"Ich verstehe das alles nicht. Was verheimlicht ihr mir?" Jammerte ich klagend und sank in mein Kissen hinein. Seit Stunden dachte ich nun schon über Ethans Satz nach, doch weder er noch Logan klärten mich auf. Natürlich nicht, schließlich war das Leben unfair und das musste man mir unter Beweis stellen. Was war so schlimm daran, mich in die Geheimnisse des Rudels einzuweihen? Ich meine, so schlimm konnten sie nun wirklich nicht sein. "Du bist ein Spießer." Maulte ich, in der Hoffnung Logan würde sich endlich weichklopfen lassen, doch Fehlanzeige. Der Dunkelhaarige blieb stur. "Was ist eigentlich mit eurer Wette? Zählt die überhaupt noch?" Fragte Diego, während er am Fenster saß und die Sterne am Himmel beobachtete. Er kam ganz nach mir. "Ich wollte sowieso nie Alpha sein." Seufzte ich, zog die Decke über meinen Kopf und schloss die Augen. Nach nichts anderem sehnte ich mich in diesem Augenblick mehr, als im Wohnzimmer mit meinem Rudel zu sitzen und ein Gesellschaftsspiel nach dem anderen zu spielen. Gemeinsam zu lachen und zu feiern, als gäbe es kein Morgen. Die Verbundenheit der Familie spüren. "Wir können gehen. Niemand hält uns auf." Mischte sich mein kleiner Bruder wieder einmal in meine Gedanken ein, doch verärgerte mich damit ausnahmsweise nicht. Er sprach das aus, was ich mir wünschte. Einfach fort gehen. Wieder zurück in unser Rudel, das uns liebte, so wie wir waren. Keine Gewalt. Kein Hass. Warum hier bleiben? Für was? Keiner konnte uns dazu zwingen. "Vielleicht wäre es das Beste." Diego nickte energisch und wäre vermutlich am liebsten sofort aufgesprungen und davon gelaufen, aber ich konnte nicht ohne weiteres fort. Sie waren mir ans Herz gewachsen. Selbst Joshua hatte sich mit seiner urigen Art irgendwie einen Namen bei mir gemacht. Dann konnte ich nicht einfach weglaufen und so tun, als wäre ich nie hier gewesen. Das konnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.
Ethan POV:
"Ich wollte sie nicht verletzen." Knurrte der Blonde mir energisch zu, ehe er sich mit seinen Händen an der Veranda abstützte und mit leerem Blick auf den Hof sah. "Das hast du aber." Ein Seufzen seinerseits, verpackt in ein verärgertes Knurren zeigte deutlich seine Verzweiflung. Er ahnte, worauf das Ganze hinauslaufen würde und versuchte genau das mit jeglicher Mühe zu verhindern. Dass seine Methoden das Gegenteil hervorbrachten trieb ihn zur Weißglut, was nicht selten zu dem ein oder anderem Wutausbruch führte. "Du hast keine Ahnung, wie schwer es ist. Du hast keinen blassen Schimmer, was es bedeutet, ich zu sein!" Er schaute mich nicht an, natürlich tat er das nicht. Sobald seine Augen meine trafen, würde in ihm das Verlangen derart ansteigen, dass er nicht dazu in der Lage war, es zu bändigen. Oft genug hatte ich diesen Zustand miterleben müssen. Oft genug war ich derjenige gewesen, der ihn vor schlimmeren bewahrt hatte. So lange, bis er Techniken entwickeln konnte, um sich selbst zu beherrschen. Zumindest in den meisten Fällen. Wenn er sich beherrschen wollte. "Ich habe nie behauptet, dass ich es tue. Ich stehe dir nur beiseite." Versicherte ich Zachary, dessen Finger sich in dem Gelände der Veranda verkrallten. Er kämpfte mit sich, ging gegen sein Verlangen an. Wieder und wieder war sein bedrohliches Knurren zu hören, das seinen innerlichen Kampf nach außen trug. Es wunderte mich nicht, wenn er sich jeden Augenblick umdrehen würde und mir an die Kehle sprang. Wenn er erneut den Kampf gegen sich selbst verlor. "Und was soll das bringen? Ich brauche keinen Schoßhund, der mir die Lefzen leckt!" Ich seufzte, lehnte mich an die Hand des alten Wohnhauses und gab es ein weiteres Mal auf, Zachary zu helfen.
"Sie wollen gehen." Erklang eine Stimme aus dem Dunkeln und ich brauchte einen Augenblick, bis ich diese Joshua zuordnen konnte, der über den Hof schlenderte und schließlich auf der Veranda stehen blieb. "Was schaut ihr mich so an? Kann ich etwas dafür, dass die Stadtkinder zu verweichlicht für uns sind? Ich denke nicht." Er wollte gerade durch die Tür ins Haus verschwinden, da packte ich ihn am Arm. "Woher weißt du das? Und wehe du lügst mich an, Straßenköter." Übernahm Zachary das Reden und bohrte seine Finger in die Kehle seines Gegenübers. Der hob beschwichtigend die Hände und schluckte mühselig, bevor er antwortete. "Lauschen ist nun einmal eine meiner Stärken." Sein amüsiertes Lächeln hinterließ eine provozierende Geste, ehe er sich aus dem Griff befreite und im Haus verschwand. "Du musst reinen Tisch machen. Entweder jetzt, oder nie." Hilflos sah mein Gegenüber mich an. "Ich kann nicht." Versicherte er mir, woraufhin ich bloß energisch mit dem Kopf schüttelte. "Vielleicht nicht, aber du wirst es müssen. Außer du willst sie gehen lassen, dann hast du dein Ziel erreicht."
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The Alpha And Me
Werewolf"Es gab Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte, bis sie sich einem öffneten. Es gab Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten und dann gab es noch die Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstellte mit ihnen jemals auch...