63. Das ist kein Schlafzimmer

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Shys Sicht:

„Wenn ihr rummachen wollt, nehmt euch doch bitte ein Zimmer!", erschrocken zuckte ich zusammen, als ich eine raue, lachende Stimme hörte.

„Was?", entfuhr es mir erschrocken und ich drehte mich augenblicklich um. Auch Leke lag auf einmal ganz still unter mir.

„Wenn ihr rum -..."

„Das habe ich schon verstanden!", herrschte ich den Typen an, der von ein paar Treppenstufen weiter unten zu uns hochschaute. Seine Augen glitten mit hochgezogener Augenbraue über die Szene, während er sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Das hier ist ein Treppenhaus, kein Schlafzimmer", bemerkte er immer noch lachend.

„Danke für die Information, aber das wissen wir auch selber. Und überhaupt wüsste ich nicht, was dich das angeht. Verschwinde!", meine Stimme bebte vor Wut, dass dieser Kerl es gewagt hatte, uns zu unterbrechen.

Mittlerweile hatte auch Leke neben mir sich aufgerichtet. „Muss sie das etwa noch einmal wiederholen?", zischte er ebenfalls wütend und trat einen Schritt auf den Jungen zu, der sich bis jetzt nicht vom Fleck gerührt hatte.

Nun aber hob er abwehrend die Hände und war bereits dabei, sich umzudrehen: „Alles locker, meine Freunde, ich geh' ja schon."

Im selben Moment schlich sich ein siegreiches Lächeln auf meine Lippen und ich suchte Lekes Hand. Der magische Augenblick war vorbei, doch es war mir als könne ich noch immer seine bezaubernde Wirkung spüren.

„Komm, wir gehen zu den anderen", ich zog ihn hinter mir her. Wie beschwingt nahm ich jede einzelne Stufe und genoss es, wie die Musik immer lauter wurde.

Als wir unten angekommen waren blieb ich für einen kurzen Moment stehen. „Ich suche Jasper, okay? Du musst einfach nur mein Hand halten!" Wie zur Bestätigung drückte ich sie.

Mit klopfenden Herzen beobachtete ich, wie Leke langsam nickte. Ich war so froh, es nun endlich zu wissen. Denn nun konnte ich ihm endlich helfen und zwar so, dass es ihm wirklich half.

Mit erhobenen Kopf kämpfte ich mich durch die Masse und es dauerte nicht lange, bis ich die Jungs zusammen mit Brook ausgemacht hatte.

„Da seid ihr ja endlich", entfuhr es Jasper bei unserem Anblick und ich bemerkte einen erleichterten Ausdruck auf seinem Gesicht. Der Lockenschopf hatte sich schon Sorgen gemacht.

„Mein Gott, ihr strahlt ja wie ein ganzer Sonnenplanet!", Pacey hielt sich gespielt die Hand vor die Augen und blickte uns grinsend an. Ich spürte, wie ich rot wurde. Freudig lächelte ich Brook an, welche dicht an Zack stand.

„Alles klar bei euch?", hakte ich mit einem wissenden Unterton nach.

„Ja, wieso?", antwortete Brook und wurde ebenfalls rot, genauso wie Zack neben ihr. Doch es klang noch nicht hundert Prozent überzeugt.

„Wo wart ihr?", Jasper ließ einfach nicht locker und warf mir einen komischen Blick zu. Er schien nicht froh darüber gewesen zu sein, nicht Bescheid zu wissen, wo sein bester Freund war. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er sofort unruhig werden würde.

„Jacks Kumpel sind plötzlich wieder aufgetaucht", meldete sich zum ersten mal Leke zu Wort, der generell ungewohnt still war. In meinem Kopf spielte sich die Szene erneut ab, als er sie beschrieb.

„Wir haben Panik bekommen, warum auch immer. Zumindest sind wir dann ins Treppenhaus...naja. Und dann....", er stockte. Er schenkte der Runde ein leicht nervöses Lächeln und rückte seine Sonnenbrille zurecht.

„Aja", bemerkte Jasper trocken. Sie konnten sich wohl alle ihren Teil denken.

„Seid ihr dann jetzt zusammen? So ganz offiziell?", Zacks Frage ließ mich erstarren. Ganz langsam blickte ich zu Leke neben mir, traute mich jedoch nicht, zu antworten. Die Sache lag ganz bei ihm. Ich hatte ihm schon längst alles gesagt, was ich fühlte und was er für mich bedeutete.

Auf die peinliche Stille blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu räuspern. Sein Blick suchte meinen, dass spürte ich und versuchte es ihm so einfach wie möglich zu machen. Durchweg starrte ich ihn an, abwartend, wie die anderen.

„Ich schätze schon. Ja. Ja, wir sind zusammen. Nicht wahr, Shy?", er klang auf der einen Seite so selbstsicher, als er für sich selbst sprach, doch auf der anderen Seite so unsicher, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Noch immer schien er nicht für mich sprechen zu wollen.

Schnell nickte ich: „Ja. Leke hat Recht."

„Das ist ja suuuuper!", augenblicklich stürzte sich Brook auf mich und zerdrückte mir dabei meine Arme.

„Ähm, danke?", stammelte ich und versuchte dabei röchelnd, zu Atem zu kommen. Die Situation entlockte den anderen Jungs ein Lachen. Auch Leke neben mir grinste wie ein Honigkuchenpferd, während er noch immer meine Hand fest umklammert hielt.

„Gratuliere", sagte einer nach den anderen von ihnen und dann standen wir wieder da und sahen uns an.

„Wollen wir noch einmal tanzen gehen?", sehnsüchtig starrte ich auf die Tanzfläche, die gerade nicht so voll wie sonst schien. Ich zählte nur knapp zehn Paare, die sich im Takt der Musik wiegten.

„Wo sind eure Partnerinnen?", fragend schaute ich Jasper und Pacey an, die ein wenig unsicher mit den Schultern zuckten. Sie sahen alle so süß aus in ihren Anzügen. Wie richtige Männer, nur weicher.

„Ich finde schon jemanden", meinte Jasper, während er sich im selben Moment an uns vorbei drängte und mit erhobenen Arm rief: „Hey, Sydney. Warte mal!"

Kopfschüttelnd sahen wir ihm hinterher und stellten uns dann selber in die Mitte der Turnhalle. „So hast du dir den Abend nicht vorgestellt, oder?", Lekes Blick musterte mich prüfend. Seine Mundwinkel zogen sich bei seiner Frage zu einem schelmischen Grinsen nach oben.

„Nein", ich lachte auf, „alles, nur nicht so."

„Und?"

„Und was?"

„Ist es besser so? Der Abend? Oder hast du ihn dir schöner vorgestellt, vielleicht weniges Aufregung, weniger wegrennen und Minutenlanges Sitzen im kalten Treppenhaus?", wir begannen uns zu bewegen. Ganz automatisch trat ich dichter an ihn heran, bis mein Körper sich an seinen schmiegte.

„Nein, im Gegenteil. Dieser Abend hat all meine Erwartungen übertroffen, aber im positiven Sinne." Dieses Lächeln in seinem Gesicht, es war so unglaublich schön.

Wie sehr hatte ich es die letzten Wochen vermisst, als wir uns so oft gestritten hatten oder uns aus dem Weg gegangen waren. Wie hatte ich bloß auch nur eine Minute ohne ihn aushalten können?

„Wir zwei", flüsterte Leke auf einmal, als könnte er meine Gedanken erraten, „das ist eben etwas ganz besonderes."

„Ja, da hast du Recht. Wieder einmal", stimmte ich ihm zu. Und dann küsste ich ihn. Wieder einmal.


The blind BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt