Chapter 95

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Diego POV:

Meine Augen füllten sich mit Tränen, die sowohl von Enttäuschung als auch von Wut gefüllt waren. Gekränkt fletschte ich die Zähne und baute mich drohend vor ihm auf. "Deine Schwester hat mich zum Tode verurteilt. Der Biss wird mich eines Tages qualvoll hinrichten. Nur ihr Tod wird meinen verhindern." Seine Lefzen lockerten sich, die messerscharfen Zähne verschwanden hinter ihnen und seine Augen trugen einen erschrockenen Schein in sich, als hätte er davon noch nie gehört. Er wusste davon, was um ihn herum geschah. Er wollte es nur nicht wahrhaben, er verdrängte es mit allen, für ihn verfügbaren, Mitteln. "Noah, es wird Krieg geben, ob wir wollen oder nicht. Du musst dich entscheiden auf wessen Seite du stehst." Er trat einen Schritt zurück, sah mich überfordert an und senkte den Kopf. "Du hast die Wahl. Willst du wirklich ein Mörder sein?" Ich legte mich hin, um auch die letzte Spannung unserer Begegnung entweichen zu lassen und seufzte erleichtert. Es fühlte sich wieder gut an, die Angst war verflogen und die Augen meines besten Freundes schimmerten wieder freundlich und unschuldig, wie ich es von ihm gewohnt war. "Ich wäre ein Verräter. Sie würden mich den Rest ihres Lebens jagen." Er wirkte so schwach und verloren. Seine Augen waren glasig und sahen mich hoffnungslos an, während seine Ohren schlapp herunter hingen. Vor mir stand kein Wolf oder gar ein Diener Luficers. Vor mir stand ein traumatisierter, verängstigter und hoffnungsloser Hund, der all die Jahre vergeblich sein Zuhause gesucht hatte.

"Ich werde dich beschützen. Tag und Nacht, bei Krankheit oder in den schwersten Zeiten. Ich verteidige dich bis zum letzten Atemzug, Noah. Niemand wird dich je wieder verletzen." Ich legte meinen Kopf zwischen den Vorderpfoten ab und wedelte aufmunternd mit dem Schwanz. Noah winselte, doch erwiderte nichts, was ich als klare Antwort hätte deuten können. "Man verteidigt diejenigen, die man liebt ganz gleich welchem Rudel sie angehören. Ich habe mich schließlich auch durch das Revier deines Rudels gewagt nur um dich zu finden. Du bist mein bester Freund und an diesem Ort der Einzige, dem ich vertraue." Noah hob den Kopf und wedelte sanft mit dem Schwanz, woraufhin ich mich auf den Rücken drehte und ihm meinen Bauch zeigte. Ein deutlicheres Friedensangebot konnte er von einem Wolf nicht bekommen und er nahm es an, trat zu mir heran und stupste mich vorsichtig an. Erleichtert stieß ich ein Winseln aus und ließ mich von ihm in ein kurzes Spiel verwickeln. Ich hatte meinen besten Freund zurück. Uns konnte niemand mehr trennen. Ich hatte etwas erreicht, woran keiner der anderen geglaubt hatte.

Ich erstarrte. Das Blut in meinen Adern gefror und meine Augen zeichneten panische Angst. Das Heulen, das aus der Ferne erklang verhieß nichts Gutes und unterbrach unser Spiel so abrupt, dass ich um mein Leben fürchtete. Wir waren aufgeflogen. Es musste einer der Wölfe vom Gipfel sein, der sein Geheul und damit auch eine Warnung aussprach. Die friedlichen, überglücklichen Augen meines besten Freundes verdunkelten sich schlagartig und ließen nichts mehr von dem zurück, was ich ihm zuvor entlockt hatte. "Was hast du getan?!" Sein tiefes Knurren war von Hass geprägt und ließ keine Diskussionen zu. Ängstlich lag ich unter ihm und betete zum Himmel hinauf, dass seine messerscharfen Zähne mich verschonen würden. "Ich wollte nicht.." Stammelte ich, doch kam nicht mehr zu einer Erklärung, da ergriff er bereits wieder das Wort. "Du hast mich angelogen! Du hast mich verraten und hingehalten, während mein Rudel abgeschlachtet wird?" Tränen sammelten sich in meinen Augen, während ich hilflos zappelte um mich aus dieser misslichen Lage zu befreien. "Du hast kein Verständnis davon, was Freundschaft bedeutet! Du bist ein Verräter, ein Blender, ein..!" Er brach ab, schluchzte und schnappte nach mir. "Du bist nicht mein Freund, Koda. Du warst nie mein Freund!"

Die Zeit verlangsamte sich schlagartig und lief nur noch in halber Geschwindigkeit vor meinen Augen ab. Tränen liefen über sein Fell und tropften auf mich hinunter, während seine hasserfüllten Augen in meine sahen und ich fest davon überzeugt war, dass dies mein letzter Atemzug sein könnte. Wieder erklang in der Ferne ein Heulen, erlangte die Aufmerksamkeit von Noah und verschonte mich vermutlich von meinem Schicksal. Er schnappte nach meinem Ohr, sprang von mir hinunter und rannte über die Lichtung hinweg. Kraftlos sah ich ihm hinterher. Es war wie in Trance. Ich nahm die umliegenden Geräusche nur dumpf war und musste mich konzentrieren, um eine klare Sicht zu erhalten. Er war beinahe am Ende der Lichtung angekommen, da sprang ihm etwas kleines, dunkles entgegen, das aussah wie ein lebendiger Schatten. Ein Stich durchfuhr wie ein Blitz meinen gesamten Körper und erweckte ihn wieder zum Leben. Das dunkle Etwas hing an der Kehle des Tieres, welches abbremste und sich zu befreien versuchte. Ohne zu begreifen, was dort gerade geschah rappelte ich mich auf und versuchte mich gegen die Kraftlosigkeit zu wehren, die meinen Körper fest im Griff hatte.

Meine Sicht hellte auf, während ich in Trance da stand und langsam zu begreifen begann. Das Blut floss aus der Kehle, der Schatten brachte das verwundete Tier zu Boden und schüttelte dessen Hals hemmungslos als wollte es.. Ich schrie. Konnte meinen Schrei nicht hören, doch spürte wie mein Körper sich in Bewegung setzte und ich den schmerzenden Schrei aus meinen Lungen presste. Tränen flossen zu Hunderten über meine Wangen. Das zappelnde Tier verstummte, lag regungslos da noch bevor ich es erreichte. Der Schatten trat von ihm zurück und ich beugte mich über den regungslosen Körper. Meine Lungenflügel brannten, meine Beine zitterten und brachen schließlich unter mir zusammen. Schluchzend und schreiend lag ich neben dem Tier und musste dabei zusehen, wie das Blut das umliegende Gras rot färbte. "Mörder!" Brüllte ich, drehte mich zu dem Schatten um, doch bevor ich meinen Hass auf ihn reflektieren konnte stand Ethan neben mir und hielt mich zurück.

"Mörder!

Mörder!

Mörder!"

Immer wieder brüllte ich auf ihn ein. Von mal zu mal war es leiser. Von mal zu mal war es kraftloser. Von mal zu mal erlosch es ganz.

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt