#155 Der schwache Teil

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Lilly

Es ist nicht sicher allein, sagte sie. Nimm einen Warrior mit, sagte sie. Ich hab frei, sagte sie und schon war sie in die Kapsel gesprungen, obwohl sie genau wusste, wie schnell Lilly und Circarya unterwegs waren. 

Scheinbar hatte Thannam es vergessen und nun stand die Rose blass gegen einen Baum gelehnt und versuchte augenscheinlich mit aller Macht nicht zu kotzen. 

"Tut mir leid", murmelte die Grünhaarige, doch sie war etwas zu belustigt. Sie schlang ihre Arme um die schlanke Taille ihrer besten Freundin und kuschelte sich an deren Brust. Die beiden waren schon immer Busenfreunde gewesen, das war schon okay. Thannam zischte unzufrieden und schnippte die Kleinere vor die Stirn. "Als ob, du verräterische Alte", grummelte sie und legte einen ihrer Arme dann auf der Schulter der Anderen ab. 

"Okay und was machen wir jetzt hier?", fragte sie und sah sich um. Sie waren weit am Rande des Landes. Gefühlt mussten sie nur noch ein paar Meter gehen und sie würden Curare verlassen. Sie waren an der Westgrenze und Lilly sollte hier eigentlich nichts weiter machen, als zu spähen und ein Kraut mitzubringen, das hier eben wuchs. 

Das war eigentlich keine große Sache, doch Thannam ließ ihre beste Freundin ungern allein und Lilly konnte sich denken wieso. Der Sumpf drehte noch immer durch. Sie sollten an die Quelle des Flusses Urgh, ja das war sein Name, der ulkigste Fluss in ganz Curare und dort mal schauen, ob das Wasser okay war. Wenn sie das Kraut schneller fanden als erwartet, wären sie Mittag wieder zu Hause (es sei denn Lilly nahm Rücksicht auf  die wertvolle und nicht ganz schwindelfreie Fracht auf ihrem Zusatzsitz, aber das stand auf einem anderen Blatt).

Die Rose stemmte die Arme in die Hüfte und wartete, denn Lilly hatte ihr weder geantwortet, noch den Kopf von ihrem Busen gehoben. "Lilly." Die Grünlilie lachte leise.  Dann sah sie auf. "Wir sammeln Kräuter und trinken Wasser und wenn wir Durchfall kriegen, dann wissen wir, dass was nicht stimmt." "Großartig." "Ich liebe deine positive Einstellung." Die Jüngere kicherte und beobachtete zufrieden, wie auch Thannam sich zu einem kleinen Lächeln hinreißen ließ. 

Sie löste sich von der Kurzhaarigen und schaute sich nochmal ein wenig um. "Violette Blüten, Nami, die suchen wir. Wenn du was siehst, was aussieht wie Estelles Haare, dann sag Bescheid." Lilly arbeitete sich vorsichtig etwas vorwärts und Thannam zog ihr Schwert ehe sie folgte. "Und was machen wir währenddessen?", fragte sie und Lilly grinste ein wenig. 

"Wir reden über Jungs." "Das tun wir nicht." "Das tun wir wohl." 

Lilly konnte nicht sehen, wie Thannam die rotbraunen Augen verdrehte, aber sie konnte es spüren. "Wie läuft es mit Jin?" "Was soll da laufen?" "Thannam." "Chora." Owwwwwwwwww. Ge. Grillt. Lilly zog einen Schmollmund. "Na! Mi!", versuchte sie es in quengelig und die Ältere seufzte tief. Dann schloss sie ein bisschen auf. "Es gibt nicht viel zu erzählen", begann sie dann, "meistens hängen wir nur rum? Keine Ahnung? Mir fällt es noch immer schwer mich zu öffnen. Ich bin eine schlechte Mate, Lilly." 

Lilly blieb stehen und wandte sich zu ihrer Freundin um. "Sag sowas nicht", antwortete sie todernst und schnappte sich die Größere an den Wangen, um sie ein bisschen zu sich runter zu ziehen. "Du bist wundervoll. Warum denkst du das?" Thannam zuckte mit den Schultern. "Sollte ich nicht automatisch offener sein?", sinnierte sie. "Alle Mate-Couples sind so von null auf hundert verliebt und glücklich. Siehe du und Namjoon oder May und Chen, oder Sonia und Arianna? Warum kann ich das nicht?"

Lilly runzelte die Stirn. Thannam machte sich viel zu viel, viel zu falschen Druck. "Es heißt Matebindung entsteht oft, weil der eine den anderen braucht. Und ich brauche Jin und es nervt mich, weil ich will nicht der schwache Teil sein." Lilly streckte ihre Hände aus und rieb über die Arme ihrer Freundin. "Du bist nicht der schwache Teil, nur weil du ihn brauchst und wenn, dann bin ich es auch. Denn ich brauche Namjoon. Doch er braucht mich auch und so braucht auch Jin dich." 

Sie lächelte und legte die Arme um den Hals der Rothaarigen. "Mates sind immer verscheiden, Nami. Schau... ich würde Jungkook und Tae jetzt auch nicht als ultra verliebt bezeichen, oder? Doch die Matebindung irrt sich nicht. Jungkook und Tae werden ihren Weg finden und so wird es auch bei dir und Jin sein. Und auch, dass nur einer den Anderen braucht ist vage. Hobi braucht Jimin ganz klar, aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob Jimin nicht noch mehr Hobi braucht? Ist das nicht vollkommen scheißegal? Du solltest aufhören dich schlecht zu fühlen. Du solltest aufhören dich schwach zu fühlen. Das hast du nicht nötig und das weißt du."

Zögerlich nickte Thannam. "Vielleicht hast du Recht", stimmte sie leise zu. Lilly war sich nicht sicher, ob sie es wirklich so meinte, doch sie wusste, dass Thannam, auf jeden Fall darüber nachdenken würde. Sie löste sich also von ihr, nachdem sie ihr einen kleinen Kuss aufgedrückt hatte und machte sich weiter den Weg entlang des kleinen Flussen. 

Sobald sie die Quelle erreicht hatten nahm Lilly ein paar Proben und steckte sie Sorgfältig in eine gepolsterte Tasche. Danach setzte sie sich an das Ufer des Flusses. Thannam setzte sich zu ihr und sie blieben so einfach sitzen, sagten gar nichts und lauschten einfach dem Rauschen des Baches. Zumindest so lange, bis Lilly eine lila Blüte auf der anderen Seite ausmachen konnte. "Nami da", sagte sie nur und stand auf. Dann nahm sie Anlauf und lud einen Spell. Schnell rannte sie einfach über den etwa sechs Meter breiten Fluss. 

Skills waren toll. 

Sie drehte sich um zu Thannam die nur die Augen verdrehte. Sie kannte Nami. Sie brauchte nicht mal einen Spell laden, um über den Fluss zu kommen. Die Rose nahm Anlauf und sprang einfach über die sechs Meter und rollte an der anderen Seite ab. "Das war sehr elegant, ich liebe dich, du solltest...." "Lilly. Nicht bewegen."

Lilly war klug genug, ernst zu nehmen, wenn Thannam das sagte und genau da vernahm sie auch das leise, aber unverkennbare Zischen einer Tharkuja Pflanze. Shit. "Hat sie schon geladen?", fragte die Kleinere und sah Thannam nur nicken. Lilly war klar, dass eine von ihnen beiden getroffen werden würde, mit dem Gift einer Pfeiltodpflanze. 

Sie atmete ruhig. Es war ihr Fehler, sie hätte die Pflanze bemerken müssen, bevor sie ihren Pfeil geladen hat. Also sollte sie auch die Konsequenzen tragen. Sie wollte nicht, dass Thannam verletzt wurde, auf keinen Fall. "Scheiß drauf", sagte sie und machte einen Schritt nach vorn, wohl wissend, dass die Pflanze auf ihre Bewegung reagieren würde. Doch Thannam war mal wieder schneller. Lilly hatte den Schritt nicht mal fertig getan, da war die Warrior schon an ihr vorbei geschossen und hatte sie in eine schützende Umarmung gezogen, während sie der Pflanze den Rücken zu drehte. 

Der Pfeil traf sie, Lilly konnte es ausmachen an der Iris der Größeren, die sich sofort in ein giftiges Grün umfärbte. "Thannam." "Sh!" Die Ältere zog ihr Schwert und trennte die Blüte vom Stängel. Der Blütenkopf fiel zischend zu Boden und der Stängel der etwa drei Meter hohen Pflanze kippte nach vorn und besudelte beide Frauen mir dickflüssigen, klebrigen Blütensaft. 

"Warum sauen wir uns immer ein, wenn ich mit dir in den Sumpf gehe?", fragte Thannam, doch Lilly war nicht nach scherzen. Sie eilte zu ihrer Freundin rüber und drehte sie so, dass sie an den Pfeil ran kam. Sie förderte eine Phiole aus den unendlichen weiten ihrer Weste zu Tage. "Trink." "Reg dich ab, ich hab vorgesorgt, mir geht es gut", meinte Thannam träge. Sie spürte das Gift, keine Frage, aber sie steckte es viel besser weg als die zierliche Grünlilie. 

Sie war einfach deutlich größer und schwerer als Lilly. 

Thannam trank die Philoe aus und gab aber keinen Mucks von sich, als Lilly sich dran machte, sie zu versorgen. Ohne groß zu zögern, zog Lilly den Pfeil raus und stoppte die aufkommende Blutung mit einem sauberen Tuch aus ihrem Rucksack. 

"Es tut mir so leid", sagte sie und dieses mal war es ernst gemeint und Thannam wusste das sicher auch. "Lilly, es ist okay, ich werde es überleben", murmelte die Größere und pflückte die blöde lila Blume, sobald Lilly kurz von ihr abließ.

"Aber mir ist schwindelig und wir sollten nach Hause. So schnell wie möglich, also hol Circaya hier her und dann geben wir Gas."

Curare - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt