Chapter 79

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Mit schwitzigen Händen lief ich die Treppe hinauf und biss auf meiner Unterlippe herum. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, wie ich mich erklären sollte. Ich wusste bloß, dass ich dieses Gespräch hinter mich bringen musste und Zachary eine Erklärung schuldig war. Die Horrorszenarien, die mich heimsuchten trugen nicht gerade zu einer selbstbewussten Ausstrahlung bei und so stand ich mit rasendem Herzen vor seiner Zimmertür. Ich klopfte nicht an, hielt es nicht für nötig und drückte die Türklinke eilig hinunter. Zachary stand mit verschränkten Armen am Fenster und sah in den Garten hinaus. Seine Mine war finster, was mich nicht sonderlich beeindruckte, da ich es nicht anders von ihm gewohnt war. Ich schloss die Tür hinter mir und suchte nach Worten, ehe ich einen Schritt auf ihn zu machte und erschrocken stehen blieb, als seine eiskalten Augen meinen Körper streiften. Es war ein kontrollierender Blick, der keinerlei Gefühl in sich trug und als er feststellte, dass ich es war, sich wieder abwendete. "Ich kann das erklären." Brachte ich mit brüchiger Stimme über die Lippen und trat unruhig auf der Stelle herum. Selbstbewusstsein, Heather. Wo ist dein Selbstbewusstsein? Vermutlich hatte ich alle Reserven bereits am Strand aufgebraucht und musste  mich mit meiner kleinlauten Stimme arrangieren. Mit einem hoffnungsvollen Blick sah ich zu dem Blonden hinüber, welcher sich nicht regte und räusperte mich leise um den Klos in meinem Hals loszuwerden. "Ich konnte nicht mehr dabei zusehen, wie uns die Zeit davonläuft und wollte es deshalb selbst in die Hand nehmen." Ich versuchte möglichst entschlossen zu klingen, auch wenn mir das keineswegs gelang und ich weiterhin wie ein verlassenes Küken im Raum stand. "Ich habe nach Antworten gesucht und diese auch gefunden. Wir werden sie besiegen." Die aufflammende Hoffnung wurde von dem finsteren Blick, den Zachary mir zuwarf, gelöscht und beiseite gekehrt. Er presste die Zähne aufeinander und stieß ein eindringliches Knurren aus, welches ich jedoch nicht beachtete und zu beschwichtigen versuchte. "Wir haben die Lösung für all unsere Probleme gefunden, Zack. Verstehst du das nicht? Es wird alles wieder gut!" Ich zuckte zusammen, als seine Faust die Wand traf und wich einen Schritt zurück. Wie ein Häufchen Elend stand ich da, blickte zu Boden und hoffte inständig, dass er sich wieder beruhigte. "Es gibt keine Lösung! Sprich nicht von einer Heldentat deinerseits und nenne mich gefälligst nicht Zack!" Brüllte er und ließ mich wie einen verschüchterten Hasen nicken. "Sieh mich gefälligst an!" Ich schluckte schwer, ballte meine Hände zu Fäusten und sah zu ihm auf, während mein Herz beinahe kollabierte. Vergeblich versuchte ich mich zu beruhigen und die selbstbewusste, kämpferische Heather hervor zu holen. Ich konnte mich von ihm nicht unterkriegen lassen. Er hatte keinen Grund mich anzuschreien. "Du überlässt dieses Rudel dem Schicksal und fährst durch feindliches Territorium nur um deinen inhaftierten Vater zu treffen?" Für mich klang diese Schilderung keineswegs verwerflich, weshalb ich vorsichtig nickte und ihm in seine lodernden Augen sah. „Dann kehrst du zurück und stellst dich diesen abartigen Kreaturen gegenüber, als gehörte dieses Rudel dir und du hättest das Recht, es zu verteidigen, es zu repräsentieren?" Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und setzte allmählich die Puzzleteile zusammen. „Du lässt ihn die Pfoten auferlegen, hast du überhaupt eine Ahnung, was das bedeutet? Er erobert dich in diesem Moment! Er bestimmt, was du tust und in welcher Art du es tust. Er kontrolliert dich!" Ich schüttelte den Kopf und wollte die Situation aus meiner Sicht erklären, doch er ließ mich nicht zu Wort kommen. „Das ist Verrat, Heath. Das eigene Rudel zum Fraß vorwerfen nur um sich selbst zu retten." Wütend schnaubte ich und trat einen Schritt vor. Das dachte er von mir? Diese Denkweise stand seinem egoistischen Charakter außerordentlich gut, weshalb ich mich im selben Atemzug fragte, wie ich ihn je anders einschätzen konnte. Er war ein selbstverliebter, egoistischer Vollidiot der seinen Hang zur Aggression nur allzu gern an seinen Mitmenschen auslebte. Er würde sich nie ändern und schon gar nicht für mich. Wütend über meine Naivität und dem hoffnungsvollen Glauben, er war auf eine gewisse Weise ein Teil meines Lebens stemmte ich meine Fäuste in die Hüfte und sah Zachary verachtend in die Augen. "In keinem Augenblick meines Lebens ist es meine Absicht gewesen mich selbst zu schützen oder gar zu retten. Im Gegenteil, ich lebe mit einem unberechenbaren Hitzkopf unter einem Dach und versuche täglich die Wunden seiner Opfer zu heilen. Ich beuge mich den Sicherheitsmaßnahmen und Abschottungen von meinen Freunden und begebe mich auf eine gefährliche Ausreise, um einen Weg zu finden, der euch alle vor eurem Schicksal bewahrt! Und zudem lege ich mich mit einem blutrünstigen Raubtier an und gewähre ihm das Auferlegen der Pfote nur um ihn vor allen Augen zu besiegen und zu demütigen! Um ihn in seine Schranken zu weisen, ich persönlich! Hier geht es doch schließlich um mein Blut, das sie fließen sehen wollen!" Ich verschränkte die Arme vor der Brust und erwartete eine Entschuldigung meines Gegenübers, welche ich jedoch nicht bekam. Wen wunderte es schon, dass Zachary Sawyer sich seine Fehler nicht eingestehen wollte. In seinen Augen war er schließlich ein Held. "Alles was du getan hast ist, dich von Joshua um den Finger wickeln zu lassen und seine Drecksarbeit zu seiner Belustigung zu erledigen!" Ich lachte auf. Das war also sein Problem. Joshua, der sich nicht selten gegen ihn auflehnte und sich ausgerechnet mit mir verstand. "Das klingt für mich eher nach einem hitzköpfigen Idioten, der einen Sündenbock sucht, weil er seine Eifersucht nicht im Griff hat." Ich legte ein breites Grinsen auf meine Lippen, obwohl ich wusste, dass er keine Gefühle mir gegenüber hegte, die mit Eifersucht in Verbindung gebracht werden könnten. Dennoch ärgerte er sich darüber und versuchte mir zu drohen, was allerdings keine Wirkung zeigte. "Wie wäre es, wenn du dir endlich eingestehst, dass du nicht der Einzige mit Führungsqualitäten bist?" Forderte ich ihn heraus und schnappte nach Luft, als wir nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren, während seine funkelnden Augen auf mich hinunter sahen und mein Körper sich zunehmend anspannte. "Es wäre besser für alle gewesen, wenn ihr niemals aufgetaucht wärt." Ich schluckte. Der Schmerz, der sich in mein Herz bohrte, bevor er sich einen Weg durch meinen Körper bahnte überrollte mich wie eine Lawine. Tränen sammelten sich in meinen Augen und auch wenn ich es nicht zugegeben wollte, trafen mich diese Worte mehr, als ich es je hätte erahnen können. Er hingegen wirkte vollkommen kalt, wie er auf mich hinunter sah und schließlich den Raum verließ.

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt