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"Hah..." Das entspannte Seufzen konnte Anavi nicht unterdrücken als sie in das angenehm warme Wasser der Wanne stieg. Es kam aus einer Pumpe, die mit einer heißen Quelle unter dem Palast verbunden war. Nicht viele Räume waren daran angeschlossen, weshalb sie auch über diesen Luxus nichts gegenüber der anderen Angestellten berichten sollte, erklärte Maia und hielt ihr einen Schwamm hin. Helles braun mit kleinen Löchern. "Möchtest du dich selbst waschen?"

"Schon. Du hast doch sicher noch zu tun?" Anavi nahm das Utensil und tauchte es ins Wasser. "Ich möchte dich nicht aufhalten."
"Schon gut.", winkte die ältere ab und holte einen kleinen Krug, den sie entkorkte und den flüssigen Inhalt auf ihre Hand laufen ließ. Ohne zu fragen begann sie, das Mittel in Anavis Haar zu massieren. "Im Moment ist alles erledigt und ich habe den Rest des Tages frei. Da helfe ich gerne."

"Dabei ist es noch Morgen..." Maia lachte darauf, die jüngere wollte ihr jedoch nicht widersprechen und begann sich vorsichtig mit dem weichen Schwamm zu waschen. Eine Seife, die Maia schon zuvor mit in die Wanne gegossen hatte begann schnell zu schäumen und ihren Körper zu reinigen.
"Eine Frage, Maia. Von welchem schlechten Ruf hast du gesprochen? Ist Lorsan... gefährlich?", murmelte Anavi nach einer Weile, als der Schaum sich schon wieder legte. Sie wollte es eigentlich nicht glauben und noch weniger glaubte sie, dass Maia ihr dabei tatsächlich die Wahrheit erzählen würde. Dabei erinnerte sie sich gerne an die sanften Berührungen, von denen sie geträumt hatte. Lange bevor sie das erste Mal aufgewacht war und den Heiler gesehen hatte.
Waren ihre Träume und ihre Ohnmacht zuvor noch dunkle Wälder, durch die sie gejagt wurde, wurde ihr in seiner Nähe seltsam warm. Wie ein Feuer, dass die Monster des Waldes abwehrte.

"Lorsan ist nicht gern unter Menschen. Er lässt Gerüchte streuen, dass er ein Dämon aus Berg ist und das Blut von Kindern trinkt.", antwortete Maia ruhig, nebensächlich. Anavi hingegen ließ überrascht den Schwamm fallen, der sofort unter der weißen Schicht verschwand.
"Dämon?"
Maia lachte. "Ja. So erklären sich viele auch seine Ausflüge in die Stadt, besonders die Armenviertel. Manche bringen ihn auch mit den Menschenhändlern in Verbindung, weil auch durch sie Leute verschwinden. Dabei ist es viel harmloser."
"Er... trinkt kein Kinderblut..."
"Natürlich nicht. Er geht in die Armenviertel und behandelt dort Kranke und Verletzte. Manchmal verschafft er ihnen Arbeit oder bringt Vorräte aus dem Palast mit. Und die Menschenhändler jagt er. Er verfolgt ihre Spuren, hebt ihre Verstecke aus und verfolgt die flüchtenden." Maia seufzte. "Er ist so freundlich und hilfsbereit, aber die meisten meiden ihn auch, obwohl sie die Wahrheit kennen. Der König und Prinz Respen sind das beste Beispiel dafür."

Anavi nickte und ließ Maia weitermachen. "Darum arbeiten auch nur wir beide hier? Weil alle anderen Angst vor ihm haben?"
"Genau." Maia spülte die Seife aus dem Haar, indem sie klares Wasser aus einem Eimer darüber laufen ließ. "Und weil Lorsan strenge Anforderungen hat. Beim Tee erzähle ich dir mehr darüber."
"In Ordnung." Der Heiler war bis jetzt freundlich zu ihr, hatte einer Fremden geholfen und ihr sogar Arbeit gegeben. Kurz schloss sie die Augen und ließ die Erinnerung an seine Berührungen noch einmal aufkommen. "Wie lange arbeitest du denn schon hier?"
"Im Palast seit etwa zwanzig Jahren. Für Lorsan etwas über zehn Jahre. Und jetzt raus aus der Wanne und abtrocknen. Ich muss sehen, ob die Kleidung passt, die ich ausgesucht habe. Deine restlichen Fragen kannst du mir später beim Tee stellen. Aber davor lernst du noch ein paar meiner Freunde beim Mittagessen kennen."

Der verlorene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt