„Hörst du? Ich habe sie herbestellt. Sie wird jeden Moment da sein. Solange können wir uns doch schon mal unterhalten", erklärte Hansson ruhig, während er das Handy auf den Tisch legte.
Verunsichert sah der Junge ihn an und Hansson sah ihm auffordernd in die Augen. Die Platzwunde an seiner Schläfe war von einem Sanitäter versorgt worden, nachdem der Junge vor nicht einmal fünfzehn Minuten in das Polizeirevier getorkelt war und wie verrückt den Namen des Professors gerufen hatte.
„Ich weiß, wo der Professor ist! Ich weiß, wo er ist! Wer ist hier zuständig?", hatte er immer wieder wie wild gerufen, bis Kollegen ihn zu Hansson gebracht hatten. Seither hatte er nur von Joy geredet.
„Ich muss mit Joy sprechen. Ich darf nur mit Joy sprechen. Ich darf erst mit euch sprechen, wenn ich weiß, dass Joy hier ist."
Hansson konnte sich aus dem allem keinen wirklichen Reim machen. Dennoch hatte er der Forderung des Jungen nachgegeben und Joy herbestellt, in der Hoffnung, dann etwas von ihm zu erfahren.
„Und sie kommt wirklich? Sie ist auf dem Weg hierher?"
Der Junge sah furchtbar aus. Als wäre er persönlich durch die Hölle gegangen. Sein Blick war rastlos, seine Haare zerzaust und er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Noch nicht einmal seinen Namen hatte er gesagt. Einen Ausweis hatte er nicht bei sich gehabt. Die Handschellen, die die Kollegen ihm angelegt hatten, nachdem der Junge wie wild herumgerannt war, schienen ihn noch mehr zu beunruhigen. Was hatte es mit diesem Jungen auf sich? Hanssons Geduld war eigentlich längst am Ende. Er musste erfahren, was dieser Junge von Professor Lockwood zu wissen glaubte. Doch mit Drohungen würde er hier nicht weiter kommen, das war ganz offensichtlich. Nein, er musste mit Gefühl vorgehen, so schwer ihm das auch fiel.
„Ja, sie ist auf direktem Weg hierher", erklärte er. „Du kannst mir vertrauen. Sie ist bald hier. Aber Junge, ich bin deiner Forderung nachgekommen, jetzt bist du an der Reihe."
Unsicher blickte der Junge zu Hansson auf. Hansson erkannte sofort, dass er leicht zu manipulieren war. Er war viel zu sehr durch den Wind, als dass er die Situation wirklich im Griff hatte. Der Junge dachte kurz nach, doch die Worte des Detectives schienen ihm plausibel zu erscheinen.
„Ich –", stöhnte er mit zittriger Stimme. „Ich darf eigentlich wirklich nichts sagen, bis ich Joy gesehen habe. Ich muss wissen, dass sie hier ist."
„Wer hat dir das befohlen, Junge?", hakte Hansson neugierig nach. Er musste einen Weg finden, zu dem Jungen durchzudringen. „Du musst mir auch etwas geben. Ich muss sehen, dass ich das Richtige tue, wenn ich dich mit Joy reden lasse. Ich habe dir gezeigt, dass du mir vertrauen kannst. Jetzt möchte ich sehen, ob ich dir vertrauen kann."
Der Junge wackelte unkontrolliert mit den Beinen auf und ab und nestelte mit den Fingern herum. Die Handschellen störten ihn, immer wieder versuchte er, sich herauszuwinden.
„Ich kann dir die Handschellen abnehmen, sobald ich weiß, dass ich dir vertrauen kann", bot Hansson ihm an. Eindringlich sah er den Jungen an. „Haben wir einen Deal?"
Schwer atmend erwiderte der Junge Hanssons Blick. Dann endlich nickte er.
„Ok. Also haben wir einen Deal", schlussfolgerte Hansson zufrieden. „Du erzählst mir, wer du bist und wer dich hergeschickt hat, und ich nehme dir dafür die Handschellen ab."
Wieder nickte der Junge. Vielsagend drehte Hansson sich zum Spiegel um. Krauss und Stevens standen dahinter und beobachteten das Verhör. Wenn der Junge mit seinem Namen herausrückte, sollten sie sofort die Datenbanken danach durchsuchen. Sie mussten wissen, mit wem sie es hier zu tun hatten. Verunsichert folgte der Junge Hanssons Blick.
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Im Strudel der Zeit - Tödliche Geheimnisse
AdventureJoy liebt ihren Vater über alles. Als er eines Tages, kurz nachdem er der Polizei bei den Ermittlungen in einem Mordfall geholfen hat, spurlos verschwindet, geht für sie eine Welt unter. Noch schlimmer wird es, als die Polizei in seiner Vergangenhei...