Im Strudel der Zeit - Tödliche Geheimnisse

Kapitel 60

Es war einfach unfassbar. Sie waren zu spät gewesen. Obwohl Bryan alles sofort in die Wege geleitet hatte und alle Teams bereits auf dem Weg gewesen waren, war Joy ihnen entkommen. Die Verständigung der anderen Polizeireviere und Bahnhöfe hatte geklappt. Es hatten tatsächlich drei Officers die Verfolgung aufgenommen. Zusätzlich waren die beiden Kollegen in Wolli Creek dazu gestoßen, die dort Dienst gehabt hatten. Doch sie waren, so unfassbar das auch war, zu wenige gewesen! Als Bryan mit der Verstärkung in Wolli Creek angekommen war und sie den Bahnhof abgeriegelt hatten, war Joy bereits verschwunden gewesen.

Systematisch hatte Bryan den Bahnhof durchsuchen lassen, doch von Joy gab es weit und breit keine Spur. Sofort hatte er den Fahrplan studiert und eine Karte von Sydney zur Hand genommen. Wo konnte Joy nur hinwollen?

„Der Containerhafen!", stieß er nun aus.

„Wie bitte?", fragte ein Kollege überrascht und drehte sich zu ihm um.

„Sie will zum Containerhafen. Sehen Sie doch, die nächsten zwei Haltestellen sind der internationale und der nationale Flughafen. Von dort ist es nicht weit zum Containerhafen. Dort will sie vermutlich hin. Sie weiß, dass wir Lockwoods Spur dort verloren haben. Sie", er zeigte auf den Kollegen, mit dem er redete, „und Sie zwei", er rief zwei weitere mit dem Finger zu sich, „Sie kommen mit mir. Auf, los geht's!"

Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren rannten die Beamten los zum Auto. Sie durften keine Zeit verlieren, Joy hatte bereits mehr als genug Vorsprung. Hansson und Krauss waren verständigt, sie müssten jederzeit hier sein, um die Zeugen und die Kollegen zu befragen. Dazu hatte Bryan selbst kaum Zeit gehabt. Und nun war Joy wichtiger. Als er und die drei Kollegen im Stechtempo den Bahnhof verließen, sah Bryan bereits das erste Presseteam Stellung beziehen. So ein Mist, das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Wie hatte sich das so verdammt schnell herumgesprochen? Doch er hatte jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Sie mussten los. Und zwar so schnell es ging. Jede Sekunde, die verging, konnte bereits eine Sekunde zu viel sein. Jede Sekunde konnte entscheidend sein, um zu verhindern, dass Joy einen gewaltigen Fehler beging. Bryan konnte es ja immer noch nicht fassen, dass sie ernsthaft diesen wahnsinnigen Plan durchzog. Egal, welche Steine ihr in den Weg gelegt wurden, sie sprang einfach darüber hinweg und folgte weiter ihrem Ziel. Obwohl ihr Ziel so grauenhaft war. Wieso um alles in der Welt tat sie das? Wieso ließ sie die Polizei nicht helfen?

Doch auch diese Fragen waren jetzt nicht wichtig. Das einzig Wichtige war, Joy rechtzeitig zu finden, um sie aufzuhalten und nicht zuzulassen, dass sie ihr Ziel erreichte. Eilig rief Bryan den Detective an, um ihm vom Containerhafen zu erzählen. Dann forderte er ein weiteres Team an, das zur Verstärkung zum Hafen kommen sollte. Außerdem verständigte er den Hafenleiter und die zuständigen Sicherheitsleute. Dieses Mal durfte nichts schiefgehen.

~

Joy war gerade aus dem Bahnhof geflitzt, da hatte sie bereits die Polizeiwagen gesehen, die mit Blaulicht und Sirenen angerast gekommen waren. Mit quietschenden Reifen hatten sie vor dem Bahnhof angehalten und eine Schar an Polizisten war zum Bahnhof geströmt. Mit rasendem Herzen war Joy ums Eck gebogen, raus aus dem Sichtfeld der Polizisten, hatte den Hut tiefer ins Gesicht gezogen und war davongerannt. Das war schrecklich knapp gewesen. Eine Sekunde später und sie wäre in der Falle gesessen.

Noch völlig außer Atem von der vielen Aufregung im Zug rannte sie zum nächsten Taxi, das sie finden konnte. Sie hatte kein Geld dabei, doch ein Taxi war das einzige, was ihr einfiel, das sie ungesehen zum Containerhafen bringen konnte. Denn wie es aussah, wusste inzwischen jeder Polizist in der Stadt über sie Bescheid. Züge und Busse waren einfach nicht sicher. Damit würde sie den Containerhafen niemals erreichen.

„Zum Containerhafen in Botany Bay", hustete sie, als sie unendlich erleichtert im Taxi platznahm.

„Hui, ganz außer Atem. Alles klar bei dir?", fragte der Taxifahrer nach.