Kapitel 28

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„Sie haben also damals an diesem Fall gearbeitet?" Hansson verwies auf die Akte, die er in der Hand hielt. „Ich habe mich schon ein wenig damit beschäftigt, aber es ist immer besser, es aus erster Hand zu hören. Wanderer haben also diesen Mann mit seinem Kind gefunden?"

Der ältere Kollege, vermutlich stand er schon kurz vor dem Ruhestand, nickte.

„Ja. Sie haben die Polizei gerufen, nachdem sie im Wald auf einen Mann gestoßen waren, der sie mit einem Schwert bedroht hat. Das war natürlich höchst ungewöhnlich. Wir sind sofort aufgebrochen. Einen Verrückten in der Nähe einer Wanderroute, der drohte, Wanderer umzubringen, wenn sie näher kamen, konnten wir beim besten Willen nicht gebrauchen."

Hansson nickte verständnisvoll. Nach einem kurzen Blick in die Akte sah er wieder zu dem Kollegen auf.

„Sie schreiben hier in Ihrem Bericht, dass es fast eine Stunde gedauert hat, diesen Mann zum Mitkommen zu bewegen", hakte er interessiert nach und blickte Miller fragend an.

„Ja, das stimmt", bestätigte dieser. „Als wir dort ankamen, trafen wir auf einen ziemlich verwahrlosten Mann. Er hatte sich einen kleinen Unterschlupf im Wald gebaut. Mit seinem Schwert hatte er Äste von den Bäumen geschnitten und daraus ein Dach geflochten, das er über einen umgefallenen Baum gelegt hatte. Dort lebte er mit seinem Kind. Ein Baby, gerade mal wenige Monate alt. Als wir kamen, hatte er sich gerade um sein Kind gekümmert. Schon von weitem muss er uns gehört haben. Verteidigend stand er vor seinem Unterstand, sein Schwert in der einen und eine Pistole in der anderen Hand, das Baby unter den Arm geklemmt, in dessen Hand er die Pistole hielt. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen."

Miller schüttelte ungläubig seinen Kopf, als sähe er sich wieder in die Szene vor 16 Jahren zurückversetzt. Hansson lauschte gebannt den Erzählungen. Wenn er Recht hatte, handelte es sich bei diesem Mann mit Schwert und Pistole um den verschwundenen Professor. Hansson hatte mal wieder Feuer gefangen. Er musste alles wissen, was damals geschehen war. Diese Geschichte war der erste Anhaltspunkt, den sie in der Suche nach Lockwoods Vergangenheit hatten.

„Mit dem Baby in seinem Arm konnten wir nichts unternehmen", fuhr Miller mit seiner Erzählung fort. „Wir konnten nicht auf ihn schießen, auch wenn er unentwegt mit seiner Waffe auf uns zielte. Dass er überhaupt eine Schusswaffe besaß, hatten wir nicht gewusst. Davon hatten die Wanderer nichts erzählt. Deshalb waren wir nicht darauf vorbereitet. Er ließ uns nicht näher als drei Meter an sich herankommen. Die Situation war unheimlich schwer einzuschätzen. Wir wussten alle nicht so recht, ob dieser Mann wirklich bereit war, auf uns zu schießen oder nicht. Leider schien er tatsächlich zu allem entschlossen, um sein Baby zu beschützen. Da es ihm aber hauptsächlich um das Baby ging, waren wir einigermaßen sicher, dass er nicht schießen würde, solange wir uns nicht weiter näherten. Also mussten wir es mit Geduld versuchen und mit ihm verhandeln."

„Unglaublich", warf der Detective einen faszinierten Kommentar ein und sah Miller mit großem Interesse an.

„Ja, es war wirklich eine unglaubliche Situation. Deshalb erinnere ich mich nach all diesen Jahren auch noch daran, als wäre es gestern gewesen. Wie gesagt, so etwas hatte ich noch nie erlebt."

„Wie haben Sie es letztendlich geschafft, ihn von dort wegzuholen? So weit war ich mit der Akte noch nicht."

„Nach vielen Versuchen konnten wir ihn schließlich mit der Gesundheit seines Babys überzeugen. Das war das einzige, was bei ihm zog. Wir konnten ihm klar machen, dass wir keine bösen Absichten hatten und dass es das Beste wäre, wenn sich einmal ein Arzt das Baby ansehen würde. Wir hatten bereits einen Notarzt mitgebracht, da die Wanderer von dem Baby erzählt hatten und wir nicht wussten, in welchem Zustand es war. Nach etwa 40 Minuten wilder Diskussion – dieser Mann hatte einen wirklich seltsamen altenglischen Akzent, muss ich dazu sagen – ließ er den Arzt zu sich kommen, der sich jedoch bis auf die Unterwäsche entkleiden musste, um sicher zu gehen, dass er unbewaffnet war. Während der Arzt sich das Kind ansah blieben der Blick des Mannes sowie seine Waffen steif auf uns gerichtet. Keine Sekunde ließ er uns aus den Augen. Der Mann war unglaublich konzentriert und schien die Situation voll im Griff zu haben, obwohl so viele Dinge gleichzeitig passierten. Niemand wagte es, etwas Dummes zu tun."

Im Strudel der Zeit - Tödliche GeheimnisseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt