Namjoon
Das einzige was Namjoon mit Sicherheit sagen konnte war, das Lilly noch lebte. Würde sie es nicht tun, dann würde er das bemerken und wahrscheinlich würde es das Letzte sein, was er bemerkte, bevor es ihn einfach dahin raffte. Er brauchte seine Mate. Er brauchte Lilly mehr als alles andere.
Namjoon versuchte stark zu sein, auch wenn ihm nicht danach war und er nicht wirklich wusste was er mit sich anfangen sollte. Doch Panik zu schieben brachte niemanden was, vor allem nicht Lilly. Letztendlich waren sie in der Bibliothek gelandet um irgendwie herauszufinden, ob man über die Matebindung seinen Mate irgendwie finden könnte, doch die Stimmung in der Bibliothek war dunkel und bedrückend, was nicht zuletzt daran lag, dass eben auch Hoseok fehle, der die Räumlichkeiten sonst allein durch seine bloße Anwesenheit mit Wärme und Frieden füllte.
"Hast du was interessantes gefunden?", hörte Namjoon Thannam fragen, die unweit von ihm mit einem Buch in der Hand da stand, doch Namjoon schüttelte nur gestresst den Kopf. "Es muss doch irgendwas geben?" Namjoon setzte sich auf eines der Sofas, die in der Bibliothek rumstanden und verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Im Moment war einfach alles eine Katastrophe. Wie hatte es so weit kommen können? Wäre das zu verhindern gewesen? Namjoon wusste, dass es irrational war, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass das alles seine Schuld war. Er hätte Lilly nicht gehen lassen dürfen. Was sollten sie jetzt tun?
Namjoon spürte wie Thannam sich neben ihn setzte. Zu seiner Überraschung lehnte sich die sonst so unnahbare Rose an ihn und schlang die Arme um seine Mitte. Namjoon wandte sich ihr zu, um sie besser an sich drücken zu können. "Warum immer Lilly?", hörte Namjoon sie tonlos fragen und seufzte. "Ich hab keine Ahnung." Mehr konnte er dazu auch nicht sagen und Thannam wusste das so gut wie er selbst. Sie schien auch sonst keine Antwort zu erwarten, denn sie verbarg nur ihr Gesicht an seiner Schulter und sagte nichts.Sie verharrten eine Weile so. Thannam Anwesenheit war seltsam beruhigend und wahrscheinlich hatten sie einfach die nächsten zwei Stunden so da gesessen - aneinander geklammert, wie zwei Ertrinkende - wäre nicht Jin in die Bibliothek gekommen. Namjoon hob den Blick und sah den Älteren an. "Hey, Jin", grüßte er ihn müde. Jin hatte einiges auszustehen, denn nicht nur, dass seine Mate totunglücklich war, so fehlte ihm auch noch seine Counterpart. Jin hielt auf die beiden zu und legte sich einfach quer über die beiden drüber. "Hab ihr hier noch Platz für mich?", fragte er und klang dabei so müde, wie Namjoon sich fühlte.
Er und Thannam nahmen Jins Aktion mit einem synchronen Ächzen zu Kenntnis und ließen ihn machen. Irgendwie war inzwischen auch alles egal, dann konnten sie auch unter Seokjin begraben werden. Dieser merkte schnell, dass es doch recht unbequem war über die Schösse von zwei anderen Personen zu liegen und gesellte sich schließlich an Thannams Seite. Dann sagte erst einmal niemand was. Sie waren schon ein trauriger Haufen. Gelähmt, verloren, antriebslos und verstummt.
"Wir finden keine Lösung", sprach Namjoon den Gedanken, denn sie im Grunde alle hatten, aus, "ich hatte wirklich gelaubt, ich würde Lilly irgendwie erreichen können, einfach weil wir Mates sind, aber wir haben nichts darüber gefunden. So was scheint nichts zu existieren." Niedergeschlagen rieb er sich mit den Händen übers Gesicht und ließ sie dort verharren. Er fühlte sich, als hätte er als Mate versagt. Er hatte sie gehen lassen. Er hätte ihr sagen sollen, dass sie bleiben soll.
"Es ist nicht deine Schuld", hörte er Thannam sagen, doch so wirklich wahrhaben wollte er es nicht. Natürlich war es seine Schuld. Das es nicht ganz rational war, das zu glauben, wusste er selber, aber wehren konnte er sich auch nicht dagegen. Namjoon hörte wieder wie die Tür aufging, doch er machte sich nicht die Mühe zu schauen wer es war, das würde er ohnehin noch schnell genug mitgekommen. "Namjoon." Was sagte er? Das war Taehyung. "Er hat sich gemeldet." Namjoon sah auf. "Der Entführer?" Stille legte sich über den Raum. Taehyung nickte und rieb sich den Nacken. "Es ist Ferrys. Oder das was von ihm über ist", sagte Taehyung leise und Namjoon versuchte zu begreifen, was das zu bedeuten hatte.
Was wollte der Odiomare von Lilly? Nichts. Also was wollte der Odiomare von ihm?
"Lass mich raten: Er will nur mit mir reden", vermutete Namjoon und Taehyung nickte. Namjoon stand auf. "Hat er das Holopanel erreicht?", fragte er und Taehyung nickte nur wieder. Namjoon seufzte und setzte sich in Bewegung. Schnellen Schrittes und gefolgt von den anderen verließ Namjoon die Bibliothek und machte sich auf den Weg zum Thronsaal, doch schon davor wurden sie von Yoongi gestoppt. Der Stevia lehnte vor der Tür und begrüßte sie mit den Worten: "Namjoon sollte alleine rein gehen."
Namjoon warf einen Blick durch die Runde und sah dann wieder zu dem König. "Bist du dir sicher?", wollte er wissen und Yoongi nickte. "Solange da Leute sind, die er nicht dabei haben will redet er so einen Stuss, dass einem schlecht wird. Ich bin schon ganz Banane im Kopf und meine Ohren bluten, aber dafür weiß ich jetzt, wie sich wie sich Ringelwürmer seiner Meinung nach fortpflanzen." Namjoon seufzte. Ihm war alles egal, wenn er nur Lilly wieder haben konnte, doch das war sicher nicht der Plan des Odiomare.
"Ich schau mir das mal an", meinte er und stieß die Tür auf. Ohne Umschweife stellte er sich vor das Panel und sah seinen gegenüber an. Ferrys hatte sich verändert und die Feststellung irritierte Namjoon. Nach der Sache mit Chen hatte er sich so gut es ging über Odiomare schlau gemacht und in der Regel kopieren sie den, in dem sie steckten. Sie hatten keine eigene Persönlichkeit. Doch das da war nicht mehr Ferrys. Offensichtlich hatte dieser Odiomare sehr wohl eine eigene Persönlichkeit und diese befasste sich wohl gerne mit Ringelwürmern und schenkte ihm ein gefährlich freundliches Lächeln.
"Da bist du ja endlich", begrüßte ihn der Odiomare und Namjoon schenkte ihm nur einen kühlen Blick. "Was willst du?", fragte er. "Oh, der Herr mag keinen Smalltalk und kommt direkt zum Punkt. Ein bisschen wie seine Lady, ihr passt so gut zusammen", äußerte sein gegenüber und betrachtete unbeeindruckt seine Fingernägel, bevor er den Blick wieder hob und in den Namjoon bohrte. "Nun gut, machen wir es kurz." Ein weiteres lockeres Lächeln zierte das Gesicht des Odiomares. "Du willst etwas und ich habe es", meinte er süßlich und Namjoon hätte ihn am liebsten über den Tisch gezogen, allein für die Tatsache, dass der Odiomare Lilly als 'es' bezeichnete. "Und ich bin ja auch kein Unmensch... -landare?... -odiomare...?" Er wedelte ungeduldig mit der Hand. "Wie auch immer. Ich lade dich ein. Ich werde dir ein kleines Rätsel stellen, was für die meisten von den Vollidioten dort zu hoch sein wird, aber du bist ja zum Glück ein Genie. Du wirst es lösen und dann kommst du zu mir. Allein. Und du solltest dir nicht wagen mich verarschen zu wollen. Ich habe meine Augen und Ohren überall."
Namjoon biss die Zähne zusammen. "Und was, wenn nicht?", fragte er und sein Gegenüber verdrehte gutmütig die Auge. "Müssen wir da wirklich hingehen, Namjoon?" Er seufzte gekünstelt. "Ich kann Lilly vielleicht nicht töten, weil du hier ja irgendwann mal ankommen sollst, aber ich kann ihr weh tun und noch viel schöner: Ich habe hier den sensiblen, süßen Energiezapfhahn. Dem kann ich noch viel mehr weh tun, wenn ich brauche ihn nicht unbedingt und dabei springt auch noch was rum." Er zeigte ein Daumen nach oben. "Also alles klar? Du solltest dir nicht zu viel Zeit lassen, wer weiß was passiert, wenn ich Langeweile bekomme."Namjoon biss die Zähne zusammen. Was sollte er bitte tun? Den anderen davon erzählen und es drauf ankommen lassen? Namjoon wollte das Risiko nicht wirklich eingehen, weder für Hoseok noch für Lilly. Namjoon saß bereits jetzt in einer Zwickmühle. "Warum ich?", knurrte er und der Odiomare schenkte ihm einem abfälligen Blick und schnalzte mit der Zunge. "Du bist nicht dämlich, Namjoon", sagte er und legte auf. Nein. Namjoon war nicht dämlich.
Er wusste genau was der Odiomare von ihm wollte.
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Curare - Teil II
FanfictionHatte der 23-jährige Koreaner Namjoon bis vor ein paar Wochen noch starke Zweifel an seiner mentalen Verfassung, weil seine Liebe der Grünlilie auf dem Fensterbrett galt, so war er nun von jeglichen Infragestellungen (das ist ligit ein Wort) seiner...