77. Das Duell der Worte

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Lekes Sicht:

„Leke!", stieß Pacey mit freudiger Stimme aus und umarmte mich augenblicklich. Verwirrt blieb ich stehen und gab mich seiner Wärme hin.

„Hey", murmelte ich in seine Haare. Sie rochen nach Rauch. „Wie geht es dir?"

„Gut, gut", antwortete er schnell. ZU schnell.

„Warum wartest du denn hier draußen?", hakte ich stutzig nach und nahm wieder ein wenig Abstand.

„Ach weißt du", druckste mein Freund schüchtern herum, „Ich wollte euch einfach ein wenig Zeit zu zweit lassen." Ich wusste, dass er gerade knallrot anlief. So war Pacey eben.

Ich fing an mit rauer Stimme zu lachen. Diese Situation war einfach zu absurd um wahr zu sein. Doch als ich plötzlich wieder an Jack denken musste hörte ich auf. Es gab keinen Grund für mich fröhlich zu sein, nach alledem, was passiert war.

„Weißt du, wo Jack ist?", hakte ich mit ernstem Gesichtsausdruck nach.

Pacey räusperte sich, schindete Zeit, da er wusste, wie es mir ging. Er war beunruhigt, das merkte ich sofort. Beunruhigt wegen mir. Pacey spürte sofort, wenn etwas mit anderen Menschen nicht in Ordnung war, genauso, wie er nun merkte, dass alles in mir vor Wut aufschrie.

„Ich glaube, er ist mit den anderen im Aufenthaltsraum in der zweiten Etage", antwortete er ruhig. Ich spürte, dass er Shy einen fragenden Blick zuwarf.

„Okay", ich nickte leicht und ballte die Hände zu Fäusten. „Kommst du mit?"

„Natürlich", schoss es wie aus einer Pistole aus meinem Freund heraus.

Mit jedem Schritt, dem ich meinem Ziel näher kam, mit dem ich Jack näher kam, fing mein Magen lauter an zu Grummeln. Ihn durchfuhr ein heftiger Schmerz, als würde ich geschlagen werden. Doch es waren bloß meine Gedanken, die mich von innen heraus kaputt machten.

Wie soll ich auf ihn reagieren?

Ich kann nicht vor all den Menschen auf ihn losgehen!

Will ich genauso schlimm sein wie er?

Nein.

Wollte ich nicht. Ich musste es besser machen. Ich würde es besser machen, denn, so wurde mir auf einmal klar, ich war nicht Jack.

„Wo sitzt er?", flüsterte ich Shy so unauffällig wie möglich zu. Bei meinem Auftritt konnte ich mir keinen Fehler erlauben.

„Genau geradeaus", antwortete sie ebenso leise. Ich nickte leicht, dankend. Dann richtete ich meinen Blick nach vorne.

Zum ersten Mal seit Jahren lief ich in der Öffentlichkeit ohne meine Sonnenbrille herum und es machte mir Angst, was die anderen wohl über meine trüben Augen sagen würden. Ob sie mein Geheimnis erraten würden. Doch ich glaubte nicht daran. Man war nur derjenige, den man anderen zeigte zu sein. Und ich war nicht blind, nicht für sie.

„Hierher hast du dich also verkrochen." Eine Feststellung, die dem Raum eine sofortige Kälte zufügte. Alle Augen waren auf mich gerichtet, als ich auf Jack zuschritt. Dieser sprang augenblicklich auf die Füße.

„Lass es gut sein, Flynn", das erste Mal klang seine Stimme angespannt. Vorsichtig. Ich konnte es nicht glauben. Er redete vorsichtig? Mit mir?

„Weißt du, dass ich ehrliche Erleichterung verspürt habe, als ich hörte, dass du bereits unten warst? In Sicherheit, bei den anderen, gerettet vor den Flammen?", meine Stimme dröhnte durch das kleine Zimmer, füllte jede Ecke aus und sorgte selbst bei mir für eine Gänsehaut.

The blind BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt