Kapitel 55 - Ticket in die Hölle

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Unter schmerzen zog sie sich ein schwarzes Top über und eine Lederjacke über das Top. Es schmerzte wenn sie sich bewegte, aber sie zeigte nichts davon. Maggie sah ihr kopfschüttelnd zu, verkniff sich aber sämtliche Kommentare. Fertig angezogen sah sie Maggie nickend an und zusammen verließen sie die Hütte. Die Sonne schien ihr entgegen und es war angenehm warm, doch immer wieder wehte ein kühler Wind ihr um die Ohren. Leo erspähte dicke, grauen Wolken am Horizont. Bald würde es zum Regnen beginnen. Mit wenig Begeisterung gesellte sie sich zu der Gruppe. Rick wollte heute noch starten, dagegen hatte sie nichts, auch wenn sie etwas Zeit für sich brauchte. Daryl ging an ihr vorbei in die Hütte, vermutlich umziehen, denn er trag noch immer das Klinikoutfit.
Als er wieder kam und alle sich versammelt hatten, ging es auch schon los. Daryl, Leo, Joey und Julia stiegen in ein Auto und führten die Kolonne. Ruckelnd führen sie über den Schotterweg auf die Straße. Dort steigerte Daryl das Tempo. Sicherheitshalber schnallte sich Leo an. Nach circa zwanzig Minuten Fahrt konnte sie schon die Stadt erkennen. Sofort bildete sich ein Kloß in Leos Hals. Alles in ihr sträubte sich dagegen, dort wieder hin zu fahren. Ihre Hände verkrampften sich und auch ihre gesamte Körperhaltung war eher steif. Schwer atmete sie aus und ein um ihre Angst zu unterdrücken.
„Alles wird gut." Murmelte Daryl und sah sie fürsorglich an.
„Mhm." Brummte Leo und ließ ihren Blick über die Stadt schweifen. Die Maschendrahtzäune waren schon zu sehen, aber Daryl wurde nicht langsamer, ganz im Gegenteil, er steigerte das Tempo. Flüchtig sah Leo zur Geschwindigkeitsanzeite. Die rote Nadel überstieg gerade 80 km/h. Unwillkürlich klammerte sich Leo an den Sitz. Das Metalltor kam immer näher und näher.
„Daryl..." zog sie beschwörend in die Länge.
„Gut festhalten Püppchen." Brummte er und beschleunigte weiter. Die zwei Wachmänner sahen ziemlich blöd aus der Wäsche als der Wagen ungebremst auf sie zu raste. Mit voller Wucht rammte Daryl das Tor. Teile flogen durch die Gegend und der Wagen kam ins Schleudern. Daryl nutzte den Schwung und erledigte mit dem Wagen einen Wachmann. Doch das stellte sich als blöde Idee heraus. Durch die Windschutzscheibe konnte sie sehen wie sich die Welt drehte. Der Wagen prallte gegen irgendetwas und sie fühlte wie sie den Boden verloren. Vor ihr neigte sich die Straße, das sah aber nur so aus, in Wirklichkeit flog der Wagen und drehte sich dabei. Kurz fühlte sich Leo schwerelos, als sich der Wagen auf den Kopf stellte. Mit einer ungebändigten Knall landeten sie am Dach und schlitterten mehrere Meter weiter auf ein Holzgestell zu. Es sah aus wie ein Wachturm. Leo prallte gegen die Seite und drohte das Bewusstsein zu verlieren. Daryl verlor seinen Halt und knallte gegen die Windschutzscheibe. Von hinten drangen Schreie an ihr Ohr, Julia und Joey. Der Wagen rammte diesen Wachturm, der stabiler war, als er aussah mit der Seite, auf der Leo saß, oder besser gesagt, gesessen hatte. Das letzte was sie vernahm war reißenden Metall, splitterndes Glas und ein kläglicher Schrei, ehe sie den Kampf gegen die Ohnmacht verlor.

Stöhnend wachte Julia auf. Das erste was sie vernahm waren schreckliche Schmerzen und kaltes Metall unter ihr. Sie lag auf dem Bauch, langsam hob sie den Kopf um sich um zu sehen, doch alles drehte sich. Was für eine bescheuerte Idee, kam es ihr in den Sinn. Allmählich klärte sich das Bild und sie konnte ihre Umgebung erkennen. Vor ihr lag Joey, der ebenfalls langsam zu Bewusstsein kam. Anscheinend ist ihm nichts passiert denn er konnte sich gut bewegen. Auch erkannte sie keine Wunden an ihm. Als sein Blick auf sie fiel, rappelte er sich schlagartig auf und kroch zu ihr.
„Geht es dir gut?" keuchte er besorgt. Julia nickte stöhnend und hievte sich auf alle vier. Das Auto lag auf dem Dach um sie herum stand alles auf dem Kopf. Sie musste wohl einige Prellungen haben, denn ihr ganzer Körper pochte vor Schmerz. Doch dieser verflog ziemlich schnell als sie die zerbrochene Windschutzscheibe sah. Blut sammelte sich in den Splittern. Blitzschnell krabbelte sie vor, das Adrenalin spülte sämtliche Schmerzen fort und sah auf Leos Platz. Geschockt wich sie zurück als ein spitzer Pfahl ihr entgegen ragte. Doch dieser hatte Leo zum glück haarscharf verfehlt. Keinen Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, ragte er durch die Windschutzscheibe.
„Daryl!" kam es geschockt von Joey. Julia drehte sich um. „Shit!" fluchte sie. Er lag außerhalb vom Wagen. Blutige Splitter übersäten seinen Körper.
„Kümmere du dich um Leo, ich übernehme Daryl!" befahl Joey, schob sich an ihr vorbei und krabbelte aus der zerbrochenen Windschutzscheibe. Julia sah hoch zu ihrer Freundin. Ihr Kopf war hoch rot angelaufen, weil sie Kopfüber hing. Probehalber versuchte sie die Türe zu öffnen, aber es gelang ihr nicht. Die ganze Seite war eingedellt. Schnaufend kroch sie wieder zu Leo und tätschelte ihr Gesicht.
„Leo, wach auf!"
„Komm schon!" bettelte Julia. Nichts geschah. Also holte Julia aus und verpasste Leo eine mit der flachen Hand. Laut keuchend riss Leo die Augen auf.

Ein harter Schlag riss Leo wieder in das Leben. Entsetzt keuchte sie auf und riss die Augen auf, nur um sich gleich noch einmal zu erschrecken. Dicht vor ihrem Gesicht stach ihr ein Holzpfahl entgegen.
„Ach du heilige Scheiße..." hauchte sie. Ihr war schlecht und ihr Kopf fühlte sich ganz heiß an. Entgeistert sah sie nach Links. Julia hing Kopf über an der Decke.
„Julia?" murmelte sie verwirrt und sah sich um. Nicht Julia war es die verkehrt war, sondern sie. Stöhnend versuchte sie sich ab zu schnallen, ohne den Holzpfahl zu Küssen. Es gelang ihr und sie knallte hart von der Decke, gegen das Armaturenbrett und dann aus der zerbrochenen Windschutzscheibe. Wie eine umgedrehte Schildkröte lag sie da und sah auf. Julia lugte zu ihr und konnte sich ein sarkastisches: „Sehr elegant." Nicht verkneifen. Leo rollte mit den Augen und erkannte etwas auf der Seite. Daryl lag blutend am Boden, Joey war über ihm und redete auf ihn ein. Der Schrecken fuhr in sie, wie ein einschlagender Blitz. Ruckartig stand sie auf und war im nächsten Moment bei ihm.
„Daryl!" jaulte sie. Er lag am Rücken, seine Augen waren geschlossen. Blut rann seine Stirn hinunter.
„Wach auf..." herrschte sie und rüttelte an ihm. Ein leises Stöhnen entwich ihm und er rollte seinen Kopf auf die andere Seite. Kurz darauf schlug er flackernd die Augen auf. Leo atmete erleichtert auf.
„Du verdammter Mistkerl." Murmelte sie mit einem Lächeln. Joey half ihn, sich auf zu setzten.
„Langsam." Mahnte der schwarzhaarige.
„Sag etwas, wie geht es dir?" verlangte Leo.
„Verkatert." Kam es stumpf vom Redneck. Hinter ihr kroch Julia aus dem Wagen. Leo erhob sich, da erst bemerkte sie die Schmerzen vom Aufprall. Wankend griff sie sich an den Kopf. Julia war sofort neben ihr und hielt sie fest. Auch Daryl stand zusammen mit Joey auf. Zusammen ergaben sie ein recht klägliches Bild ab.
„Wo sind die anderen?" fragte Joey in die Runde. Seine Frage wurde durch einen Schusswechsel beantwortet. Eine Kugel prallte am umgeworfenen Wagen ab und vergrub sich in die hellgelbe Hausfassade dahinter. Gleichzeitig duckten sich alle instinktiv und zogen ihre Waffen. Leos Blick schweifte zum Zaun. Beißer torkelten auf sie zu. Es waren da weil recht wenige, aber wenn sie sich nicht beeilen würde...
Die nächste Kugel schrillte an ihr vorbei. Leo lugte hinter dem Wagen hervor und erschoss einen Wachmann. Dabei entdeckte sie die anderen. Rick deutete mit einer scheuchenden Bewegung, dass sie verschwinden sollten. Davor vergeudete Leo aber noch eine Kugel um einen zweiten Mann aus zu schalten.
„Los, in die Klinik!" kommandierte Leo kalt und stürmte los. Für wiederrede war keine Zeit, die drei folgten ihr Brav. Geduckt und auf alles gefasst schlichen sie durch die Straßen. Leo sah sich penibel genau um. Leise liefen sie eine Zeit lang durch die Seitengassen, bis sie zu einer größeren Straße kamen. Leo erinnerte sich dass sie Autos gesehen hatte und Menschen. Doch hier war keine Menschenseele. Es war ungewöhnlich ruhig. Nur in der Ferne konnte man die Schüsse von den anderen hören. Die Läden waren verlassen, das Café war leer und umgekippte Stühle lagen auf der Straße. Die Szene erinnerte sie etwas an eine Sage. Leute verschwanden ohne Spur aus der Stadt. Das einzige was man fand war ein Wort, eingeritzt in einen Baumstamm. „Croatoan."
„Seltsam." Murmelte Julia.
„Lasst uns weiter gehen." Knurrte Daryl und hinkte voran. Leo wunderte sich wie gut er den Sturz durch die Windschutzscheibe überwunden hatte. Die einzige Lösung die ihr dazu einfiel war, dass sie schon vorher zerbrochen sein musste, beim Aufprall. Zielstrebig bewegten sie sich im Laufschritt auf die Klinik zu. Dort angekommen blieb Leo ruckartig sehen. Mit der Hand versuchte sie einen Schrei zu unterducken, es gelang ihr aber nicht.

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