#236 Primetime

494 87 31
                                    

Hoseok 

Alles Zappeln und Zetern half nichts. Wenn einen ein gewisser Lotus erst mal im Klammergriff hatte, dann machte es auch keinen Sinn mehr zu versuchen aus diesem zu entkommen. Gut, dass das bei ihnen sowieso irgendwie kaum noch einen wunderte. Zumindest Chen, Jaehyung und Hansol verloren keinen Kommentar darüber, dass Hoseok von Jimin aus der Bibliothek verschleppt wurde. Jungkook hob nicht mal mehr den Blick, sondern las einfach weiter sein Buch, so egal war es ihm offensichtlich. 

Jimin für seinen Teil ließ sich auch nicht stören und trug Hoseok bis zu seinem Zimmer und warf ihn da direkt auf das Bett. "Jimin!", beschwerte Hoseok sich, doch es war eher Fassade, denn wie er so auf der weichen Matratze landete, bemerkte er, wie ein paar seiner Muskeln sich entspannten, die er bestimmt seit Tagen nicht entspannt hatte, einfach, weil er die ganze Zeit stand. Eigentlich ein Indiz dafür, dass er inzwischen viel zu oft irgendwo mit Jimin rumlag, denn die jahrelang trainierten ich-steh-den-ganzen-Tag-rum-Muskeln gewöhnten sich an Phasen des faul Rumliegens. Aber vielleicht war das nicht mal schlecht. 

Hoseok sah seinen Mate an und stützte sich auf die Unterarme. "Was genau wird das jetzt?", wollte er amüsiert wissen. "Du legst dich für heute zu mir", bestimmte Jimin und Hoseok kicherte. "Ich hab meine Schuhe noch an", gab er zu bedenken. Jimin grinste schief. "Wenn es weiter nichts ist", meinte er und machte sich dran Hoseok die Schuhe zu klauen. Hoseok unterdrücke ein amüsiertes lächeln. "Ich auch noch viel zu viele unbequeme Klamotten an", meinte er altklug. Jimin zog mit einem herausfordernden Blick eine Augenbraue hoch. "Soll ich dir die auch ausziehen?", fragte er und krabbelte über ihn. 

Hoseok umfasste Jimins Gesicht, als er bei ihm angekommen war und drückte ihm einen liebevollen Kuss auf. "Später vielleicht", murmelte er und lächelte in den Kuss, "aber das ist nicht wirklich der Grund, warum du mich mitgenommen hast." Eine simple Feststellung, doch Hoseok wusste, dass er recht hatte. Jimin ging es nicht per se schlecht, aber er hatte etwas im Hinterkopf, so viel spürte der Energizer. Jimin nickte leicht und Hoseok bekam einen weiteren kleinen Kuss von Jimin. "Kann schon sein", gab der Lotus zu und legte sich neben ihn. Hoseok rollte sich auf die Seite und musterte Jimins hübsches Gesicht, dass du das Mondlicht, dass durch das Fenster schien, nur noch ein bisschen weicher wirkte. Sanft strich er Jimin durch das rosafarbene Haar. 

"Was brauchst du gerade, Jimin?", wollte er von seinem Mate wissen.

Manchmal war der erste und beste Schritt seinem Partner was Gutes zu tun, der ihn zu fragen, was er wirklich haben wollte. Dann konnte man auch nichts falsch machen. Was nutzte es ihm auch irgendwas auszuprobieren, wenn Jimin sicher ganz genau wusste, was er gerade von ihm wollte? Jimin setzte ein Schmollen auf. Warum war er manchmal so süß? Wie sollte man mit dem Kerl klarkommen, wenn er ständig zwischen sexy und süß hin und her sprang? Manchmal wurde das fast ein bisschen zu viel für Hoseoks Herz, aber beschweren würde er sich sicher nicht. Er strich Jimin wieder liebevoll durch die Haare und allein, dass das keine Energie zog, zeigte ihm wieder, wie perfekt Jimin einfach war. 

"Ganz viel Nähe", äußerte Jimin derweil gespielt quengelig und Hoseok lachte. Na, das sollte sich doch einrichten lassen, wenn er ihn schon mal aus der Bibliothek gepflückt hatte. "Und vielleicht einen roten Faden für meinen Kopf", fügte Jimin dann ernster hinzu. Hoseok nickte und sah auf die Uhr. Es war ohnehin Zeit für Feierabend. "Also würde ich vorschlagen, wir machen es uns bequem. Leihst du mir ein Shirt, damit ich mit unter die Decke schlüpfen kann?", schlug Hoseok vor und Jimin grinste erfreut. "Ich dachte schon, du fragst nie", meinte er und stand wieder auf. 

Hoseok folgte ihm und ließ sich ein schönes, weiches Shirt geben, dass er gegen die Weste und Hose, die er immer trug, tauschte. Nur den Rosario behielt er bei sich, bevor er sich kurz im angrenzenden Bad fertig machte und zu Jimin ins Bett krabbelte. Ohne zu zögern, rutschte er an den Lotus heran und schlang seine Arme um den schlanken Körper seines Mates. Meistens war es Jimin, der sich an Hoseok kuschelte, wenn dieser dazu kam sich zu ihm zu legen und die Nacht einfach zu verschwenden, doch Hoseok hatte das Gefühl, dass Jimin es heute gebrauchen konnte in den Arm genommen zu werden. 

"Also, was bedrückt meinen Lieblingslandaren?", fragte Hoseok und genoss die Wärme, die Jimin abstrahlte. Jimin seufzte und griff nach dem Arm, den Hoseok locker über seine Taille gelegt hatte und schob seiner Finger zwischen die von Hoseok. "Ich weiß nicht, ich bin nur irgendwie nicht, was ich im Moment denken soll. Mein Gedanken rasen Kreisen und ich bekomme sie nicht zu fassen. Dieser Odiomare machte mich fertig, dabei macht er gerade nicht mal was", erklärte Jimin und Hoseok nickte leicht. 

"Ist es richtig von uns ihn zu verurteilen oder ist es das nicht? Ich habe keine Ahnung!", redete Jimin weiter. "Auf der einen Seite hat er so viel schaden angerichtet, auf der anderen hatte er auch nicht wirklich eine Wahl?" Hoseok kuschelte sich noch näher an Jimin heran und summte nachdenklich vor sich hin. "Ich weiß, was du meinst", sagte er leise und drückte Jimin ein paar sanfte Küsse in den Nacken. "Aber im Grunde ist er ein Verbrecher und die gehören nun mal bestraft? Aber ich verstehe deine Bedenken. Irgendwas passiert da mit dem Odiomare, was wir nicht verstehen. Wahrscheinlich versteht es nicht mal der Odiomare selbst." 

Hoseok vergrub seine Nase einen Moment in Jimins Haar und atmete tief durch. Er selbst war nicht unten bei ihm gewesen. Auch, wenn der Odiomare sicher verwahrt war, steckt Hoseok die Angst von der letzten Begegnung mit ihm noch immer in den Knochen... genau wieder Horror, den er durchlebt hatte, nach dem Jimin durch ihn gestorben war. Er würde sich von dem Odiomare fernhalten, egal, was für einen Wandel dieser gerade durchmachen sollte. 

Jimin gab ihm einen Kuss auf die Hand und riss Hoseok damit aus seinen Gedanken. "Das ist genau der Grund, warum ich bei allem Verständnis ihm einfach nicht verzeihen kann", murmelte Jimin leise und sah über seine Schulter zu ihm. Offensichtlich hatte er bemerkt, wie Hoseok sich verspannt hatte. "Er hat dir einfach zu viel angetan." Hoseok seufzte leise. Das stimmte wohl. Sie hatten beide sehr unter dem Odiomare gelitten, also wie sollten sie ihm das vergeben, wenn der nicht mal wirklich nach Vergebung suchte? "Es ist nicht mal das, was er mir angetan hat, was mich verärgert, ja ich war tot, aber erinnern kann ich mich an kaum was. Der, der erst von ihm gequält worden war und das ganze dann hatte durchstehen müssen, das bist du und allein die Vorstellung davon, wie sehr du gelitten haben musst, lässt mir übel werden." 

Hoseok nickte wieder. "Aber wir haben es überstanden. Wir hatten unfassbares Glück, also quäle dich nicht mit diesen Gedanken." Abermals strich Hoseok Jimin zärtlich durch den Haaransatz, um ihn zu beruhigen. "Zerbrich dir nicht weiter den Kopf, denn im Grunde wird es ohnehin nicht unsere Entscheidung sein, was mit dem Odiomare passiert, also kannst du das ganze auch entspannt auf dich zukommen lassen und du kannst dir dein Gehirn auf links drehen, wenn es so weit ist und es in der Sache wirklich weitergeht. Solange suchen wir einfach weiter nach einer Lösung. Ein Schritt nach dem anderen." Hoseok drückte ihm einen Kuss auf das Haar und lächelte. 

"Und du kennst doch Yoongi, er ist fair. Selbst, wenn uns irgendwas in die Hände fallen wird, dann wird der Odiomare selbst dann noch einen ordentlichen Prozess bekommen, bevor irgendwer ihn einfach vernichtet. Und das wird die Zeit sein in der die schlausten von uns genau analysieren, was  er jetzt wirklich ist und wie man am besten mit ihm umgeht, und zu diesen schlausten gehören wir vielleicht nicht mal", erzählte Hoseok weiter und gab ein kleines Lachen von sich. "Stimmt, wir sind Idioten, nicht war?", stimmte Jimin amüsiert hinzu. "Auf jeden Fall", bestätigte Hoseok mit einem kleinen Grinsen. 

Er kuschelte sich an Jimins Halsbeuge und atmete tief durch. "Ich kann verstehen, dass du dir Gedanken darum machst, aber setz dich einfach nicht so unter Druck, okay? Und lass es für heute einfach gut sein und lass dich von mir kuscheln", schlug Hoseok vor. Jimin lachte leise und nickte, auch wenn das für ihn sicher gar nicht so einfach war. Also fing Hoseok an über belangloses Zeug zu reden, um Jimin weiter zu zerstreuen und nach einiger Zeit wurden die Antworten schwerfälliger und es dauerte nicht mehr lange und Jimins gleichmäßige Atemzüge verrieten Hoseok, dass Jimin eingeschlafen war. Zufrieden schlang Hoseok die Arme noch fester um Jimin und schickte sich an die gestohlene Zeit zu nutzen, um ebenfalls einfach mal an gar nichts zu denken. 

Curare - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt