38. Eine Schei*e namens Leke

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Shys Sicht:

„Jasper, das ist nicht lustig!", meinte ich mit lauter Stimme und befühlte mit meinen Fingern die Tür. Panik machte sich in mir breit, wie ein Gift, dass mir den Verstand zu rauben drohte.

Als ich die Türklinke fand und sie mit zittrigen Händen herunter drückte, gab die Tür kein Stück nach.

„Was ist das hier, hmm? Was wird hier gespielt, verdammt?!", ich brüllte. Brüllte mit meinem Kopf an das kalte Holz gepresst, um Jasper zu erreichen.

Hatte er mich hier eingeschlossen? Oder jemand anderes? Und was sollte das bezwecken?

Die Tatsache, dass der Raum stockduster war, machte die Sache nicht besser.

„Jasper! Mach jetzt sofort die Tür auf, oder du wirst mich für den Rest deines Lebens als Feind haben!", erst spürte ich es gar nicht, doch anscheinend schlug ich mit geballten Fäusten gegen das Holz.

Langsam wurde meine Haut taub und ich schrie auch nicht mehr. Ich hatte verstanden, dass es nichts nützte.

Ganz langsam sank ich mit dem Rücken an der Tür herunter. Ich fühlte mich hundeelend. Wenn er wüsste, welche schrecklichen Geister er damit in mir hervorgerufen hatte. Albträume, die ich hatte vergessen wollen.

„Es tut mir Leid, Shy!", hörte ich auf einmal Jasper auf der anderen Seite murmeln und augenblicklich sprang ich wieder auf.

„Lass mich hier raus! Jasper!"

Ich bekam keine Antwort mehr. Aber ich hatte auch keine Kraft mehr, um erneut gegen die Tür zu hämmern. Stattdessen ließ ich mich erneut zu Boden sinken.

Ich war kurz davor zu heulen, aber das wollte ich mir nicht geben. Shy Jayde weinte nicht. Das war unter ihrer Würde.

Deswegen schwieg ich. Aber diese Dunkelheit, sie machte mir so zu schaffen. Ich spürte, dass ich zitterte. Spürte das Vibrieren des Bodens unter meinen Händen.

Solange, bis sich auf einmal etwas in der Dunkelheit regte und ich erschrocken aufkeuchte.

„Ist scheiße hier, was?"

Wenn die Tür nicht direkt hinter meinen Rücken gewesen wäre, wäre ich noch weiter zurück gekrabbelt. Aber so presste ich ihn dicht an das alte Holz, um wenigstens etwas Rückgrat zu haben.

Die Stimme kam mir bekannt vor, mehr noch, mir war sofort klar, wer mich angesprochen hatte.

„Hätt' ich mir ja denken können", murmelte ich in die Dunkelheit und versuchte gleichzeitig, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu kriegen. Meine Finger waren schweißnass und meine Haut schien zu glühen.

Ich gab ein abfälliges Schnaufen von mir.

„Was?", Lekes Stimme klang rau, ich vermutete ihn ein paar wenige Meter in den Raum hinein.

„Das du daran schuld bist!", klagte ich ihn an.

Einem Menschen, dachte ich mir bitter, einem Menschen möchte ich nicht begegnen und dann werde ich auch noch mit ihm zusammen in einen Raum gesperrt!

Doch seine nächsten Worte überraschten mich wenigstens für einen Moment: „Ich war das nicht!"

Nach ein paar Sekunden wandelte sich meine gerunzelte Stirn in eine ungläubige Miene. „Wer's glaubt."

„Ich war es wirklich nicht! Da steckt jemand anderes dahinter. Jas und ... Zack. Glaub mir, ich habe schon genügend Zeit gehabt, mir darüber den Kopf zu zerbrechen!"

Seine Stimme drängte mich, ihm zu glauben. Aber so leicht würde ich darauf nicht hereinfallen.

„Als du das Ganze geplant hast, ich weiß", entgegnete ich kopfschüttelnd, auch, wenn er es bei dieser Dunkelheit eh nicht sehen würde.

Dieses mal war er es, der genervt schnaufte.

„Ich habe das hier nicht geplant. Viel eher würde ich sagen, dass Brook dich hier her gelockt hat!", er fing an, leise zu lachen und es klang so rau und dreckig, dass ich ihm am liebsten eine rein gehauen hätte.

Wenn ich ihn doch bloß sehen könnte...

„Jetzt beschuldigst du auch noch meine beste Freundin? Na klasse. Wirklich, klasse", ich machte mir nicht die Mühe, meinen ironischen Unterton zu verbergen, „noch jemanden? Vielleicht meinen kleinen Bruder?"

„Sei nicht albern", widersprach er mir.

„Du bist doch derjenige, der das alles hier total amüsant findet!", ich spürte, wie meine Wut auf den Idioten anwuchs. Bald würde ich sie nicht mehr im Griff haben.

„Amüsant? Neeeehein", ich spürte das Grinsen in seinem Wort und die Verblüffung über meinen Vorwurf. Wie kam ich auch bloß auf so einen Gedanken!

„Nein", fing er erneut an und seine Stimme nahm einen kecken Ton an. „Ich warte eigentlich die ganze Zeit darauf, dass mich jemand anspringt und 'Versteckte Kamera' schreit."

Okay, ohne es zu wollen hatte ich bei diesen Gedanken angefangen, leicht zu grinsen.

„Oder mit Luftschlange um sich schlägt und ruft 'Sie sind geprankt' und ich dann ganz entsetzt 'Was? Ich? Geprankt?' antworte und ihn mit großen Augen anstarre."

„Wie kommst du bloß auf so dumme Gedanken?", ich musste versuchen, das Lachen zu unterdrücken, dass sich langsam aber sicher seinen Weg meine Kehle hinauf bahnte.

Plötzlich schien mir der Raum gar nicht mehr so dunkel, aber wahrscheinlich lag es einfach daran, dass sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.

„Wie gesagt, ich hatte viel Zeit. Und ich bin Leke, ich darf dumme Gedanken haben!", ich wette, er grinste gerade selber über seine Antwort.

„Ja", meinte ich und wischte mir dem Ärmel übers Gesicht, um eine Lachträne wegzuwischen, „da hast du Recht."

„Was?", er klang fast ein wenig verwirrt.

Ich runzelte die Stirn, als ich meine Antwort wiederholte.

„Sag das noch mal!", forderte er mich auf und plötzlich dämmerte mir, dass er mich sehr wohl verstanden hatte.

„Du Arsch. Komm her, dann gebe ich dir, was du verdie-" ...nst. Ich stockte. Hatte ich gerade etwa wirklich? Oh Gott. Komm her?  Wie konnte ich bloß so etwas sagen?

Doch Leke schien meine innerliche Verwirrung falsch zu deuten, denn er meinte mit einem frechen Grinsen (da war ich mir ganz sicher!): „Was? Hast du etwa Angst?"

„Ich", verdammt. Ich kniff die Augen zusammen, um ihn endlich zu sehen. Aber er war anscheinend immer noch zu weit weg.

„Ach vergiss es", murmelte ich. Mir war klar geworden, dass sich jedes weitere Wort von mir mich weiter in die Scheiße ritt.

Eine Scheiße namens Leke.


The blind BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt