Kapitel 56 - Doktor Leonie

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Die Luft schmeckte schwer nach Blei. Ein unangenehmer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus. Zitternd nahm Leo die Hand vom Mund nur um sich an die Stirn zu fassen. 'Was ist hier nur passiert?' war ihr erster Gedanke. Ehrfürchtig atmete sie aus, wobei ihre Lippen etwas zitterten.

„Was zur Hölle..." keuchte Daryl und fasste sich an die Seite.

Ihre geweiteten Augen blickten über hunderte, abgeschlachtete Menschen. Die Leichen lagen aufgestapelt am Asphalt. Das Blut von ihnen tränkten den Boden mit Blut. Dazwischen erspähte sie Patronenhülsen. Einige von den Leichen, waren brutal abgeschlachtet worden. Hier und da lagen Gliedmaßen in der Gegend. Ein abgetrennter Arm hing am Zaun. Als würde das Grauen ihr zu winken.

Zwischen den vielen Leichen bewegte sich immer wieder etwas. Leo beschlich ein furchtbarer Verdacht, der sich kurz darauf als Wahr erwies. Einige kehrten schon als Beißer zurück und krochen zu den noch nicht verwandelten um sie zu fressen. Das würde die Sache um einiges schwerer machen.

„Wir sind zu spät." hauchte Julia mit bröckelnder Stimme.

„Noch ist nicht aller tage Abend." sprach Leo und schritt voran.

„Du willst da durch?" fragte Joey erregt. Elegant drehte sie sich wieder um und nickte. „Wer weiß was dort drinnen noch auf uns wartet." erklärte sie und ging weiter. Sie steuerte den Rand an, wo sich nicht so viele Leichen häuften und quetschte sich am Zaun entlang. Prüfend sah sie zu den anderen. Julia war ihr am nächsten, dann Joey und Daryl bildete das Schlusslicht. Besorgt runzelte sie die Stirn. Der Jäger sah nicht gut aus. Sein Gesicht war blass und Schweiß stand auf seiner Stirn. Seine Augen sahen leer und eingefallen aus. Was wenn der Aufprall doch mehr Schaden hinterlassen hatte, als er zeigen wollte. Diese Musterung lenkte sie so ab, dass ihr nicht auf fiel dass vor ihr ein Beißer lag. Gut getarnt zwischen den Toten lauerte er und griff nach ihrem Bein.

Laut fluchend und einem Herzinfarkt nahe, kippte sie um und fiel auf den Leichenhaufen. Angeekelt windete sie sich auf ihrer Matte, gesponnen aus leid und versuchte an ihr Messer zu gelangen. Julia war schneller und jagte dem Beißer ein Messer in den Schädel.

Ein paar Sekunden blieb Leo liegen und seufzte schwer. Dieses Szenario war ihr einfach zu wieder. Ihre Freundin reichte ihr die helfende Hand und zog sie hoch. Dankend nickte sie ihr zu und stapfte weiter durch den Eingeweideshake. Immer wieder blickte sie in die Gesichter der gefallenen. In ihnen stand das blanke Entsetzten und Leid geschrieben. Unwohl schüttelte sich Leo und ging schnell weiter.

Die Erleichterung war groß als sie endlich das makabere Massengrab hinter sich lassen konnte. Eilig gingen sie zur Eingangstür. Leo fiel absichtlich etwas zurück um auf Daryl zu warten. Seine Bewegungen sahen schleppend und träge aus. Große Sorge umspielte ihr Herz.

„Ist alles Okay?" flüsterte sie. Daryl stieß nur ein Knurren aus, ohne sie auch nur an zu sehen.

„Sturkopf." zischte sie.

Julia und Joey hatten in der Zwischenzeit die Tür gesichert und gaben grünes Licht. Zusammen mit Julia betrat sie das Gebäude. Auf den Gängen war niemand zu sehen. Sie teilten sich auf, Leo ging mit Daryl nach oben, die anderen zwei suchten das Erdgeschoß ab. Konzentriert sprintete sie die Treppen hoch, ihre Pistole griffbereit. Nun trennte sie nur noch eine Türe den Gang, der für wenige Tage ihr gezwungenes „Zu Hause" war. Sichergehend, dass Daryl hinter ihr war, sah sie zurück. Doch dieser kämpfte gerade mit den letzten Stufen.

„Vielleicht solltest du lieber hier Wache halten." meinte sie und sah ihn besorgt an.

„Geht schon." grummelte er. Mit den Augen rollend öffnete sie die Tür und spähte in den Gang. Es schien ruhig zu sein, jedoch zeichneten verräterische Blutspuren die Wand. Ihr Instinkt schrillte auf. Hier warteten Beißer auf sie, das fühlte sie. Entschlossen öffnete sie die Türe komplett und trat, mit der entsicherten Waffe hindurch. Vorsichtig tastete sich im Gang voran und sah auch immer wieder zurück zu ihrem Begleiter. Im Licht sah er noch schlimmer aus. Nervös presste sie die Lippen aufeinander. Daryl sollte nicht hier sein, er musste sich ausruhen. Doch hier war der Falsche Ort und er war einfach zu stur. Leo rang mit sich selbst. Egal was sie tun würde, er hätte eh was daran auszusetzen, doch sie konnte doch nicht einfach zusehen wie er zu Grunde ging! Es war zum Mäusemelken! Unschlüssig blieb sie stehen und sah in alle Richtungen.

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