#203 Willkommen Zuhause, du bist jetzt frei

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Lilly

Lilly hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, ob es irgendwie medial sein könnte, wenn sie Dinge einfach spürte. Den Tod ihres Vaters hatte sie kommen fühlen, sie hatte gespürt, als sie die Welten hatte  wechseln müssen, so oft hatte sie Dinge, dir ihr niemand gesagt hatte, einfach schon gefühlt. 

Auch jetzt spürte sie den Verlust, auch wenn sie noch nicht mal ihre Augen geöffnet hatte. Sie roch die Erde um sie herum, sie war also in einem der Zimmer für Zimmerpflanzen. Die Temperatur war genau angenehm und irgendwer hatte die Sonnenlampe angemacht, um ihr Licht zu spenden, damit sie besser heilen konnte, doch all das half nicht darüber hinweg, dass sie weinte, auch wenn sie noch nicht mal ganz da war. 

"Lilly?"

Die Grünlilie schluchzte. Es war also schon mal nicht Tae. Taehyung war noch hier und das, obwohl seine Energie so tief gesunken gewesen war. Nur deswegen waren sie und Hoseok losgezogen richtig? Sie erinnerte sich dunkel, wie dieser ganze Albtraum angefangen hatte. War es ihre Schuld? Hätte sie nur ein wenig warten müssen? Ganz offensichtlich haben Tae und Kookie es ohne ihre Hilfe geschafft. 

Also war das alles ihre Schuld. 

Namjoon ... 

Mühsam schlug sie die Augen auf und griff nach der Hand ihres Bruders und das mit einer Kraft, die sie selbst überraschte. "Wer?", brachte sie hervor. "Lilly, ruh dich erst mal aus, du musst wieder zu Kräften... " 

"Taehyung! Wer?" Der Flieder senkte den Blick. Seine Schultern fielen herab, als er erkannte, dass es keinen Sinn machte, so zu tun, als sei alles okay und alle seien in Ordnung. Er schluckte schwer und erwiderte den Griff an ihrer Hand, als seine Augen sich mit Tränen füllten. 

"Jimin", brachte er hervor und der Schmerz, der sie beide verband, traf Lilly mit voller Wucht. Sie schluchzte auf. "Hoseok? Yoongi?", fragte sie und versuchte sich aufzusetzen, was Taehyung jedoch vereitelte, indem er sie zurück in die Kissen drückte. Er wusste, was sie brauchte und entsprechend war er nicht eine Sekunde später zu ihr ins Bett gekrabbelt und nahm sie in den Arm. "Noch nicht", sagte er leise. 

Lilly weinte und sie konnte sich auch kein bisschen dabei zurücknehmen, darin war sie nie gut gewesen. Warum Jimin? Wieso? Sie musste an seine Haare denken. Was war mit ihm passiert, nachdem sie abgeklappt war? Was hatte der Odiomare ihm angetan? 

"Das ist alles meine Schuld. Wenn ich euch vertraut hätte, dann wäre ich nie mit Hobi los und ich wäre nicht gefangen genommen worden und dann wäre Jimin jetzt noch... und ... Namjoon ..." "Shh", Tae strich seiner Schwester durch die langen grünen Haare, die auch besorgniserregend dunkel waren, denn ihr Mate fehlte ihr, ihr Haushalt war im Arsch und der Verlust machte sie fertig. "Es ist nicht deine Schuld. Wenn du nicht angegriffen worden wärst, dann hättest du mich und Jungkook genau in letzter Sekunde gerettet, du hast genau richtig gehandelt, kleine Schwester. Lilly, du hast alles richtig gemacht, Schuld ist der Odiomare, der dich angegriffen hat. Woher solltest du das wissen?" 

Lilly schluchzte. "Ich weiß doch... sonst.... immer alles", brachte sie hervor und konnte sich kaum mehr beruhigen. "Was ist mit Circarya?", fragte sie verzweifelt und ihr Herz zog sich zusammen, als sie an die schwarze Rauchsäule dachte, die sie die ganzen Tage über versucht hatte zu verdrängen. "Es geht ihr gut! Eine schreckliche Geschichte doch Jungkook entpuppt sich immer wieder als Zauberer. Er hat auch Suppenlöffel wieder hingekriegt, nachdem er zerbrochen ist." 

Erschöpft legte Lilly den Kopf an die Halsbeuge ihres Bruders und versuchte sich zu beruhigen, doch mit jedem Gedanken kamen frische Tränen. Was sollten sie machen ohne Jimin? Sie vermisste den quirligen Lotus schon jetzt so schmerzlich. Ohne ihn würde alles leerer sein, kälter, farbloser. Sie alle brauchten Jimin und dass er nicht mehr da sein sollte, war ihr einfach unbegreiflich und ein Teil von ihr wollte das auch gar nicht akzeptieren, hoffte, dass das alles nur ein makaberer Scherz war und dass sie sich alle irrten, dass er gleich durch die Tür kam und sie auslachte, weil sie sie dran gekriegt hatten, doch sie wusste, dass das alles nicht passieren würde.

Curare - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt