"The violence causes silence."
Gähnend schleppte ich mich die Treppe hinunter und schob die Gartentür auf. Neugierig sprangen die Welpen nach draußen und schnupperten durch den Garten, um den perfekten Platz für ihr Geschäft zu identifizieren. Müde ließ ich mich auf den Treppen der Veranda nieder und beobachtete die Welpen bei ihrer Mission. Die Nacht hüllte die Umgebung in einen friedlichen Ort, wie er ohne all die Rivalitäten hätte sein können. Die Sterne funkelten herab und ich atmete die frische Luft ein, die durch den leichten Wind um mich herum wehte. Die einschlägige Ruhe war wie eine Therapie für meinen dauerhaften Stresszustand, in dem ich mich unweigerlich befand. Die Sorge um das Rudel und vor allem um die Welpen hielt mich wach, weshalb ich mich nicht einmal in der friedlich scheinenden Nacht erholen konnte. Wann griffen sie an? Was, wenn es schon in wenigen Augenblicken soweit sein würde? Ich war nicht bereit, um zu kämpfen. Ich war nicht bereit Entscheidungen zu treffen. Ich war nicht bereit für solch eine Art von Krieg. Ich war nicht einmal für die Liebe bereit. Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken an Zachary zu verbannen und schmunzelte, als die Welpen einander zum spielen herausforderten. Ich hielt sie von einer nächtlichen Spielerei nicht ab, da der Schlaf mir sowieso fern blieb und sie in ihrer momentanen Lage jegliche Freiheit benötigten. Wie gern würde ich ihnen eine Kindheit ermöglichen, wie ich sie hatte. Unbeschwert durch die Wälder toben und in Fantasiewelten abtauchen. Sie hatten es verdient jeden Tag ihres Lebens auszukosten. Ich zuckte zusammen, als eine dunkle Gestalt über den Gartenzaun sprang und atmete tief durch, als ich Joshua im schwachen Licht erkannte. Er war für die Nachtschicht eingeteilt worden und das nicht einmal mit Jayden. Jeder Blinde hätte Zacharys Boshaftigkeit in diesem Zusammenhang erkannt. Er gönnte Joshua nichts und schon gar nicht die ein oder andere Konversation während seiner Pflicht, das Rudel zu schützen. Er hatte Jayden und Joshua in verschiedene Schichten eingeteilt, um jegliche Bindung, die in den letzten Wochen entstanden ist, zu unterbrechen. Ich hatte ihn darüber mit Ethan reden hören, der sich alles andere als zustimmend zeigte. Niemand war mit dieser Art von Isolierung einverstanden, doch Joshua war der Letzte, der sich von so etwas einschüchtern ließ. Er war schließlich geübt im allein sein und hatte erst angefangen sich mit anderen auseinanderzusetzen, als er Zeit mit Diego verbrachte. Auch ein Joshua brauchte nichts weiter als jemanden, der ihm neue Wege zeigte, die er gehen konnte. "Ich hätte nicht gedacht, dass diese Windelpupser einem dermaßen ans Herz wachsen können." Seufzte er, als er sich neben mir auf der Veranda niederließ und an einem Tau zog, an dessen anderen Ende die Welpen ihre Beißkraft erprobten. "Ich wusste nicht, dass du die beiden so gern hast." Entgegnete ich und sah ihm lächelnd dabei zu, wie er die Kleinen bespaßte. Dieser Mensch war so geheimnisvoll, dass ich ihm stundenlang zuhören konnte. Es schien, als hätte er so viele Geheimnisse, dass er auch nach Jahren noch immer nicht alle hätte erzählen können. "Sie erinnern mich an den kleinen, hitzköpfigen, hyperaktiven Josh, der ich einmal war." Seine Augen leuchteten auf und es erfüllte mein Herz mit Wärme, dass auch er schöne Gedanken an seine Vergangenheit hatte. "Ich wollte die Welt entdecken und auf diesem Weg jeden mitnehmen, der ebenso abenteuerlustig war, wie ich." Er lachte amüsiert und strich Cash und Bayan lobend über den Kopf, bevor er wieder am Tau zu ziehen begann. "Ich war der Jüngste und wurde von meinen großen Brüdern geärgert und geliebt in einem wundervollen Maße. Tagsüber haben wir miteinander gerangelt und nachts aneinander gekuschelt geschlafen. Sie waren meine Vorbilder." Er ließ das Tau los und beobachtete die Welpen dabei, wie sie versuchten ihr Spielzeug für sich zu erobern. Knurrend zogen sie sich gegenseitig von einer Seite zur anderen und sprühten nur so vor Energie. "Yoki war das Sorgenkind und zog sich mit der Zeit immer mehr zurück. Ich habe nie verstanden wieso er nur noch selten mit uns spielte. Er versuchte sein Bestes, mir ein guter Bruder zu sein." Ich wusste nicht warum, aber meine Gedanken wichen zu Jayden. Zachary hatte mir davon erzählt, dass auch er sich mit der Zeit immer mehr zurückgezogen hat. Umso glücklicher war ich, dass er sich nun an Joshua orientierte und hoffte inständig, dass er sich nur die guten Seiten von ihm abguckte. "Corey war sehr ruhig und übernahm den Moralapostel der Familie. Ich lernte viel von ihm. Und Damon.." Er räusperte sich und sah mich mit seinen funkelnden Augen an, ehe er weitersprach. "Damon war grauenhaft. Er heckte jeden Tag neue Herausforderungen aus, die mich zur Verzweiflung brachten und ärgerte mich so oft er konnte. Er war der Älteste und bis ich Zachary kennenlernte dachte ich, dass es keinen boshafteren Kerl auf dieser Welt gibt." Ich schmunzelte über seine Erzählung, auch wenn seine trüben Augen nicht zu einer positiven Reaktion animierten. "Wo sind sie jetzt?" Fragte ich nachdem einige Minuten Stille herrschte und wir wortlos die Welpen beim herumtollen beobachtet hatten. Er räusperte sich, schluckte schwer und begann den Satz mehrere Male, ehe er sich dazu durchringen konnte, zu antworten. "Yoki erlag seinen Verletzungen, als er zwölf Jahre alt war. Corey lief davon und Damon starb mit siebzehn Jahren im Kampf mit unserem Vater." Entsetzt starrte ich ihn an und entschuldigte mich mehrmals für meine Frage, doch Joshua winkte ab. "Ich bewundere deinen Mut, dich nach jedem Einzelnen zu erkundigen. Das zeugt von ehrlichem Interesse und das gibt es nur sehr selten auf dieser Welt." Ich nickte, auch wenn ich mich dennoch schuldig fühlte. "Es ist schwer nach vorne zu sehen, auch nach all den Jahren und ich frage mich oft, warum ausgerechnet ich überlebt habe. Yoki und ich wurden jahrelang missbraucht und er starb an den Folgen. Ich nicht, ich stehe hier und verabscheue sowohl Wölfe als auch Menschen. Doch ich stehe und werde mit all meinen Kräften versuchen diese Windelpupser vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren." Tränen stiegen mir in die Augen und als ich Joshua eine Umarmung anbot und er diese annahm hatte ich das Gefühl, dass keine Umarmung dieser Welt ehrlicher und tröstender war als diese.
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The Alpha And Me
Werewolf"Es gab Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte, bis sie sich einem öffneten. Es gab Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten und dann gab es noch die Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstellte mit ihnen jemals auch...