12. Das verflixte Klo

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Das Wochenende ging schnell um. Zu schnell.

Und ehe ich mich versah, war schon wieder Mittwoch. Shy ging mir aus dem Weg und ich tat es ebenfalls.

Vielleicht hatte ich tief in mir drinnen einfach eingesehen, dass meine Geduld bei diesem Mädchen an seine Grenzen stieß.

„Sie ist schon irgendwie süß", hatte Jasper gestern zu mir gesagt, während er Jenny Ashton hinterher gestarrt hatte.

„Wer? Jenny?", hatte ich grinsend gefragt. Daraufhin hatte er mir seinem spitzen Ellenbogen in die Seite gestoßen.

„Shy natürlich. Wobei ich dir bei Jenny nicht Unrecht geben würde..."

„Aha. Na wenn du meinst", hatte ich nur geantwortet und über den Schulhof geschaut.

Ich war einfach nur noch verwirrt. Die ganzen letzten Tage drehten sich meine Gedanken nur noch um ein Thema: hasste Shy mich oder mochte sie mich?

Ihre ruppige Art machte es mir echt nicht einfach.

„Leke!", wurde ich von einer sanften, aber bestimmten Stimme aus den Gedanken gerissen. Ich konnte mir Dr. Forks gerunzelte Stirn bildlich vorstellen.

Ich wusste, dass die anderen mich anstarrten.

„Willst du nicht auch etwas zu dieser Runde beitragen? Du sagst sonst nie etwas."

Ich tat so, als würde ich überlegen, und runzelte die Stirn.

„Ich glaube nicht, Misses Forks", ich schüttelte zur Bekräftigung meiner Worte den Kopf.

„Dann eben anders. Wir sprachen über Vertrauen. Hast du jemanden, dem du vertrauen kannst?", Brooks Mutter ließ nicht locker.

Peter, der Alkoholiker neben mir, ließ seinen gläsernen Blick über mich schweifen. Das bemerkte ich, da er sich demonstrativ mir zu wand und dabei sein Stuhl empört ächzte.

„Natürlich!", antwortete ich schnell in die Leere des Raumes.

Miss Forks lächelte mir auffordernd zu.

„Ich würde meinen Freunden mein Leben anvertrauen. Ohne sie wäre ich nichts ...", verlegen stockte ich.

Waren das nicht erst einmal genug Informationen aus meinem Leben? Eigentlich ging diesen verrückten Haufen hier rein GAR nichts davon an.

„Das ist schön!", diese Frau verstand sich darauf, anderen etwas vorzumachen. Natürlich sah ich das verborgene Stirnrunzeln, dass meinen Worten folgte, nicht.

Wenn sie sich wunderte, warum ich meinen Vater nicht genannt hatte, sollte sie gefälligst ihren Kopf nicht in andere Angelegenheiten stecken.

Es war ganz einfach, ich vertraute meinem Vater nicht mehr. Nicht so wie früher.

„Kann ich mal aufs Klo?", fragte ich mit leiser Stimme in die Runde. Ich musste hier raus. Diese miese Stimmung erdrückte mich fast.

„Natürlich! Du weißt ja, wo sie ist, oder soll jemand dich hinbringen?", Dr. Forks Stimme hatte wieder ihren neutralen Ton angenommen.

Es zeugte nichts davon, dass sie wegen meiner Worte beunruhigt gewesen wäre.

„Nein, ich finde sie schon!", versicherte ich ihr schnell und war auch schon aufgestanden.

Das fehlte mir auch noch, dass mich jemand FREMDES an die Hand nahm und herumführen wollte!

Nachdem ich die Tür leise hinter mir geschlossen hatte nahm ich einen tiefen Atemzug.

Wo war noch einmal dieses verflixte Klo gewesen?

Das letzte mal war ich vor gut fünf Jahren hier auf Toilette gewesen. Zögerlich ging ich den Gang geradeaus, während ich meine Microcips mit einer schnellen Bewegung anschaltete.

Kurz vor der Wand am Ende des Ganges blieb ich stehen.

Links lag die Treppe, rechts zwei weitere Türen. Ich meinte mich daran zu erinnern, dass die erste das Klo war.

Ich lag richtig.

Nachdem ich mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte trat ich entschlossen wieder aus der Tür.

Die letzte viertel Stunde würde ich jetzt auch noch überleben!

Auf einmal hörte ich Füße, die die Treppe hinunter gestürmt kamen.

Hilflos blieb ich an Ort und Stelle, während ich fieberhaft überlegte.

Sollte ich einfach wieder zurück auf die Toilette gehen und abwarten? Oder es riskieren gesehen zu werden, indem ich zurück zu der Selbsthilfegruppe ging?

„LEKE???"

Shit.

„Was MACHST du hier?", Shy zog überrascht eine Augenbraue hoch. Als sie mich erblickt hatte, war sie abrupt innegehalten und lehnte nun halb über dem Geländer.

Ich beschloss in die Offensive zu gehen und verschränkte die Arme vor der Brust: „Ich könnte dich das gleiche fragen!"

Hörte ich richtig? Lachte sie etwa gerade erheitert auf?

„ICH besuche Brook. Und was machst du?"

Ich stellte sie mir vor, wie sie ein kurzes T-shirt trug, dass knapp über ihren Bauchnabel reichte. Ihre braunen, leicht lockigen Haare, die sich bis knapp unter die Brust ergossen.

Ich wollte nicht mit einem Geist reden.

„Ähm ... ich will zu Brook", stammelte ich ein wenig hilflos.

Ihre Augenbrauen wanderten noch ein Stückchen weiter nach oben, als sie mich prüfend musterte.

Es gefiel mir nicht, dass sie über mir stand und ich meinen Kopf heben musste, um den Anschein zu erwecken, sie anzuschauen. Selbst, wenn ich in Wirklichkeit nur schwarz sah.

„Wer will zu mir?"

Überrascht zuckte ich zusammen, als auf einmal Brooks Stimme hinter mir ertönte.

Wie ein Panther hatte sie sich von hinten an mich herangeschlichen und lehnte sich nun mit verschränkten Armen in den Türrahmen der Küche.

Ich versuchte, meine Verärgerung nicht zu zeigen. Wusste sie denn nicht, dass ich so etwas hasste?

„Leke", antwortete Shy mit anzüglicher Stimme für mich.

„Also?", Brook  Stimme hatte einen leicht verwirrten Unterton angenommen, „Was willst du von mir?"

Verzweifelt blickte ich zwischen den beiden hin und her. Was würde ich denken, wenn auf einmal ein Junge IN meiner Wohnung stände?

Das etwas nicht mit rechten Dingen zu ging.

Ich musste mir eine passable Antwort einfallen lassen. Und zwar schnell.


~~~Bild oben: Shy~~~


The blind BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt