische Beschwörung zu verbinden. Und die Tatsache, dass sich der Schutz vom Erbstück deiner Familie auf diese neue Waffe übertragen hat beweist eindeutig, dass die Dankbarkeit unseres Volkes dir tatsächlich ins Blut geschrieben ist junge Reiterin. Wenn deine Familie das Schwert nur irgendwo im Staub gefunden hätte wäre der Segen der Klinge nicht übergesprungen."
Wieder erhob sich zustimmendes Gemurmel.
"Es ist in der Tat über jeden Zweifel erhaben, dass diese junge Reiterin eine berechtigte Erbin dieses Schutzes ist." sagte einer der anwesenden Kleriker die Marlena nicht namentlich bekannt waren.
"Es ist eine große Ehre für mich Erbin eines solchen Schutzes sein." sagte Svenaja die offenbar bemüht war nicht undankbar auf die anwesenden Zwerge zu wirken. "Leider kann ich keine Auskunft darüber geben wieso meiner Familie diese Ehre zuteil geworden ist. Dieses Wissen ist bedauerlicherweise bei der Flucht meiner Vorfahren verloren gegangen."
"Das dürfte kein Problem sein." versicherte Nobank, der Marlena und Svenaja nun mit ganz neuem Respekt musterte. "Die Priesterschaft führte detaillierte Aufzeichnungen über Segnungen dieser Art. Mit einer ungefähre Vorstellung davon wann dieser Segen ausgesprochen wurde sollte es durchaus möglich sein Licht in diesem Teil eurer Vergangenheit zu bringen."
"Alles zu seiner Zeit." unterbrach nun Atalet. "Wenn ich mich recht entsinne hat Eragon Schattentöter mir zwei Fragen gestellt. Die nach dem zweiten Krieger ist wohl hinreichend beantwortet. Eure andere Frage bezog sich auf das, was ich mit dem Wächter besprochen habe.Nun,....."
Noch bevor Atalet weitersprechen konnte erklangen von der Flügeltür, die in den Saal führte, ein respektvolles, leises klopfen.
Atalet hob entschuldigend die Hände und verließ die Tafel in Richtung Tür. Als er sie öffnete erkannte Marlena, dass der Wachposten mit dem Atalet im Vorfeld gesprochen hatte zurückgekehrt war und den Priester eine Schatulle überreichte. Dieser nahm sie entgegen, bedankte sich bei den Soldaten und kehrte dann an den Konferenztisch zurück. Zufrieden stellte er die Schatulle auf den Tisch ab.
"Dies ist die Antwort auf eure Frage Schattentöter. Mit eurer Erlaubnis König Orik würde ich gerne erklären was ist hier mit auf sich hat."
Natürlich bekundete Orik mit einer stummen aber respektvoll Geste seine Zustimmung und Atalet begann zu erzählen nachdem er sich kurz gesammelt hatte.
"Diese Schatulle enthält eine wertvolle Reliquie unseres Volkes. Sie ist der breiten Masse nicht bekannt weil sie in direktem Zusammenhang mit der Prophezeiung des Pilgers steht. Somit also auch mit Marantera. Ich habe bereits erwähnt das nur ausgewählte Priester über die dunkle Göttin informiert werden. Wenn der alte Bewahrer des Wissens die Ausbildung seines Nachfolgers abgeschlossen hat übergibt er diese Schatulle an ihn. Mit diesem Akt wird das Amt offiziell von einer Generation an die nächste weitergereicht."
Mit diesen Worten eröffnete Atalet die Schatulle und entnahm ein gefaltetes Stück Stoff. Da räumte die Schatulle zu Seite und breitete den Inhalt auf den Konferenztisch aus. Alle Anwesenden erkannten, dass es sich um ein Feldzeichen der Zwerge handelte. Es war eine Standarte wie Armeen sie mitzuführen pflegten. Sie lief am unteren Ende spitz zu und am oberen zeigten sich einige ausgefranste Schlaufen mit deren Hilfe man das Feldzeichen an einem speziellen Flaggenstock befestigen konnte. Nieten aus reinstem Gold verschlossen die Schlaufen und säumten als Zierde den rechten und linken Rand der Kriegsfahne. Marlena fiel auf, dass die Anzahl der Nieten an den Seiten des Feldzeichen genau der Anzahl der Zwergenclans entsprach. Das Wappen selbst zeigte den Kriegshammer Volund der von einem kräftigen Arm in den Himmel gereckt wurde. Der Stoff des Feldzeichens hatte einen kräftigen Pupurton als Grundfarbe während das Bildnis des Hamas und des Arms weiß waren. Lediglich an den Rändern schien das Feldzeichen auf unerklärliche Weise ausgebleicht zu sein.
"Diese Standarte führte die Armee unseres Volkes, die sich mit großer Tapferkeit Maranteras Abkömmlingen in den Weg stellte. Es ist das einzige überlieferte Artefakt aus jenen Tagen. Es wurde auf die gleiche überlieferte Art und Weise hergestellt wie alle unsere Feldzeichen. Ihr müsst wissen Drachenreiter, dass jede unserer Standarten eine Ehrung an all unsere Götter ist. Helzvog, den Gott des Steins, ehren wir durch das Gold welches wir aus dem Fels gewinnen und in Morgothals Geschenk an uns, dem Feuer erhitzen und edel wird das Metall. Die Farbstoffe die wir verwenden um unsere Feldzeichen zu gestalten ist ein Geschenk dass wir aus der Erde gewinnen und damit von Sindri. Wir lösen die Farbstoffe im Wasser und ehren damit die Göttin Kíff. Den Gefährtenstoff trocknen wir an der Luft und sprechen dabei Dankesgebete an Urûr. Ein Segen, ähnlich dem der eurer Familie zuteil wurde Argetlan Svenaja wird von uns Priestern mit der Macht Gûnteras verwoben und über das Feldzeichen gesprochen. Es ist dieser Segen, der verhindert hat, dass sich dieser Stoff im Laufe der Jahre in Staub aufgelöst hat. Es ist dieser Segen, der dem Feldzeichen ein so langes Leben schenkt und wir hoffen, dass der König der Götter auch die Soldaten die dieser Standarte folgen mit langem Leben und einer glücklichen Rückkehr segnete wird. Der Pilger übergab es an den Priester und sagte, dass die Waffen der prophezeiten Krieger, wenn sie auf dieses Feldzeichen gelegt werden den Weg offenbaren werden, der beschritten werden muss wenn der Friede auf unseren Gipfeln und unseren Tälern wiederhergestellt werden soll. Wie ich bereits erwähnt habe, erzählt die Prophezeiung von einem Schwert aus reinstem Kristall. Diese Waffe liegt hier direkt auf diesem Tisch vor uns. Ich hätte nicht erwartet, dass ich einst diese Probe durchführen würde. Bei den Gebeinen meiner Ahnen ich hatte nur damit gerechnet es eines Tages einem Schüler von mir zu übergeben. Doch das Schicksal hat offenbar andere Pläne. Wie schon richtig bemerkt habt Bruder Nobank wäre es unverantwortlich von uns das Geschick unseres Volkes einer vagen Prophezeiung anzuvertrauen. Deshalb schlage ich vor, dass wir die Prüfung mit den Waffen von Argetlan Marlena und ihrer Schülerin Svenaja durchführen so wie es die Prophezeiung des Pilgers vorsieht. Wenn eine Reaktion erfolgt, dann haben wir Gewissheit, dass wir den Fußstapfen unserer Götter wandeln und wir diesen Weg weiter beschreiten sollten."
Stille breitete sich zunächst aus nach dem Atalet seinen Bericht beendet hatte. Die anwesenden Zwerge warfen sich unsichere Blicke zu. Unter der Priesterschaft war es verpönt nach klaren Beweisen für das Wirken und die Macht der Götter zu verlangen. Glaube, so hieß es, war nur dann etwas wert, wenn er keine Beweise benötigte.
Zur allgemeinen Überraschung war es schließlich Marlenas Mutter Arya die das Wort ergriff:
"Ihr Abgesandten des Zwergenvolkes. Wie ihr wisst, stehe ich der Religion eures Volkes skeptisch gegenüber. Einige meiner Auseinandersetzungen mit den hohen Vertretern eures Klerus sind legendär aber in diesem Fall möchte ich euch mit allem gebotenen Respekt raten dem Vorschlag des ehrenwerten Atalet zu folgen."
Das Abbild von Arya im Spiegel erntete mehr als einen erstaunten Blick für diesen Vorschlag. Wohl wissend, dass sie weitere Erklärungen geben musste fuhr die Elfe fort:
"Egal ob es sich bei Marantera um ein uns unbekanntes Wesen oder eine gefallene Göttin handelt, so würde doch nur ein Narr übersehen, dass sich eure Überlieferungen was sie betrifft auf die gegenwärtige Situation beziehen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass es in unseren Landen Kräfte gibt die über die Abgründe der Zeit hinweg unser Geschick beeinflussen. Hier liegt offenbar ein solcher Fall vor. Ich kann auch euer Zögern verstehen, da ihr fürchtet eure Götter zu verärgern. Ich muss nicht an dieselben Glauben um dafür Verständnis zu haben. Ich bitte euch folgendes zu bedenken: Wenn sich die Prophezeiung des Pilgers wirklich auf die heutige Situation bezieht, dann entbehrt ihr euch nicht vor den Augen eurer Götter wenn ihr die Prüfung abhaltet sondern ihr er sie indem wir den Auftrag erfüllt den euch die Götter durch die Worte des Pilgers erteilt haben."
"Barzûl!" murmelte Nobank." Da hat die..... Ehrenwerte Drachenreiterin durchaus recht. Ich sage halten wir die Prüfung ab."
Auch die übrigen Kleriker betont nun ihre Zustimmung. Marlena war nicht entgangen, dass Nobank der kleine Pause eingelegt hatte bevor er ihre Mutter als Ehrenwerte Drachenreiterin bezeichnet hatte. Die junge Halbling vermutete, dass dem Priester zunächst eine weniger respektvolle Anrede auf der Zunge gelegen hatte.
"Gut gebrüllt Kindchen." ließ sich mit einem mal Angela vernehmen die von allen unbemerkt hinter Arya und Eragon getreten war und nun interessiert die Vorgänge im Konferenzraum musterte. "Ein alter Lehrer hätte seine Freude. Wir machen aus dem Kiselhirn doch noch eine Pilgerin."
Marlena musste sich beherrschen um ein Kichern zu unterdrücken und stellte fest, dass es dem Abbild ihres Vaters ähnlich ging. Ihre Mutter bewahrte sich mit eiserner ihnen ihre Würde. Lediglich ein etwas tiefer Atemzug und ein kurzer gequälter Blick zum Himmel verrieten, dass sie über das "Lob" der Kräuterhexe nicht wirklich erfreut war.
Die Heiterkeit verflogen jedoch schnell den Atalet hatte sowohl Klimpertod als auch Neagling ergriffen und schickte sich an mit der Prüfung zu beginnen.

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt