#206 Butterfly Wisdoms

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Estelle

Die Worte kamen sanft, schwach, als wäre ihm klar, dass es so wäre, aber könnte nichts mehr dagegen tun. Das Letzte, was Estelle für ihn wollte, war, dass er im Glauben starb, ein schlechter Mate gewesen zu sein. Das war er nämlich garantiert nicht. Sie schüttelte also sofort den Kopf.

"Nein, bist du auf keinen Fall", antwortete sie gefühlvoll. Ich überlegte kurz, wo sie anfangen sollte das zu begründen und hatte auch ein bisschen Angst, dass er es vielleicht abtun würde, weil sie eine Butterfly war, die dazu ja bekanntlich eine umfassende Meinung hatten, doch sie versuchte es dennoch. "Schau, ich bin mit polyamoren Eltern aufgewachsen. Aus Butterflysicht kann ich dir sagen, was sie sagen. Wenn du jemand neuen liebst, dann ist das kein Betrug, sondern dein Herz wird größer. Weißt du? Es expandiert und schafft Raum für neue Liebe." Sie ließ sich das selbst durch den Kopf gehen.

"Es ist natürlich komplizierter als nur das. Ich weiß, dass diese Sichtweise auch vorsetzt, dass Eifersucht ein Konzept ist, welches einem nicht so geläufig ist und natürlich müssen alle sich untereinander mögen, nicht nur eine Person, die zwei Leute hat aber die anderen beiden sind sich überhaupt nicht grün, das funktioniert nicht. Was auch immer, ich rede zu viel. Was ich eigentlich sagen will ist: Du bist kein schlechter Landare, nur weil dein Herz größer geworden ist."

Das Prinzip war einfach. Für Estelle lag es vollkommen logisch auf der Hand und die hoffte, dass Yoongi es auch verstehen würde und dass es ihm halb mit seinem Gewissen umzugehen. Sie war wohl auch die einzige Frau, die ohne weites akzeptieren konnte, dass er Calisto für immer weiter lieben würde. Das Einzige, was sie daran störte, war, dass Calisto bereits tot war. Das klang erst mal paradox, denn wenn die 'Konkurrenz', weg war, dann hatte sie Yoongis ganze Aufmerksamkeit für sich. Doch dieses Denken schlich sich nicht mal in den Kopf der Prinzessin, denn erstens konnte man auch toten Personen viel Aufmerksamkeit zukommen lassen, indem man an sie dachte und sich ihrer erinnerte (was man ihrer Meinung nach auch tun sollte) und zweitens hätte sie Calisto selbst gern kennengelernt und das wurmte die junge Butterfly viel mehr.

Wenn Yoongi Calisto so liebte, dann musste sie eine wundervolle Frau gewesen sein. Wer würde sie nicht kennenlernen wollen?

Estelle seufzte traurig. Jetzt lernte sie nicht nur Calisto nicht kenne, sie verlor auch noch Yoongi. Sie begegnete dem Blick Yoongis müder Augen und sie konnte sehen, dass er wieder darüber nachdachte. Sein Blick wurde sanfter. "Verstehe", wisperte er leise und seine Stimme klang rau. Er schloss die Augen und kuschelte sich wieder etwas mehr an. "Ich hätte sie niemals gehen lassen dürfen", warf er sich selbst vor und es brach Estelle das Herz, denn das war nun wirklich nicht seine Schuld, "ich bin froh, dass ich denselben Fehler nicht bei dir gemacht habe."

Sie wusste was er meinte. Damals, als er ihr ausgeredet hatte, zurück in ihr Königreich zu gehen. Er hatte recht gehabt, den bis jetzt konnte sie tatsächlich alles von Curare aus klären. Dennoch durfte er sich das wirklich nicht einreden. "Weil du Prophet bist oder was?", fragte sie provokant und musterte ihn eindringlich. "Sie hätte jederzeit in dieser Nacht sterben können. Überall. Egal, wo sie war. Auch dazu haben Butterflys was. Es gibt diese Legende mit dem Zeitreisenden, der eintausend Mal versucht, seine Liebste zu retten und er scheitert doch jedes Mal. Sie stirbt jedes Mal immer wieder auf eine andere Art und Weise und weißt du auch warum?" Sie machte eine kurze Pause und versuchte sich daran zu erinnern, wie ihre Mutter ihr das erklärt hatte, als ihre Schwester verstorben war. War es fair, dass ein Kind starb? Nein, mitnichten, doch es tröstete daran zu glauben, dass alles so kam, wie es kommen sollte.

"Wir müssen alle nur begrenzt hier sein. Danach geht es weiter und manche dürfen früher gehen und manche sind länger hier. Dieses Leben ist weder besser noch schlechter, es ist einfach anders und wenn die Zeit gekommen ist, sich der nächsten Aufgabe zuzuwenden, dann muss diese hier beendet werden. Der Mann aus der Legende konnte sie nicht aus ihrem neuen leben ziehen. Also starb sie jedes Mal, denn er kann nicht eingreifen und ihr verwehren, wofür die bestimmt ist. Sie wollte auch gar nicht aus ihrem neuen Leben gezogen werden, denn sie wusste, dass sie ihn so oder so wiedersehen würde. Früher oder später. Dann, wenn seine Zeit auch gekommen ist."

Curare - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt