Jungkook
Sorgsam und unermüdlich strich Jungkook über die Arme seines Mates, der endlich eingeschlafen war. Es war immer noch erschütternd Tae weinen zu sehen. Nicht, dass er das nicht dürfe, er konnte so viel weinen, wie er wollte. Es war nur so, dass Jungkook sich im Klaren darüber war, dass er erst anfing zu weinen, wenn es ihm wirklich, wirklich dreckig ging. Er kannte es ja von sich selbst.Auch ihm war nach heulen, denn er konnte durch die Counterbindung sehr genau fühlen, wie schlecht es Tae mit der ganzen Sache ging und wie sehr er darunter litt, Jimin verloren zu haben. Umso froher war Jungkook, dass Taehyung endlich schlief und ein paar Stunden hatte, um seinem Kopf etwas Ruhe zu gönnen. Tae hatte die Nase in den schwarzen Haaren des jungen Mannes vergraben und Jungkook nahm jeden seiner tiefen Atemzüge wahr. Er selbst fand keine Ruhe, auch wenn er es als kleiner Löffel an Taehyung geschmiegt sehr komfortabel hatte.
Dennoch kamen seine Gedanken nicht wirklich zum Stillstehen, so wie immer eigentlich, nur schlimmer und er schien nicht der Einzige zu sein, denn der Türgriff senkte sich langsam und vorsichtig, ehe die Tür einen Spalt geöffnet wurde. Er hob den Kopf, konnte aber nicht erkennen, wer in der Tür stand. "Lilly?", fragte er eher einen Gefühl folgend und er konnte ein kleines Schluchzen vernehmen."S-Seid ihr noch wach?", fragte sie flüsternd und der junge Mann bekam direkt Herzschmerzen.
"Ich schon, Tae pennt... komm zu uns, du hast die Wahl. Häng dich bei Tae hinten dran oder komm zu mir als ganz kleiner Löffel." Er verstand, dass sie sich allein fühlte und er wusste auch, dass sie in Nächten, in denen sie wirklich allein war, eigentlich nur durchweinte und kaum schlief. Entsprechend störte es den jungen Mann nicht, wenn sie zu ihnen kam, de facto war ihm das sogar lieber. Sie war verloren ohne Namjoon, sie hatte ihren Mate nicht bei sich und Jungkook konnte sich nicht vorstellen, wie schlimm das sein musste, zusammen mit dem Verlust, den sie erlitten hatte.Sie pendelte immer zwischen ihm und Tae, Chen und Mai und Thannam und Jin hin und her, manchmal war sie bei Hoseok, doch der schlief ja nicht und er ließ im Moment auch nicht mit sich reden. Irgendwas ging in seinem Kopf vor, doch Jungkook verstand es nicht. Auch der Priest machte dem jungen Mann Sorgen und er wusste gar nicht, wie es dazu gekommen war, dass er angefangen hatte, so viele Personen in den Kreis derer aufzunehmen, die ihm nicht am Arsch vorbeigingen.
Früher hatte er nur sich und seine beiden Hyungs gehabt, doch seit er hier nach Curare gekommen war, war das Konto seiner Ängste zunehmend kleiner geworden und je weniger Angst er haben musste, desto größer schien sein Herz zu werden. Er hatte sogar Yoongi ins Herz geschlossen, dabei bitchten er und der Stevia sich immer an, wenn sie sich nur sahen. Die letzten Tage waren hart für sie alle und sie kamen kaum klar. Thannam machte die Leaderin und teils die Königin, denn Yoongi war schwach. Tae versuchte so gut es ging, seine Arbeit zu machen und auch Hoseok versuchte seine Gemeinde nicht hängenzulassen. Scheinbar war diese auch das Einzige, was ihn noch auf den Beinen hielt.
Ob sie einen Unterschied bemerkten?
Er schien noch gleich aufmerksam, gleich freundlich, auch das Lächeln schien das gleiche, doch Jungkook sah, wie leer seine Augen geworden waren, seit Jimin weg war. Jungkook öffnete seinen Arm, denn während er am Grübeln gewesen war, hatte sich Lilly dafür entscheiden der ganz kleine Löffel zu sein und war vor ihn gekrabbelt. Jungkook zog die zierliche Frau, die noch dünner geworden zu sein schien, an sich und managte es irgendwie, beiden Geschwistern ein paar beruhigende Streicheleinheiten zukommen zu lassen.
"Hoseok ... verbirgt irgendwas", murmelte sie erstickt und Sorge schwang in ihrer Stimme mit. Jungkook nickte ins Dunkel und brummte leise zur Zustimmung. "Das Gefühl habe ich auch", meinte er vage und dachte darüber nach, "fast, als würde er sein eigenes Süppchen kochen. Ich hoffe, er ist okay." Lilly seufzte. "Er trauert", sagte sie und kuschelte sich etwas mehr an den jungen Mann, der hinter ihr lag.
"Wenn es wenigstens eine gute Nachricht gäbe", murmelte sie niedergeschlagen und Jungkook lachte leise. "Aber die gibt es", meinte er und sie drehte sich halb zu ihm um, um ihn im Dunkeln mit ihren großen, braunen Augen fragend anzuschauen. "Circaryas neues Gehäuse wird morgen fertig. Ich muss mich nur ranhalten, dann kann ich den Stick schon morgen Nachmittag..." Er unterbrach sich. "Noona, warum weinst du schon wieder?" Sie lächelte und er konnte sehen, dass es nicht nur aufgesetzt war. "Ich bin dir immer noch so dankbar..."
Nicht, dass sie darüber nicht schon mehrere Monologe geführt hätte, die dem Leser nur erspart geblieben sind und Jungkook teils im Kopf beantwortet, teils einfach demütig abgenickt hatte.
"Das war selbstverständlich, Noona", sagte der Schwarzhaarige sanft und Lilly drehte sich wieder von ihm weg. "Lass dir Zeit, Jungkook, du musst nicht hetzen. Du hast schon so viel getan." Jungkook lachte leise. Er wollte aber hetzen, denn Circarya musste wieder zurück in einen Körper. Seit sie wieder online war und wenigstens mit den anderen kommunizieren konnte, war es zwar besser, dennoch langweilte sich die Kleine zu Tode, das konnte sich doch keiner mit ansehen.
"Lilly?" "Hm?" Da war eine Sache, die Jungkook nicht losließ und wenn sie hier schon mal so zusammen lagen, dann konnte er es auch gleich ansprechen, auch wenn sie da auf Tae sicher viel eher hören würde. "Wenn du sie wieder bekommst, dann ... mach einfach keinen Scheiß, okay?" Lilly schwieg kurz und Jungkook konnte spüren, wie Tae ihn etwas fester an ihn zog. Wenn er eins nicht wollte, dann dass sein Mate wach wurde. "Was meinst du?", fragte die Ältere leise und Jungkook seufzte leise. "Das erkläre ich dir morgen im Detail. Ich will eben nicht, dass du noch mal so verletzt wirst. Doch für jetzt sollten wir vielleicht einfach schlafen, allein schon Tae zuliebe? Ist das okay?"
Die Grünlilie nickte geschafft und strich Jungkook über den Arm, um ihn zu bestätigen, dann wischte sie sich noch mal die Augen und versuchte, es sich ein wenig bequemer zu machen. Jungkook hoffte, dass sie es irgendwie schafften, alles zu verarbeiten. Dass sie alle durchhalten würden, nur noch ein kleines bisschen, bis es vielleicht besser wurde.
"Schlaf gut, Kookie", sagte Lilly leise und klang wenigstens etwas besser, zumindest wollte sich das der junge Mann gern sagen, um nicht allzu sehr hilflos zu sein, angesichts der ganzen Trauer, die sie alle aushalten mussten. "Gute Nacht, Noona", wisperte er zurück und stellte schon ein paar Minuten zufrieden fest, dass beide Geschwister schliefen.
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Curare - Teil II
FanfictionHatte der 23-jährige Koreaner Namjoon bis vor ein paar Wochen noch starke Zweifel an seiner mentalen Verfassung, weil seine Liebe der Grünlilie auf dem Fensterbrett galt, so war er nun von jeglichen Infragestellungen (das ist ligit ein Wort) seiner...