Im Strudel der Zeit - Tödliche Geheimnisse

Kapitel 126

Hansson saß erschöpft in seinem Büro. Er konnte es nicht fassen, dass der Fall endlich ein Ende hatte. Er hatte es kaum mehr für möglich gehalten. Unglaublich, was auf dieser Lichtung geschehen war. Drei der Piraten hatten ihr Leben gelassen, die anderen waren nur verwundet und schnell von seinen Kollegen überwältigt worden, bevor sie noch mehr Schaden hatten anrichten können. Einige seiner Kollegen waren ebenfalls verwundet. Die Schutzwesten hatten zum Glück Schlimmeres verhindert. Nur ein Mann schwebte in Lebensgefahr. Hansson betete, dass er überleben würde. Es war ihm noch immer ein Rätsel, wie Joy inmitten des Kreuzfeuers mit nur einer Kugel in der Schulter und einem Streifschuss hatte überleben können. Das grenzte an ein Wunder! Da hatte sie wohl einen starken Schutzengel gehabt. Es war einfach unfassbar und wäre er nicht selbst dabei gewesen, würde er niemandem diese Geschichte abkaufen. Ein Mädchen, gefesselt an einen Baum, im Zentrum eines Kreuzfeuers – und es überlebte! Hansson war zutiefst fasziniert davon und heilfroh darüber! Sie hatten es ernsthaft geschafft, sowohl Joy, als auch ihren Dad lebend aus dieser Geschichte herauszuholen! Wobei Joy und ihr Dad sowie John dabei wohl selbst den größten Beitrag geleistet hatten. Die Polizei hatte im Großen und Ganzen nur daneben gestanden und hatte dazu gedient, Black Soul ein wenig in Schach zu halten. Den Rest hatten die Lockwoods und John erledigt. Wann immer Hansson an alles zurückdachte, konnte er nur den Kopf darüber schütteln.

Den ganzen Nachmittag hatte Hansson bereits damit verbracht, seinen Bericht zu schreiben. In seiner kompletten Laufbahn hatte er noch nie so viele Fakten verdreht. Niemals hatte er in einem Bericht so viel gelogen, um die Wahrheit zu verschleiern. Doch in diesem Fall diente es wohl einem höheren Zweck. Lockwood hatte nicht umsonst die letzten sechzehn Jahre mit diesem Geheimnis gelebt. Nicht einmal seiner eigenen Tochter hatte er es anvertraut. Hansson wollte sich nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn die Wahrheit ans Licht kam! Wenn an die Öffentlichkeit durchsickerte, dass Zeitreisen möglich waren – wie auch immer. Das Wie war Hansson noch immer ein großes Rätsel und er war sich dessen bewusst, dass er darüber niemals mehr erfahren würde. Dieses Geheimnis würde Lockwood mit ins Grab nehmen. Hanssons Aufgabe war es, zu verschleiern, dass Zeitreisen überhaupt möglich waren. So hatte er sich eine offizielle Geschichte ausgedacht, die so in den Akten zu finden sein würde. Sie war für seine Vorgesetzten und die Öffentlichkeit bestimmt und umschiffte alles, was der Wahrheit zu nahe käme. Die Geschichte lautete so, dass es sich bei Black Soul und seiner Mannschaft um eine geheime Gruppierung von Männern handelte, die lebten wie Piraten. Eine Art Sekte, jedoch ohne religiösen Hintergrund. Sie hatten sich in den Kopf gesetzt, den Schatz von Black Soul zu finden. Als sie jahrelang erfolglos blieben, hatten sie sich zu dem Mann aufgemacht, der sich am besten mit Black Soul auskannte: Professor James Lockwood. In der Hoffnung, dass er sie zu dem Schatz führen konnte, hatten sie ihn entführt. Als Druckmittel hatten sie außerdem auch seine Tochter in ihre Fänge gelockt. Lockwood war es während seiner Gefangenschaft und unter höchstem seelischem Druck tatsächlich gelungen, den Schatz aufzuspüren, der nun an ein Museum ging. Wie ein Piratenschatz aus dem frühen 18. Jahrhundert in den Blue Mountains in Australien gelandet war, ein Schatz aus einer Zeit, in der Australien noch gar nicht entdeckt gewesen war, musste Hansson in seinem Bericht glücklicherweise nicht erklären. Darüber konnten sich seinetwegen Wissenschaftler den Kopf zerbrechen. Hansson würde sich damit nicht herumschlagen. Und Lockwood würde es hoffentlich schaffen, sich irgendwie herauszureden. Wie er den Schatz gefunden hatte, könnte er für sich behalten. Niemand konnte ihn zwingen, von seinen in der Gefangenschaft gewonnenen Erkenntnissen zu erzählen. Jeder vernünftige Mensch sollte es verstehen, wenn Lockwood unter den gegebenen Umständen nicht darüber sprechen wollte. Immerhin war er entführt und fast getötet worden. Die Geschichte sollte demnach funktionieren.

Etwas schwieriger war die Sache mit den gefälschten Dokumenten. Darüber wussten Hanssons Vorgesetzten bereits Bescheid, es war Teil der Ermittlungen gewesen. Da Hansson momentan noch mit allem anderen beschäftigt war, hatte er diese Aufgabe an seine Kollegen übergeben. Er war sich sicher, dass sie irgendeine wasserdichte Story zusammenbasteln würden, die Hansson anschließend in seinen Bericht würde aufnehmen können. Was das anging, verließ er sich blind auf sein Team. Sie würden eine Erklärung für die Vorgesetzten finden, die hoffentlich auch in dem kommenden Gerichtsverfahren gegen Black Soul standhalten konnte.