Jimin
Jimin hasste es, das zugeben zu müssen, doch seit er Hoseok vor Erleichterung geküsst hatte, fühlte er sich... nicht per se nicht gut, aber er merkte, dass irgendwas nicht stimmte. Es war die eine Sache, wenn man sich was brach, oder wenn man verwundet war, denn dann wusste man immerhin, was einem fehlte, doch das hier... war anders.
Der junge Lotus machte sich Gedanken, denn so wirklich fassen konnte er nicht, was ihm fehlte und wieso seine Energie so verrückt spielte. Es ist nichts. Er versuchte sich selbst zu beruhigen. Doch zeitgleich beschlich ihn ein Gedanke, den er so noch nicht gehabt hatte, zumindest nicht, solange er sich erinnern konnte. Vielleicht sollte er Bob aufsuchen. Nur zur Sicherheit.
Allein, dass er freiwillig zu Bob ging, ließ eigentlich sehr tief blicken, denn an und für sich hatte der Lotus noch nie selbst eingesehen, wenn es Zeit war zu einem Heiler zu gehen, doch das, was hier mit ihm ablief, war merkwürdig, er konnte es nicht einordnen... es machte ihm Angst. Er verlor Energie. Es war nicht viel, aber doch an seinen Haaren bereits zu sehen und er fühlte sich auch ein wenig schwach. Es war nicht so, als würde er gleich umkippen, bei Weitem war es nicht so, doch es würde nicht weh tun, eine Meinung einzuholen.
Doch zunächst mussten sie schauen, dass sie Lilly auch wieder auf den Damm brachten. Jimin mochte sich gar nicht vorstellen, wie schwer sie unter dem Geschehen zu leiden hatte. Sie würde außer sich sein, wenn sie wieder aufwachte... falls sie wieder aufwachte. Wenn Jimin ehrlich mit sich selbst war, rechnete er nicht damit, dass sie die Nacht überleben würde, doch nur die Götter allein würden wissen, wie lange Namjoons Geist dem Odiomare stand halten konnte.
Dass das unmöglich war, zeigte die Tomatenpflanze, die Jimin noch immer mit sich rumschleppte und die ehrenvoll in den Garten der Verlassenden gepflanzt werden musste. Nur noch Ferrys Nachlass gefunden zu haben, war befremdlich und beinahe hätten sie die zarte Tomatenpflanze übersehen, doch Jimin hatte ihn doch noch bemerkt und den Nachlass mitgenommen, denn Ferrys verdiente eine Beisetzung.
Jimin brachte Ferrys' Nachlass in den Garten und machte sich dann erst mal auf den Weg, um Taehyung und Thannam zu finden. Irgendwer musste ihnen erzählen, was passiert war. Zu seiner Überraschung fand er die beiden bei Hoseok vor. Priest, der er war, hatte er die Beiden schon über Lillys zustand informiert und entsprechend besorgt wirkten die Beiden auch. Es half nichts, sie mussten abwarten, doch große Hoffnungen hatte Jimin nicht. Diese Familie würde wohl in der Nacht ein Mitglied verlieren.
Der Lotus näherte sich der Gruppe. Er gab seinem Mate noch einen innigen Kuss, der sich dieses Mal ganz normal anfühlte, bis auf die Tatsache, dass Hoseok ein wenig Energie springen ließ. Fragend sah der Orangehaarige den anderen an und Hoseok strich seinem Mate über die Wange. "Du siehst mehr als nur müde aus", äußerte er besorgt und Jimin nickte nur, ohne mit ihm darüber zu diskutieren. Er bemerkte es ja selbst.
Wortlos setzte er sich zu seinen Geschwistern und legte beiden die Arme um die Schultern. "Was wollen wir tun?", fragte er und Thannam biss sich auf die Lippe. "Ich würde sagen, dass wir abwechselnd bei ihr bleiben?", schlug sie unsicher vor und Taehyung nickte das ab. "Ich will nicht, dass sie allein ist", bestätigte er und Hoseok lächelte traurig. Diese ganze Situation war super beschissen. Selten war sich Jimin so machtlos vorgekommen.
Vielleicht passierte ja ein Wunder? Vielleicht hielt Namjoon ja durch? Sie brauchten einen deus ex machina*. Sie wussten nicht, wie sie mit dem Odiomare umgehen sollten, schon gar nicht, solange er Namjoon besetzte. Jimin schluckte schwer, denn er wollte sich wirklich nicht vorstellen, was sie wohl ohne Lilly machen würden. Hoffentlich hielt Namjoon durch. Hoffentlich entpuppte er sich als der deus ex machina, den sie brauchten. Nur wenn er überlebte, dann würde Lilly es auch tun.
Der Lotus stand auf und streckte sich. "Ich werde die erste Wacht übernehmen", sagte er und die anderen erhoben sich auch. Sie würden fürs Erste mitkommen, das war dem jungen Mann auch klar. Doch er würde wohl zuerst bei Lilly sitzen bleiben. Wenn sie jetzt eh in den Krankenflügel gingen, dann konnte er sich auch gleich eine Meinung von Bob einholen.
Zusammen gingen sie den langen Gang nach unten. Alles hier war so vertraut und dennoch war der junge Mann beunruhigt. Das alles setzte den Pathfinder unter Druck und als er sich durch die orangen Haare fuhr, stellte er fest, dass sie ganz feucht waren, als wäre er einen Marathon gelaufen. "Jimin ...", Jimins Kopf fuhr herum zu seinem Mate, der besorgt nach seiner Hand griff. "Was ist nur mit dir?", hakte Hoseok nach und Jimin schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht", antwortete er und ließ zu, dass Hoseok ihm wieder etwas von seiner Energie nach drüben schob.
Er seufzte auf. "Nicht so viel", wies er den Energizer an und Hoseok nickte, eher er den Blick senkte und weiter lief, seine Finger jedoch mit Jimins verschränkend.
Als sie auf der Station waren, suchten sie zuerst nach Bob. Der Mainhealer würde schon eine Antwort für sie haben, bis jetzt hatte er das immer gehabt. Sie fanden ihn recht bald, doch als sein Blick auf Jimin fiel, stutzte er. "Irgendwas stimmt nicht mit deiner Energie", stellte er fest und Jimin nickte nur müde. "Darum kümmern wir uns gleich", antwortete der Lotus ergeben, "Zuerst... sag uns was mit Lilly ist."
Bob seufzte. "Es geht ihr soweit ganz gut. Sie schläft, aber wir wissen alle, dass das auch nicht wirklich das ist, worum wir uns Sorgen machen. Wir werden sehen, wann sie aufwacht und was dann passiert." Jimin nickte, dann könnte er fühlen, wie Hoseok seine Hand etwas drückte. Er liebte diesen Mann, das war kein Witz. "Kommst du?", fragte Bob und Jimin nickte. Nicht mal ein jimintypischer, flapsiger Spruch kam über seine Lippen. Er konnte selbst nicht mal sagen, wieso, aber nach alledem hatte er einfach keine Stimmung dazu.
"Ich komm mit", schaltete Hoseok sich ein und Bob drehte sich um. "Ich denke, das schafft er schon", meinte er mit einem gutmütigen Lächeln. "Lass ihn ruhig mit reinkommen", lenkte Jimin gegen und Bob zuckte mit den massigen, breiten Schultern. "Ihr zwei", sagte er nur und winkte sie hinter sich her.
Als sie in den Behandlungsraum kamen, stellte Jimin fest, dass es der gleiche war, in dem er Hoseok das erste Mal gesehen hatte, damals mit seiner ausgekugelten Schulter**. Er lachte leise und begegnete Hoseoks Blick, der das nur mit einem wohlwollenden Lächeln abwinkte. Es war nicht das erste Mal, dass sie in dieser Konstellation in dieses Zimmer zurückkehrten, doch der Lotus wurde immer wieder nostalgisch.
Er setzte sich auf die Liege und Bob reichte ihm erst mal zwei Flaschen EEP. "So Schlimm?", hakte der junge Mann nach und Bob schüttelte den Kopf. "Nur zur Sicherheit." Jimin nahm ihm die Phiolen ab und trank sie beide aus. "Wieso verliere ich Energie?", fragte er und Bob sah ihn besorgt an. "Ich weiß nicht, erzählt mir genau, was passiert ist." Der junge Mann überlegte, doch irgendwie schien nichts von dem, was er erlebte, einen Auslöser darstellen zu können.
"Check auch Hobi", forderte Jimin leise, "der Odiomare hat ihn angegriffen." "Mir geht es aber gut", meinte der Priest und strich Jimin durchs Haar. "Ist das meine Schuld?", fragte er, aber es schien wie ein lauter Gedanke. "Ist das nicht so, seit du mich geküsst hast?" Jimin blinzelte. "Ich... schon, aber das kann Zufall sein." Bob beobachtete die beiden. Hinter seiner Stirn schien es zu rattern, doch auch er schien zu keinem Ergebnis zu kommen.
"Ich schlage vor, dass du heute Nacht in die 28 gehst", meinte Bob erstmal nur und Jimin nickte das ab. Er biss sich auf die Lippe. Er fühlte sich noch recht fit, normalerweise würde er widersprechen, doch die Worte kamen einfach nicht über seine Lippen. "Also doch keine Wacht für mich", murmelte er und sein schlechtes Gewissen begann bereits ihn aufzufressen. Die Sorge um Lilly war kein Witz, doch er wusste, dass Thannam und Tae auf sie aufpassen würden.
"Wir müssen doch irgendwas für ihn tun können", murmelte Hoseok fast schon neben sich stehend und ging durch die dunkler werdenden Haare des Lotus, der es jedoch weglächelte. "Mach dir keine Sorgen, Pabo, es ist nur Energie. Drüben gibt es EEP und ich kann da ins Wasser", beschwichtigte Jimin Hobi sanft und begann ihm in den Haaren zu spielen. "Das wird schon." Bob nickte. "Wir werden ihn beobachten", versprach er, "es wird ihm nichts passieren."
Jimin nickte nur.
*deus ex machina = der Gott aus der Maschine - Beschreibt eine völlig unerwartete Rettung in letzter Sekunde, oft einfach nur durch einen Zufall
**siehe Vicarli
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Curare - Teil II
FanfictionHatte der 23-jährige Koreaner Namjoon bis vor ein paar Wochen noch starke Zweifel an seiner mentalen Verfassung, weil seine Liebe der Grünlilie auf dem Fensterbrett galt, so war er nun von jeglichen Infragestellungen (das ist ligit ein Wort) seiner...