3 - Maia

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"Prinz Lorsan!" Er zuckte nicht, da er die Urheberin der Stimme nicht nur kannte, sondern auch schon von Weitem gehört hatte. Sie hatte zwar einen anderen Weg in das Behandlungszimmer genommen, trotzdem war sie schneller angekommen, als er erwartete hatte.
"Denk doch nicht immer das Schlimmste, Maia. Ich untersuche sie nur." Er nahm die Hände von ihrem Bein und richtete sich auf. "Hast du alles dabei?"
"Natürlich. Immer doch." Die rothaarige, kleine Frau kam auf ihn zu und trat an die andere Seite des Krankenbettes. "Armes Ding.", murmelte sie und zupfte ein paar Haare aus ihrem Gesicht. "Du hast sie am Fluss an der Westgrenze gefunden?"
"Ja. Zusammen mit dem Menschenhändler vom Ostmarkt. Es war wohl purer Zufall, dass er genau da eine Pause gemacht hat." Lorsan trat einen Schritt zurück. "Sie hat keine sichtbaren Verletzungen, dafür sind aber der rechte Arm und das rechte Bein gebrochen. Unterarm und Oberschenkel. Ich brauche alles, um die Verletzungen zu schienen. Noch ist sie ohnmächtig, aber kurzzeitig kommt sie wieder zu sich. Also brauche ich noch Schmerzmittel. Aber zuvor reinigst du bitte die Punkte, die ich verbinden muss und besorgst ihr Kleidung. Ihre ist nicht mehr zu gebrauchen."

"Verstanden mein Prinz." Die Frau lachte als sie das sagte, dann eilte sie sofort wieder aus dem Raum, nicht ohne einen Korb mit Material auf dem Nachttisch neben dem Bett zu platzieren.
Der Prinz lächelte zu sich, ungesehen von den Angestellten und der königlichen Familie. Sollten sie ihn nur weiter meiden. So konnte er zumindest seine wenigen Patienten in Ruhe behandeln.

Damit nahm er das Verbandmaterial aus dem Korb und trug es zum umgebauten Kamin, wo schon ein großer Kessel mit Wasser abgedeckt auf ihn wartete. Das Feuer darunter musste er nur noch schüren, damit es kochte und er die Binden auskochen konnte.

Aus dem einzigen Schrank holte er noch zwei kleiner Töpfe, schöpfte einen Teil des Wassers hinein und stellte sie ebenfalls zum Feuer. Auch dieses Wasser ließ er kochen, bis Maia zurückkehrte. In den Händen mehrere Eimer und Tücher.

"Soll ich dir etwas abnehmen?" Er fragte aus Höflichkeit, befreite die Frau aber schon ohne Antwort von einem Teil ihrer Last.
"Danke." Sie stellte die noch leeren Eimer ab und drückte ihm den Rest der Tücher in die Hand. "Bringt sie schonmal zum Bett. Ich hole schnell-"
Er ließ sie nicht aussprechen und gab ihr die Tücher zurück. "Ich hole das Wasser. Ich kenne dich gut genug, also kannst du sie von ihrer Kleidung befreien."

Die rothaarige schüttelte lachend den Kopf. "Na schön. Ich soll mir auch gleich überlegen, was sie arbeiten kann?"
"Das kannst du am besten." Damit verließ der Prinz den Behandlungsraum und den Palast durch den Nebengang. Im Hof, nah der Palastmauer stellte er die Eimer unter die Pumpe und holte es aus der Erde. Das Geräusch wie die Bewegung beruhigten ihn.

Wiederkehrende Bewegungen, die dazu dienten, jemandem zu helfen. Darum hatte er sich schon als Kind oft unter die Angestellten gemischt. Als er älter wurde, hatte er die Heilkunst für sich entdeckt. Bücher über Bücher der königlichen Bibliothek hatte er verschlungen und Maia - damals noch neu im Palast - hatte ihn in den Grundlagen unterrichtet.
In wenigen Jahren wurde er besser. Half er am Anfang noch verletzten Vögeln, Katzen und Hunden, stahl er sich auch bald in die Ställe und unterstützte die Angestellten dort. Viel weniger Tiere, die sich bei wilden Ritten verletzt hatten, mussten getötet werden.

Und irgendwann hatte er angefangen auch Menschen zu behandeln. Erst nur Maia, später ritt er in die Stadt. In den Vierteln, die die Ärmsten beherbergten begann er. Ohne Gegenleistung zu erwarten, behandelte er die Kranken und Verletzten. Zwar war dabei nicht mehr jeder zu retten, doch Lorsan tat alles, was ihm möglich war - und die Menschen dankten ihm für seine Hilfe...

Als der zweite Eimer gefüllt war nahm der Prinz die Behälter wieder auf und trug sie zurück in den Behandlungsraum, wo Maia gerade die zerschlissene Kleidung der Patientin den Flammen übergab.
"Nichts mehr zu machen.", murmelte sie und beobachtete, wie die Flammen den Stoff verschlangen, dann drehte sie sich zur Tür. "Das Wasser kocht." Sie nahm ihm die Eimer ab. "Ich sage dir, wenn ich fertig bin."

"Und ich dir." Er gab das Wasser bereitwillig ab und trat zum Feuer, wo er sich weiter um den Kessel und die Töpfe kümmerte.

Der verlorene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt