Kapitel 112

208 38 16
                                    

Hansson hatte Lockwood und John bei sich im Auto. Eine ganze Kolonne an Polizeiwagen folgte ihnen. Lockwood war noch nicht mit der Sprache herausgerückt, wo in den Blue Mountains sie Black Soul finden würden. Hansson hatte zur Sicherheit Miller verständigt, dass dieser seine Männer, die er an der Lichtung abgestellt hatte, warnen konnte. Sie sollten nicht eingreifen, falls Black Soul auftauchte. Sie sollten sich unauffällig zurückziehen und nur von weitem beobachten. Eine Konfrontation wäre zu riskant. Black Soul war mit seinen Männern in der deutlichen Überzahl. Und Lockwoods warnende Worte bereiteten Hansson Sorge. Er sah in den Rückspiegel. Lockwood saß hinter Hansson und schien in Gedanken vertieft, sein Freund saß auf dem linken Sitz.

„Professor Lockwood", rang Hansson sich schließlich dazu durch, den Mann aus seinen Gedanken zu reißen. „Es gibt da noch ein paar Dinge, über die wir sprechen müssen."

Lockwood sah fragend auf.

„Sie wissen von der Sache im Zug?"

Lockwood nickte.

„Wie viel wissen Sie darüber?"

Lockwood sagte nichts, er schien abzuwarten, was Hansson zu sagen hatte.

„Die Sache ist die: Joy ist der Überzeugung, dass Sie sterben werden, wenn Black Soul uns in die Hände fällt. Sie hilft Black Soul, uns zu entkommen."

Stöhnend schüttelte Lockwood den Kopf. Es schien keine Überraschung für ihn zu sein. Kein Wunder, der Mann kannte seine Tochter schließlich am besten und das, was Hansson bisher von ihr miterlebt hatte, hatte ein ziemlich klares Bild von ihr gezeichnet. Ein Bild, das von ihrer Opferbereitschaft zeugte, wann immer ein anderes Leben in Gefahr schwebte.

„Eine Frage", fuhr Hansson dann fort. „Joy hat nicht nur von Ihnen gesprochen, sondern auch von einem unschuldigen Mädchen, das ebenfalls sterben könnte."

Lockwoods Augen zuckten für einen Moment. Selbst wenn er seine Gefühle sehr gut unter Kontrolle hatte, das Zucken hatte ihn verraten. Hansson konnte es nicht fassen! Es war also wahr? Es gab tatsächlich ein weiteres Opfer in dieser Geschichte?

„Mr. Lockwood, bitte lassen Sie mich hier nicht im Dunkeln! Ich versuche, zu helfen. Wenn es ein weiteres Opfer gibt, muss ich das wissen. Nur dann kann ich alles Nötige in die Wege leiten. Also, wer ist dieses Mädchen?"

Hansson hoffte inständig, dass seine Worte bei Lockwood Wirkung zeigten. Er konnte diesen Mann sehr schlecht einschätzen, seit er so verändert von dem Schiff zurückgekommen war.

„Kommen Sie schon, Lockwood. Wer ist das Mädchen?"

Lockwood seufzte leise. „Annie!", meinte er dann.

John sah vielsagend zu seinem Freund hinüber. Hansson konnte seinen Blick jedoch nur schwer deuten.

„Wer ist diese Annie?", fragte er und versuchte, sich seine Fassungslosigkeit nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Wie um alles in der Welt hatten sie das nur übersehen können? Ein weiteres Opfer? Ein Mädchen? Wie hatte das nur passieren können!

„Annie ist nicht aus dieser Zeit", beantwortete Lockwood Hanssons Frage und beruhigte damit ein wenig sein Gewissen. „Henry hat sie mitgebracht. Sie war schon auf dem Schiff, als ich gekommen bin – und sie ist noch dort."

Wieder warfen sich Lockwood und John seltsame Blicke zu. Hansson hätte nur allzu gerne gewusst, was es damit auf sich hatte.

„Lockwood, wo ist das Schiff?", stellte er schließlich die Frage, die ihn nun seit Tagen keine Ruhe mehr ließ. Endlich hatte er eine Chance, es zu erfahren. Endlich sprach er mit einem Menschen, der es wissen könnte. „Wir können das Mädchen dort rausholen. Wir müssen nur –"

Im Strudel der Zeit - Tödliche GeheimnisseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt