#211 Zurück nach Glosstone

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Estelle

Es war ein Segen, dass Yoongi noch immer lebte, doch Estelle machte sich auch Sorgen um den grummeligen König. Scheinbar ging es ihm besser seit ihrem Gespräch, doch er hatte ihr eingeschärft, dass sich sein Zustand jederzeit rapide ändern konnte. Nur weil seine Haare doch recht grün waren, hieß das nicht, dass das so blieb, auch wenn sowohl Estelle als auch Yoongi sehr überrascht waren, wie grün seine Haare waren. 

Trotzdem hatten seine Worte sie aufmerksam gemacht, fast schon angespannt, immer mit dem Schlimmsten rechnend, denn die Loss Intoxication war eine beschissene Bitch, die immer wieder von hinten angriff, ohne Rücksicht auf Verluste, gleich der Vergangenheit, die das auch tat.

Also Estelle also in den Thronsaal gerufen wurde, war sie mehr als nur nervös. Der König verlange nach ihr, es sei dringend, die solle sofort kommen. Allein schon die Art und Weise, wie aufgeregt der sonst so ruhige Chen war, ließ ihr Herz in Angst schneller schlagen. Es war also kein Wunder, dass sie trotz der Hitze rannte. Außer Atem kam  sie am Thronsaal an und stieß die beiden schweren Türen so gut sie konnte auf. Das war ein eher schwieriges unterfangen, denn die nicht mal eins sechzig große junge Frau brachte entsprechend wenig auf die Waage. 

Angestrengt irrte der Blick ihrer regenbogenfarbenen Augen durch den Saal und sie erblicke Yoongi am Holoteleponter. "Yoongi?", fragte sie gehetzt und er winkte sie ran. "Komm her!", antwortete er nur und deutete auf das Gerät. "Ich habe die Verbindung gerade wieder verloren, aber bestimmt ruft sie gleich noch mal an."

Estelle ging rüber zu dem König und atmete erst mal durch. "Es klang so ernst, ich hab gedacht, irgendwas ist mit dir", klagte sie ihn an und er grinste nur leicht. "Nur weil es wichtige ist, heißt das nicht, dass es zwingend um mich geht." Er schnappe sich die Hand der jungen Frau und zog sie zu sich ran. "Ihh, du schwitzt." Er rümpfte gespielt die Nase. Estelle verpasste ihm einen Schlag gegen die Schulter. "Idiot!", schimpfte sie und setzte sich kurzerhand auf den Schoß ihres... was waren sie eigentlich genau? Er hatte immer noch um ihre Hand angehalten, doch in dem neuen Kontext war das komisch, oder? 

"Okay, was ist es, für das du mich glauben lässt, du liegst im Sterben?", hakte sie nach und er schnaubte. "Das habe ich nicht getan, ich hab nur Chen geschickt, um dich zu holen, weil...", in dem Moment begann das Licht am Panel zu blinken. "Schau selbst." Er nahm den Anruf an und plötzlich bekam Estelle Blick auf eine Person, die ihr nur allzu vertraut war. 

"Was sitzt du schon wieder bei dem auf dem Schoß, für einen Spaß geht das langsam trotzdem zu weit!", beschwerte sich Königin Eleonoara und Estelle schossen die Tränen in die Augen. "Mama!", rief sie und schlug sich die Hände vor den Mund. Sie hatte so viel innerlichen Schmerz gelitten seit sie verschollen gegangen war und kaum noch die Hoffnung gehabt, jemals wieder was von ihr zu hören. "Mama, wo warst du? Wo hast du gesteckt?!  Geht es dir gut?" 

Die Königin lächelte gutmütig. Der 'Zorn' über die Sitzplatzwahl ihrer Tochter war zumindest im Moment vergessen. "Estelle", sagte sie sanft, "du hast deine Sache gut gemacht, ich bin stolz auf dich. Nachdem du das Chani in Gang gebracht und die Schmelzer herausgeschickt hast, konnten diese die Whrags einsperren. Es hat aber gedauert, bis die Geflohenen so weit zusammengefunden hatten, dass sie die Jagdfront wieder zusammenführen können. Ich war so lange in Baskerville, doch es gab Probleme, denn der Stützpunkt ist so schäbig, dass Nachrichten weder rein noch rauskamen. Wir saßen hier fest, denn wir sind unterirdische nach Baskerville rüber und mussten dann auch unterirdisch weiter nach Onica. Das hab ich auch gemacht und hier bin ich. Yeeay~" 

Sie grinste verhalten und verschränkte dann sie Arme. "Ich werde noch heute zurück nach Glosstone gehen, denn ich habe Nachricht darüber, dass die Jagdfront nach und nach alle Whrags umbringt. Ich hab noch nie so viele auf einmal gesehen. Es waren tausende, Estelle. Ich bin so froh, dass weder du, noch deine Geschwister hier waren." Estelle hörte sich das alles ruhig an. Dann nickte sie. "Ich bin froh, dass es dir gut geht. Ich habe alle anderen schon Kontaktieren können, aber keiner weiß, wo Soobin steckt." 

"Er ist bei mir. Ich werde ihn aber nicht mit zurück nach Glosstone nehmen, solange dort nicht aufgeräumt wurde." Trauer klang in ihrer Stimme mit. Wenn es tausende Whrags waren, die in die Festung eingefallen sind, gab es sicher zehntausende Tote. Ein schwarzer Tag für die Butterflys. "Er wird also in Onica bleiben bei Tharistan und Ellorie. Ich kann nicht glauben, dass ich noch eines meiner Kinder bei Landaren lasse, aber ich gewöhne mich langsam daran und es ist eigentlich gar nicht so schlimm. Es waren auch Landare die von allein den unterirdischen Weg von Onica nach Baskerville freigeschaufelt haben, weil sie sich gedacht haben, dass da vielleicht Butterflys sind. Ihr seid vielleicht doch nicht so übel."

Yoongi gab ein schmales Lächeln von sich und versuchte nicht allzu selbstgefällig zu sein, auch wenn das nur mäßig gelang. "Nein sie sich nicht so übel", bestätigte die Prinzessin und atmete durch. Ihre Familie hatte Glück im Unglück, doch das ganz für so viele andere nicht und das machte das Herz der jungen Prinzessin nur umso schwerer. 

"Ich mache mir nur Sorgen, um die Wirtschaft. Ich habe noch keine Zahlen gesehen", schnitt die Königin an und fuhr sich mit den Händen über die Augen. Sie sah müde aus, um Jahre gealtert und es besorgte Estelle. Ihre Haare waren auch deutlich kürzer. Nicht dass das nicht auch ein modisches Statement sein konnte, doch Butterflys schnitten ihre Haare auch dann, wenn sie in tiefer Trauer waren und Eleonoara war sehr nah mit ihren Gefühlen an ihrem ganzen Volk. Das, was passiert war, nahm sie mit. "Keine Sorge, Mama, ich habe mich darum gekümmert so gut es ging und Yoongi hat sehr dabei geholfen. Es ist alles im gelben bis grünen Bereich." Sie hatten hart dafür gearbeitet, zwei Königreiche im Blick zu behalten und die Exporte da wieder hinzubiegen, wo es eben ging. 

"Soll ich auch zurück nach Glosstone kommen?", fragte Estelle und stütze sich am Tisch des Holographen ab, um sich näher heranlehnen zu können. "Ich will auch helfen?" Die Königin schüttelte den Kopf. "Glosstone wird im Moment ein Bild des Schreckens bieten. Das will ich keinem meiner Kinder zumuten." Estelle schwieg einen Moment. "Aber ich werde irgendwann Königin sein", wandte sie ein. Königin Eleonoara neigte den Kopf. "Bist du dir da sicher, Estelle?"

Estelle schwieg kurz. Doch ihre Mutter ließ ihr  auch nicht lange Zeit zu überlegen. "Mein Kind, ich sehe genau, was bei euch los ist. Fällt dir eigentlich selbst auf, wie sehr er dich beruhigt? Yoongi, das nehme ich dir übel." Der König, der sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte, schnaubte nur leise. "Das ist Estelles Schuld." "Bitte was? DU hast MICH verführt", behauptete Estelle und Yoongi verdrehte die Augen. "Ich hab nichts gemacht, außer fast abzunippeln, aye~" Erstelle gab auf und ließ zurücksinken, um sich an ihn lehnen zu können. Sie könnte versuchen es zu leugnen, aber sie wollte auch gar nicht. "Keine Ahnung, wie wir das regeln, Mama", gab sie zu. 

Die Königin betrachtete ihre Nägel. "Also. Du wirst Königin von Curare und wir infiltrieren dadurch das Land und reißen uns ganz Curare unter den Nagel. Mein Plan funktioniert perfekt." Sie räusperte sich theatralisch und ließ dann die beste Bösewichtlache hören, die die Welt je gehört hatte. 

Doch das reichte leider weder, um Yoongi zu beeindrucken, noch Estelle.

"Ok, Mom", sagte Estelle. "Ist in Ordnung, Mom", setzte Yoongi einen drauf und Eleonoara zischte leise. Dann warf sie den Kopf in den Nacken und zog eine Augenbraue hoch.

"Ihr beide habt euch gegenseitig verdient!"



Curare - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt