"Wo ist er?" Fragte ich Ethan mit zuckersüßem Lächeln in der Küche, nachdem ich in Zacharys Zimmer nicht fündig geworden war. Den Vulkan, der innerlich in mir tobte, nicht an die Oberfläche zu lassen stellte sich als äußerst schwierig heraus, weshalb ich nicht einmal annähernd meine Meisterleistung im Schauspielern abrufen konnte. Ich zwinkerte so häufig, dass Ethan mich ansah, als hätte ich völlig den Verstand verloren. Mein Lächeln glich wohl auch eher dem eines Horrorclowns, aber wenigstens bemühte ich mich nicht sofort zu explodieren. Es wäre schließlich ziemlich hinderlich gewesen das ganze Haus auf meine Wut aufmerksam zu machen, denn Zuschauer konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Reden wollte ich mit ihm allein. Reden. Und vielleicht währenddessen seinen Kopf abreißen und ihm das Fleisch von den Knochen reißen, als hätte ich jahrelang nichts zwischen den Zähnen gehabt. Aber zuerst, reden. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir das verraten sollte." Zögerte der Schwarzhaarige und ließ seinen unsicheren Blick zu Jayden schweifen, der auf der Couch saß. Der jedoch schien keinerlei Interesse an mir zu haben, was nicht wirklich verwunderlich war, und widmete sich voller Elan seinem Videospiel. Nachvollziehbar, sobald Zachary das Wohnhaus betreten würde, hatte Jayden schließlich keine Möglichkeit mehr dazu. Der Alpha duldete keine Aktivitäten, die in irgendeiner Art und Weise Spaß hervor riefen in seiner Nähe. "Ich werde ihn sowieso finden. Du entscheidest bloß, ob ich es jetzt tue oder wenn er spätestens heute Nacht sein Zimmer betritt." Süß aussehen, Heather. Bloß süß aussehen, vielleicht knickte er dann ein. Süß und unschuldig erscheinen, definitiv meine Stärken. Ethan seufzte theatralisch, bevor er mir antwortete und ich seine Bitte, mich für das Wohl aller zurückzuhalten, bloß mit halbem Ohr wahrnahm. Ohne Umwege sprintete ich aus dem Haus, sprang von der Veranda und bewegte mich schnellen Schrittes zu dem Ort, an dem Zachary Sawyer sich angeblich aufhielt. Er stand, mit dem Rücken zu mir, am Strand und schaute schweigend auf das Meer hinaus. Die Wellen waren ruhig und sorgten für die nötige Strandatmosphäre, die einen äußerst beruhigenden Einfluss auf jeden hatte, der sie auch nur wenige Sekunden über sich ergehen ließ. Mich ließ sie kalt. Ich hatte nur eines im Sinn. Diesem Kerl ein für alle mal klar machen, dass er zu weit gegangen war. Dass er sich in einer Liga aufhielt, die seiner nicht entsprach und auch nie entsprechen würde. Dass Gewalt nun einmal nicht die Lösung darstellte.
"Eigentlich habe ich mit Baker oder Rodriguez gerechnet." Murmelte der Blonde gerade einmal so laut, dass ich es mit Mühe hören konnte. "Ich bezweifle, dass Cody oder Logan auch nur ein Wort mehr mit so einem gehirnamputierten Dreckskerl wie dir wechseln, als sie müssen." Ich blieb etwa zwei Meter hinter ihm stehen, um im Notfall genügend Abstand beizubehalten. Er machte keinerlei Anstalten sich zu mir umzudrehen um, wie in einem Gespräch eigentlich typisch, Blickkontakt herzustellen. Er machte sowieso keine Bewegung. Er stand einfach nur da und schaute auf das Meer hinaus. "Komisch, dass ich dann fest mit ihnen rechne, findest du nicht?" Ich verengte die Augen zu Schlitzen. Der Typ sprach viel zu philosophisch für einen solch gewaltbereiten Charakter. Normalerweise bildeten solche Leute doch kurze, aggressive, deutliche Sätze, oder nicht? "Sei froh, dass dein Beta ein solcher Mitläufer ist und dir meinen Bruder vom Leib gezerrt hat." Das Knurren in meiner Stimme war deutlich zu hören, doch auch das löste keine Reaktion bei ihm aus. Nur ein Schmunzeln, das an seiner amüsierten Stimme zu hören war, ließ wissen, dass er meinen Worten lauschte. "Es ist wirklich süß, dass du so naiv bist, Heath." Ich biss die Zähne aufeinander und verschränkte daraufhin verärgert die Arme vor der Brust. Naiv? Süß und naiv in einem Satz waren sicherlich nichts positives und dass er dann auch noch in Kombination dessen meinen Spitznamen erwähnte.. überhaupt zum ersten Mal meinen Namen erwähnte. Mir lief ein Schauer über den Rücken, als mich auf einmal zwei Augen anschauten, denen ich bisher nur selten begegnet war. "Wenn ich gewollt hätte, wäre er jetzt tot, dann wären auch andere bereits dem Jenseits begegnet. Aber weißt du warum ich es nicht getan habe? Ihm das Fleisch von den Knochen geschält? Ihm die Haut abgezogen habe?" Mir gefror das Blut in meinen Adern zu Eis, als sich seine Lippen zu einem gehässigen Lächeln bildeten, er direkt vor mir stehen blieb und sein eisiger Finger meine Wange entlang fuhr. Mein Puls stieg ins unermessliche, mein gesamter Körper war zu Stein erstarrt und mein Gehirn zu nichts weiter in der Lage, als auf seine folgenden Worte zu warten. "Ich bin süchtig nach ihrem flehenden Winseln, ihrem Blut, dass durch meine Hände fließt und an meinen Zähnen tropft. Ich bin süchtig nach all den Qualen, zu denen ich in der Lage bin, ihnen zuzufügen." Seine messerscharfen Eckzähne blitzten auf und jagten mir eine gehörige Portion Angst ein. Er war mehr als ein Monster, mehr als ein Mörder, mehr als ein gewöhnlicher Mensch, der einen Fehler beging. Er wollte es. Er verlangte aus tiefstem Herzen danach. Er war krank. Schwer krank. "Und warum verschonst du mich dann? Bin ich nicht gut genug, um deines Opfers würdig zu sein?" Meine Stimme rasselte und ich hatte große Mühe auf meinen wackligen Beinen zu stehen. Am liebsten wäre ich im Boden versunken und nie wieder zurückgekehrt. Seine Augen musterten mich interessiert und stellten einen harmonischen Kontrast zu seinem sonstigen Ebenbild da. Sie funkelten nicht so eisig und herzlos, wie es sonst üblich war und ließen mich seine bedrohliche Gestalt beinahe vergessen. Doch nur beinahe, denn als sein Knurren erklang, spürte ich meinen ganzen Körper erzittern. "Weil du anders bist, besonders. Und ich werde jedem das Fell über die Ohren ziehen, der dir auch nur ein Haar krümmt." Sein Finger berührte sanft meine Unterlippe, woraufhin ich diese von meinen Zähnen befreite. Ich spürte das Blut mein Kinn entlang rinnen. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich so verkrampft war, dass ich selbst meine Lippe blutig gebissen hatte. "Verrätst du mir, wo du heute gewesen bist?" Ich schluckte, dachte fieberhaft über eine geeignete Antwort nach und schüttelte schließlich ernst den Kopf. Ich hatte es Keith versprochen. Ihn verraten, würde ich unter keinen Umständen, da konnte Zachary sich auf den Kopf stellen. Der Druck seiner Hand, die sanft auf meinem Kiefer lag verstärkte sich, ein tiefes Knurren entfuhr meinem Gegenüber und ehe ich mich versah verkrallte sich seine andere Hand in meinem Arm. Seine Augen funkelten mich hasserfüllt an, woraufhin ich mich versuchte von seinem Griff zu befreien, der daraufhin jedoch nur noch stärker wurde. "Lass mich los!" Winselte ich und wollte ihn von mir wegstoßen, da erschien Ethan hinter mir und schlichtete die Situation mit nur einem Satz, der mich noch Stunden danach grübeln ließ.
"Es reicht. Sie kann nicht für etwas bezahlen, von dem sie nichts weiß."
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The Alpha And Me
Werewolf"Es gab Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte, bis sie sich einem öffneten. Es gab Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten und dann gab es noch die Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstellte mit ihnen jemals auch...