43. Nicht Nichts

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Shys Sicht:

Ich presste wütend die Lippen zusammen und konzentrierte mich weiterhin mehr auf den Weg vor mir, als auf Brook hinter mir.

„Komm schon!", rief sie und versuchte Schritt zu halten. Als ich ganz knapp einem Mülleimer auswich, knallte sie überrascht gegen ihn.

„Autsch", stieß sie heulend aus und hüpfte auf einem Bein auf und ab.

Ich verdrehte die Augen, während ich mich mit verschränkten Armen zu ihr umdrehte.

„Shy, es tut mir leid, okay?", wiederholte Brook nun bestimmt schon zum fünften mal, doch es wurde nicht besser.

Ich schüttelte verärgert den Kopf. „Dieses mal bist du zu weit gegangen!", wiederholte ich Lekes Worte, die er mit der gleichen Miene zu Jasper gesagt hatte.

Es fühlte sich komisch an, über so eine bescheuerte Sache mit diesem Idioten verbunden zu sein.

Meine Gedanken kreisten unaufhörlich um diese verrückten Stunden und Minuten, die ich mit ihm in dem dunklen Raum verbracht hatte. Verrückt, ja, das war das richtige Wort.

„Aber ich wollte doch nur, dass ihr euch wieder vertragt!", ihre Stimme klang einerseits entschuldigend und andererseits weinerlich.

Ich wusste nur nicht so ganz, ob das die Nachwirkungen von dem Mülleimer waren oder echtes Bedauern.

„Hat ja super geklappt", murmelte ich bitter und drehte mich wieder nach vorne. Wenn wir eines in all der Zeit nicht geschafft hatten, dann war es uns vertragen.

Nein. Es war etwas anderes.

Obwohl ich die Beleidigte hatte spielen wollen, und ich wollte wirklich nicht mehr mit Leke reden (!), sorgte er mit seinen Aktionen doch immer wieder dafür, dass ich im Stillen nachgab.

„Aber wie ist die Sache denn ausgegangen? Du hast mir noch gar nicht erzählt, wie ihr aus dem Raum herausgekommen seid!", meinte Brook und begann erneut, hinter mir her zu joggen; trotz ihres schmerzenden Fußes.

Ohne es zu wollen schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen, als ich meinte: „Wir haben die Tür eingerammt."

Ich zuckte ungerührt mit den Schultern, als wäre es Nichts gewesen.

„Was?", entfuhr es Brook schockiert und als ich ihr einen Seitenblick zuwarf hatte sie die Augen weit aufgerissen.

Ich nickte, ganz langsam. Auch, wenn ich ganz genau wusste, dass es nicht Nichts gewesen war.

„Und jetzt?", hakte meine beste Freunden einfach weiter nach und es schien wirklich, als würde sie an meinen Lippen kleben.

„Nichts jetzt", fauchte ich sie an und meine Frustration frischte erneut auf. Was dafür sorgte, dass ich meine Schritte noch mehr beschleunigte.

„Shy, ich mache es nicht wieder, okay?", rief sie erneut und versuchte zu mir aufzuschließen. „Aber bitte, BITTE, renn' nicht so!"

Ich blickte auf meine Füße, als könnten sie mir meine Frage beantworten. Und tatsächlich, ohne es zu bemerken, flogen sie über den Asphalt und nur mit großer Mühe konnte ich sie stoppen.

„Nie wieder!", drohte ich mit ernster Miene und zog die Augenbrauen hoch. Brook nickte mir zu und ein erleichtertes Grinsen huschte über ihr Gesicht.

„Du bist echt nicht einfach, weißt du das?", rief sie lachend und umarmte mich.

„Ich weiß", murmelte ich in ihre Haare und sog den Duft nach frischen Erdbeeren in mich ein.

Und nach einer Weile stimmte ich in ihr Lachen ein, laut und herzhaft, weil wir über mich lachten. Zusammen.

                                                                           ***

„In den Ferien einen bescheuerten Tanzkurs besuchen? Wer hat sich das denn ausgedacht?", motzte ich unzufrieden ins Telefon, während ich mit der anderen Hand meine Sachen zusammen packte.

„Erstens ist er nicht bescheuert und zweitens muss das so, da direkt am ersten Wochenende nach den Ferien der große Abschlussball ist!", verteidigte Brook die Vorstellungen unserer Tanzlehrerin mit ernster Stimme.

Ich stöhnte leise auf, doch sie hörte es trotzdem.

„Danach könnten wir theoretisch auf eine Gala gehen oder so....", meinte sie mit begeisterter Stimme so laut, dass ich das Handy mit gerunzelter Miene einen Meter von mir entfernt ausstreckte.

Sie sagte es: oder so. 

„Eine Gala?" wiederholte ich zweifelnd ihre Worte und stellte mir vor, wie wir umgeben von reichen Leuten in einem langen Abendkleid Wiener Walzer tanzten.

Wir würden uns nur zum Affen machen.

„Ja genau!", sie tat so, als hätte ich ihr voller Freude zugestimmt und plapperte einfach weiter.

„Ich freue mich schon so auf den Abend! Dein Kleid sieht einfach klasse aus!", schwärmte sie mit zuckersüßer Stimme.

„Ja, ich freue mich auch", murmelte ich und dachte dabei an mein kurzes, rotes Cocktailkleid, dass wir zusammen in der nächsten größeren Stadt gekauft hatten.

„Das unterstreicht einfach perfekt deine Augen!", wiederholte Brook ihren Spruch von vorgestern, als wir es gekauft hatten.

Zusammen mit ihrem dunkelblauen Kleid, dass am Ausschnitt mit glitzernden Pajetten bestickt war.

„Diesen Abend werden wir nie vergessen", meinte Brook mit verträumter Stimme.

Ich packte die schwarzen High Heels ein. Wir sollten sie schon einmal mitnehmen, um zu üben, mit ihnen zu tanzen. Ich konnte mir das alles nur schwer vorstellen.

„Bestimmt nicht", meinte ich und fühlte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Doch ich hatte keine Ahnung, woher es rührte.

Ich dachte an Jack. Wie er mich mit seinem bezaubernden Lächeln gefragt hatte, ob ich mit ihm zum Ball gehen würde. Wie er sich dabei durch seine blonden Haare gefahren war, das einzige Anzeichen seiner Nervosität.

Und ich dachte an Leke. An seine Reaktion, als ich Jacks Namen genannt hatte.

Aber der Typ hat nichts anderes im Kopf als einfach an Mädchen ran zu kommen!, hatte er entrüstet gesagt. Doch ich glaubte ihm nicht, wollte ihm nicht glauben.

Jack war nett.

Er hatte mir schon öfters ein Kompliment gemacht und sich immer höflich entschuldigt, wenn er mir beim tanzen das ein oder andere mal auf den Fuß getreten war.

„Okay, bis gleich, Shy!", rief Brook zum Abschied und brachte meine Gedanken damit nun gänzlich durcheinander. Dann war nur noch das lästige Piepen zu hören.

Seufzend schmiss ich mein Handy aufs Bett. Hoffentlich hatte Brook recht, ausnahmsweise. Hoffentlich würde der Abend nicht eine totale Katastrophe werden.

Denn ich brauchte eindeutig mal wieder so richtig schönen Momente in meinem Leben. Einen, den ich nie vergessen würde.


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Euch allen noch ein erholsames Wochenende!

PS: Wie seht ihr die Situation zwischen Leke und Shy? Bahnt sich da etwa schon der nächste Rosenkrieg an, oder wird es besser?

LG Jackaroo23 <3

The blind BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt