„Und?", hakt Jasper nun schon zum zehnten mal nach.
Shy und Brook sind schon lange gegangen, doch wie ihr Abschied geklungen hatte, bahnte sich da ein Zickenkrieg zwischen den beiden an.
„Wie oft soll ich es dir denn noch sagen? Die Antwort wird ja doch nicht besser. Wir haben uns gestritten."
„Und?"
„Argh", langsam schaffte er es, dass ich mich wirklich mit dem Gedanken anfreundete, ihn ebenfalls in diesen Raum zu sperren und jämmerlich verhungern zu lassen.
Wobei, der hatte ja keine Tür mehr.
Meine Augen verengten sich zu wütenden Schlitzen: „Nichts und. Wir sind fast an der Stille verzweifelt und dann wie zwei Vollhonks gegen eine Holztüre gerannt. Ich würde es auf Sauerstoffmangel zurückschieben...."
Ich brauchte mir gar keine Mühe geben, meine Stimme klang ganz von selbst anklagend.
„Ich bitte dich", verteidigte sich der Lockenkopf mit einem eher unsicher klingenden Schnauben, „SAUERSTOFFMANGEL?"
„Und überhaupt", bis jetzt hatte Jasper sich noch relativ entspannt auf der Couch zurück gelehnt, doch nun drückte er empört den Rücken durch.
„Du brauchst dich gar nicht beschweren. Wenigstens habe ich mal versucht, deiner Liebe ein wenig auf die Sprünge zu helfen!"
„Meiner Liebe?", wiederholte ich verächtlich, obwohl mich der Gedanke irgendwie berührte.
Ich konnte nur noch nicht richtig einordnen, ob es gute oder schlechte Gefühle waren, die sich da in mir breit machten wie eine nistende Vogelfamilie.
„Außerdem klingt das doch gar nicht so schlecht, wenn ihr euch am Ende wieder vertragen habt ...", hörte er mir denn gar nicht zu?
Ich seufzte genervt auf. „Wir haben uns nicht vertragen und jetzt ist Schluss damit. Ich möchte nicht mehr darüber reden, okay?"
„Mpf", ich hörte seine Jacke rascheln, als er die Arme vor der Brust verschränkte, wie immer, wenn er mir eigentlich widersprechen wollte, ihm aber kein passendes Gegenargument mehr einfiel.
„Das war einfach eine sehr dumme Idee", murmelte ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihm.
Sofort kamen Shys und meine Gespräche wieder hoch, und das Gefühl der Verbundenheit, das ich gefühlt hatte, als wir zusammen die Tür eingerammt hatten.
Aber das war jetzt vorbei und am besten dachte ich auch gar nicht mehr daran.
Ich zuckte zusammen, als auf einmal nur ein paar Meter von mit entfernt laute Musik begann.
„Wollt ihr etwa, dass ich jetzt auch noch einen Herzkasper kriege?", schrie ich gegen den dröhnenden Bass meine Freunde an, konnte mir ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.
„Jetzt wird getanzt!", entgegnete mir Jasper mit grinsender Miene und drückte sich nach oben.
„Oh", murmelte ich, ein wenig enttäuscht, dass ich schon wieder nur an der Seite sitzen konnte, ohne ihre erlernten Tanzkünste zu bewundern.
„Und du machst mit!", meinte auf einmal Zack und zog mich blitzschnell nach oben, dass ich mich gar nicht wehren konnte.
„Was?", rief ich halb überrascht, halb ungläubig. Mein Gesicht hatte sich zu einer unsicheren Grimasse verzogen.
„Komm schon, wir bringen dir jetzt Walzer bei!", ich glaube, der blondhaarige hatte etwas zu viel getrunken. So viel Euphorie tat dem Jungen nicht gut.
„Ihr seid doch verrückt", murmelte ich kopfschüttelnd, wehrte mich allerdings nicht, als ich auf einmal an meiner linken Hand und auf meiner Schulter eine warme Hand spürte.
„Du bist der Mann", bestimmte Zack mit lauter Stimme und begann schon, mich hin und her zu schieben.
Völlig überfordert versuchte ich so gut wie möglich, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern.
Am Anfang mussten wir beide wirklich schrecklich ungeschickt ausgesehen haben, als hätten wir zwei linke Füße. Na ja, auf mich traf das ja auch zu.
Ein Tausendfüßler auf der Hochzeit war da wahrscheinlich nichts gegen.
Ich hörte Pacey und Jasper lachen, hörte sie grunzen, sie bekamen sich gar nicht mehr ein. Doch nach einiger Zeit fingen sie an, Verbesserungen einzuwerfen und ab und an sogar einen hochqualifizierten Tipp von sich zu geben.
„Ein, ZWEI, DREI, vieeer", zählte Jasper, und ich wette, sein Kopf war schon krebsrot vom ganzen Lachen. Und schon wieder wurde ich herumgewirbelt, als gäbe es keinen morgen mehr.
Zack zerrte, drückte und schob, bis ich die Schrittfolge einigermaßen verstanden hatte. Ich fühlte mich wie eine lebendig gewordenen Gummipuppe. So eine, die immer in den Schaufenstern steht.
Jetzt musste nur noch er Angst haben, dass ich auf seine Füße trat. Denn das mit dem Takt war eindeutig nicht so meine Sache.
Wobei man sagen muss, dass unsere Musik glaube ich nicht ganz den Standards entsprach, es seiden, man zählte Sia mit zu den berühmten Komponisten der Walzer-musik.
Nun fingen auch Pacey und Jasper an, miteinander zu tanzen und hielten sich lachend in den Armen. Nachdem ich den Dreh erst einmal raus hatte machte es mir sogar richtig Spaß.
Nun war ich auf einmal derjenige, der das Ruder übernahm und Zack durch die Gegend schmiss, ihn führte, wie ein richtiger Mann.
Ich spürte, wie sich ein dickes Grinsen in mein Gesicht schlich, als ich diesen Erfolg bemerkte.
„Ich kann's!", meinte ich voller Stolz in der Stimme und fing an, ebenfalls in Jaspers Dauer-lache einzustimmen.
„Ich kann es!", wiederholte ich, bis ich auf einmal auf Zacks Fuß trat. „Oh", ich hielt inne und sah nach unten. Doch der Boden war noch dunkler als meine Sicht ohnehin schon war.
„Ist doch nicht schlimm", meinte Zack beruhigend und klopfte mir auf die Schultern.
„Wenn du wüsstest, wie oft Brook mir schon auf die Füße getreten ist! Da ist ein eingequetschter Zeh mehr oder weniger auch nicht mehr schlimm!"
„Meinst du?", als Antwort packte er mich erneut und fing wieder an zu tanzen, als wäre nichts geschehen.
Wahrscheinlich war das sogar die einzig richtige Lösung. Einfach weiter machen. Egal, was passierte.
Das Leben hielt ja doch nicht an.
~~~Bild oben: Zack <3 ~~~
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The blind Badboy
Teen FictionJeder spielt als Kind verstecken in der Dunkelheit. Jeder schließt die Augen und stellt sich vor, was wäre wenn. Doch niemand tut es für immer. Leke schon. ~Ein braunhaariger Tollpatsch, blind und ziemlich durchgeknallt, steigt ein in das Rennen um...