Lekes Sicht:
Leise atmete ich aus, während ich mit zittrigen Fingern über den samtigen Anzug strich.
„Wie sehe ich aus?", ich konnte mir die Frage einfach nicht verkneifen. Ich drehte und wendete mich vor Jaspers Spiegel, doch mich starrte nur der altbekannte Schemen an, schwarz und unförmig. Jasper neben mir zerrte an seiner Krawatte.
„Gut, Leke. Nein wirklich, sehr gut. Wie ein echter Gentleman!", meinte er lächelnd und voller Ernst in der Stimme. Ich nickte leicht und fing dann an zu grinsen.
„Ich glaube, wir sollten mal deine Mutter fragen, ob sie uns hilft...?!", deutete ich seine hilflosen Versuche an, einen gescheiten Knoten hinzubekommen.
„Hmm, ja, vielleicht sollten wir das wirklich, wenn wir heute Abend noch irgendwo hinkommen wollen", er lachte auf und fing dann an zu schreien.
„Muuuuuuuum!"
„Mit der Sonnenbrille wirkst du fast wie ein richtiger Bodyguard!", fügte Jas mit grinsender Mine hinzu und knuffte mich in die Seite, woraufhin ich ihn entrüstet anschnaubte.
„Und du siehst aus wie ein Idiot im Anzug", erwiderte ich ganz automatisch, während ich die Tür aufschwingen hörte.
„Oh Jungs, ihr seht ja umwerfend aus", wurde unser kleiner Streit von Misses Maion unterbrochen. Ich spürte ihren bewundernden Blick auf uns.
„Mum, wir brauchen Hilfe bei der Krawatte", bemerkte mein bester Freund mit verzweifelt klingender Stimme und hielt seiner Mutter die Stoffstreifen entgegen.
„Aber natürlich", blitzschnell stand Misses Maion auf einmal vor mir und werkelte an meinem Kragen herum. „Meine kleinen Jungen werden erwachsen", murmelte sie eher zu sich als zu uns und seufzte übertrieben auf.
Ich spürte, wie ich leicht rot im Gesicht wurde und blickte zu Boden.
„So, dass hätten wir", ich spürte, wie sie mir mit den Fingern ganz leicht über die Wangen strich, bevor sie sich Jasper zuwendete.
„Ich hoffe, ihr beide habt einen unvergesslichen Abend. Ich weiß noch, als dein Vater und ich zum ersten Mal..."
„Mum? Ist gut, okay?", bemerkte Jasper ein wenig unhöflich, doch kurz darauf bedankte er sich lächelnd für ihre Hilfe. „Wir sind schon aufgeregt genug."
„Oh, ja, das verstehe ich. Soll ich euch fahren?", hakte sie mit sanfter Stimme nach und musterte uns erneut mit mütterlicher Liebe.
Jasper Mutter hatte seit dem Tod meiner Mum ihre Rolle eingenommen; so gut es ging. Natürlich war es nicht das Gleiche, aber die beiden waren beste Freundinnen gewesen. Sie kannte mich schon, seit ich ein Baby war und so fühlte es sich auch an.
„Wir fahren selber", meinte Jasper, während er sich erneut im Spiegel betrachtete. Auch er war aufgeregt, dass merkte ich an seiner hohen Stimme. „Ich habe den Jungs versprochen, sie abzuholen."
„Oh, na gut. Dann kann ich euch nur noch viel Spaß wünschen!", sie drückte Jasper einen Kuss auf die Stirn und bevor er protestieren konnte, war sie auch schon wieder aus dem Raum verschwunden.
„Danke", murmelte ich und nestelte mit den Fingern an der gerade gebundenen Krawatte herum.
„Hmm?"
„Doch nicht du, du Trottel", ich schüttelte den Kopf über solch eine Dummheit und fuhr mit erneut durch die Haare. Zumindest wollte ich. Doch Jaspers Hand stoppte mich Millimeter vor meinen Haaren.
„Nicht!", fast schrie er, „du zerstörst noch die Frisur!"
Ich stöhnte auf. Wie hatte ich mich bloß darauf einlassen können? Einen Tanz, hatten sie gesagt. Du musst nur einen Tanz, den zur Eröffnung, mit ihr tanzen. Dabei hatte nie zur Debatte gestanden, ob ich es wirklich wollte.
Meine Freunde hatten kurzerhand für mich entschieden, als Shy zögerlich genickt hatte. Ja, hatten sie gesagt, perfekt, dann geht ihr beide eben. Sie dachten, sie täten das Richtige und waren auch immer noch davon überzeugt, als wir bereits in Jasper roten Minivan saßen und zusammen zur Schule fuhren.
Doch mit jedem Meter, dem wir uns ihr näherten, dem wir uns Shy näherten und dem Ort, an dem ich mit ihr tanzen musste, wurde ich ungeduldiger und nervöser.
„Ich kann das nicht!", ich wusste, dass meine Stimme jämmerlich klang, aber ich konnte nichts dagegen machen. Denn es war die Wahrheit.
Meine Gedanken brachten mich fast um, denn andauernd konnte ich nur daran denken, wie schrecklich ich tanzen würde und wie sehr ich Shy diesen Abend damit vermiesen würde.
„Sei nicht albern", meinte Zack zuversichtlich, „als wir zusammen geübt haben hat doch alles super geklappt!"
„Ja, aber das war etwas anderes...", ich biss mir auf die Lippen. Etwas ganz anderes.
„Komm schon Leke, einen Abend ein bisschen Spaß haben! Wer weiß, wie lange wir das noch können, bis Jack seine Anzeige aufgibt?", Jaspers Stimme klang konzentriert, wie immer, wenn er fuhr.
Dennoch bemerkte ich den schalkhaften Unterton in seiner Stimme. Auf einmal reichte er eine Flasche nach hinten. Ich spürte, wie Pacey sie annahm.
„Um uns ein wenig locker zu machen", meinte mein bester Kumpel grinsend und bog bereits im nächsten Moment auf das Schulgelände ab. Ohne lange nachzudenken trank ich, mit dem Gedanken, dass es mir helfen würde. Zumindest hatte ich im Moment keine bessere Lösung.
Der Wagen stoppte und der Motor ging aus. „Wir sind da Jungs!", meinte Jasper unnötigerweise. „Habt ihr alle eure Blumen?"
Der Griff um den Strauß in meiner Hand wurde noch fester, als er ihn erwähnte. Ich versuchte ruhig ein und aus zu atmen.
„Rot", murmelte ich auf einmal, es kam einfach aus meinem Mund.
„Was?", verwirrt drehte sich Pacey zu mir um.
„Ihr Kleid ist rot. Das hat Brook gesagt."
„Ja, ich weiß, was du meinst. Wir helfen dir schon. Das weißt du doch, Leke!"
Ich nickte. Ja, das wusste ich. Was Shy anging, ihre Gefühle und Emotionen, wusste ich es nicht.
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The blind Badboy
Teen FictionJeder spielt als Kind verstecken in der Dunkelheit. Jeder schließt die Augen und stellt sich vor, was wäre wenn. Doch niemand tut es für immer. Leke schon. ~Ein braunhaariger Tollpatsch, blind und ziemlich durchgeknallt, steigt ein in das Rennen um...