Ein durchdringendes Pfeifen erklang. Mit einem schwerfälligen Seufzen erhob ich mich und schlenderte, gemeinsam mit meinem Bruder, die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. "Wir bleiben zusammen, ja?" Überrascht sah ich zu Diego, der etwas besorgt schien. Klar, die Gerüchte hatten uns, vor allem ihn, geprägt weshalb wir sie stets im Hinterkopf behielten, aber dennoch sprach ich meine Besorgnis nicht aus. Ich wollte ihn nicht verunsichern und vor dem restlichen Rudel nicht als schwach erscheinen. "Natürlich." Versicherte ich ihm mit einem Nicken und wir verließen das Wohnhaus. Wie bei der Army standen die einzelnen Rudelmitglieder aufgereiht nebeneinander und sahen den Alpha ernst an. Da Zachary uns keines Blickes würdigte taten wir es den Anderen gleich und reihten uns ein. Es wirkte ziemlich lächerlich ein Rudel so zu drillen, wie es normalerweise in Eliteeinheiten der Fall war, aber andererseits konnte man ansonsten wohl kein Rudel, einzig bestehend aus Rüden, halten. "Wir haben zwei Neulinge. Sie sind nur für ein Jahr bei uns, also gewöhnt euch nicht zu sehr an sie." Machte Zachary mit ernster Mine klar und ließ seinen Blick durch das Rudel schweifen. Einer der Jungen, laut seiner Zimmertür hieß er Milow, leckte sich schief grinsend über die Zähne. Er schien einer der Jüngsten zu sein. Zumindest deutete seine kindische Reaktion darauf hin. "Ihr habt freie Hand." Fuhr Zachary fort, immer noch ohne jegliche Gefühlsregung in Mimik und Stimme. "Aber wenn ihr die Grenze überschreitet bekommt ihr es mit mir zu tun." Der knurrende Unterton drohte mehr als es jede Form von Gestik hätte ausdrücken können. Jedem war klar, dass mit ihm nicht zu spaßen war und er vermutlich der Letzte war, der einen verschonte. Dennoch bezweifelte ich, dass sich das Rudel auch in seiner Abwesenheit benahm. Und ich sollte Recht behalten. Gerade als Zachary das Gelände verlassen hatte wurde aus den disziplinierten Rüden ein Pulk von hormongesteuerten Vollspasten, die uns einkreisten und gründlich begutachteten. Diego und ich standen Rücken an Rücken, während er drohend knurrte und ich diese ziemlich unangenehme Situation über mich ergehen ließ. "Und ich dachte schon, wir bekommen nie eine Luna." Verkündete Milow begeistert und hielt mir die Hand hin. Skeptisch musterte ich ihn, bevor ich seine Hand ergriff und die anderen zu knurren begannen. Milow zog mich ein Stück zu sich und grinste schief. "Meine Tür steht für dich jederzeit offen." Hauchte er und ich verzog angewidert das Gesicht. Ehe ich jedoch reagieren konnte drängte Diego sich zwischen uns und knurrte Milow selbstsicher an. "Bei mir steht für dich jederzeit auch etwas offen. Meine Faust." Ein Raunen ging durch die Rüden, während Milow nur über den 10 Jährigen lachte. Wer hätte das nicht? Selbst ich unterschätzte meinen Bruder hin und wieder, da tat Milow es natürlich erst recht. "Zeig doch was du drauf hast, Kleiner." Forderte er meinen kleinen Bruder heraus, der das Wort "kleiner" auf den Tod hasste und allein deswegen die Herausforderung annahm. "Das ist keine gute Idee." Raunte ich ihm zu, doch Diego war fest entschlossen seinem Gegenüber eine Lektion zu erteilen. Einer der Jungen, um genau zu sein Cody, zog mich zurück, sodass ich genügend Abstand zu den Raufbolden hatte, die knurrend um einander herum schlichen, ehe sie sich verwandelten und mich eine Gänsehaut heimsuchte. Wieso musste mein kleiner Bruder nur so verdammt leichtsinnig sein? Milow zerriss ihn doch in Stücke! Eben weil ich das befürchtete machte ich mich bereit eingreifen zu können und beobachtete die beiden Wölfe dabei, wie sie auf den jeweiligen ersten Schritt des Anderen warteten. "20 Mäuse auf Milow." Wendete Joshua sich an Jayden, der noch einmal einen prüfenden Blick auf die Raufbolde warf, ehe er die Hand zum Einschlagen hob. "20, auf den Kleinen." Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf meine Lippen, als ich davon mitbekam und die Jungen ihre Wette mit einem Highfive besiegelten. Jayden schien eine hervorragende Menschenkenntnis zu besitzen, ansonsten wäre er niemals so naiv gewesen um auf einen 10 Jährigen zu wetten. Aber genau dieser 10 Jährige hatte eine gehörige Portion Mut und Können. Wie zu erwarten griff Milow zuerst an, sprang jedoch ins Leere, da Diego gekonnt auswich. Amüsiert über das naive Handeln seines Gegners zog er die Lefzen hoch. Verärgert stieß Milow ein Knurren aus, stellte die Nackenhaare auf und setzte zum nächsten Schlag an. Dieses Mal erwischte er seinen deutlich jüngeren Gegner und zog ihn zu Boden. Dieser legte sich wimmernd auf den Rücken und unterwarf sich. "Sag ich doch." Brummte Joshua seinem Wettkameraden zu, der etwas enttäuscht drein sah. Ich schmunzelte nur wissend. Mit dieser Taktik hatte Diego sich bisher immer durchgeschlagen. Und so wartete er nur auf den Moment, in dem Milow seinen Blick durch das Rudel schweifen ließ um sich selbst feiern zu lassen, um einen Wendepunkt hervorzurufen. Blitzschnell verbiss er sich in der Kehle des Wolfes, der noch immer über ihm stand und erfreute sich an dem schmerzverzerrten Winseln seines Gegners. Eben genau dieser wich einige Schritte zurück und gewährte somit dem Kleinen das Aufstehen. Knurrend standen die Beiden sich gegenüber. Milow versuchte ihn mithilfe von Blicken niederzustarren, scheiterte allerdings kläglich. Mit hoch getragener Rute stand Diego da und knurrte drohend. Und dann geschah es, wie aus dem Nichts sprangen beide Wölfe gleichzeitig aufeinander zu und verbissen sich bereits im Sprung ineinander. Es ging alles so schnell, dass ich gar nicht mitbekam, wie Diego seinen deutlich älteren Gegner zu Boden ziehen konnte und seine Zähne drohend aufblitzen ließ, während sein Maul an der Kehle seines Gegners lag. "Sag ich doch." Schmunzelte Jayden und wuschelte Joshua lachend durch die Haare, ehe er sich von der Gruppe entfernte und der Kampf vorbei war. Innerhalb eines Kampfes hatte mein kleiner Bruder klar gemacht was er drauf hatte. Ein riesiger Schritt in Richtung Respekt.
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The Alpha And Me
Werewolf"Es gab Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte, bis sie sich einem öffneten. Es gab Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten und dann gab es noch die Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstellte mit ihnen jemals auch...