Chapter 98.1

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Vier Tage später..

Jayden POV:

Mit einem starren Blick sah ich zu ihrem Fenster hinauf und erwartete seit Stunden etwas, das an ein Lebenszeichen erinnerte. Ich hoffte, etwas zu hören, zu wittern oder gar zu sehen, doch das Zimmer blieb regungslos. Seit Tagen war nichts zu sehen. Seit Tagen nichts zu wittern und zu hören schon gar nicht. Ich kam mir vor, als lebte ich auf einem Friedhof. Es war ausnahmslos still und diese Stille erdrückte jeden Einzelnen von uns auf seine ganz persönliche, grausame Weise. Milan und Milow besuchten die Schule, als wäre nie etwas gewesen und hielten sich nur zum Schlafen hier auf. Sie kamen mit dieser negativen Aura nicht zurecht und ich konnte ihnen ihre Abwesenheit nicht übel nehmen. Keiner von uns wagte es, dies infrage zu stellen. Auch wenn ich mir sicher war, dass sich der ein oder andere darüber sogar glücklich schätzte.

Ich zuckte zusammen, als ein lautes Poltern aus dem Wohnhaus zuhören war und Zacharys hasserfülltes Knurren durch die Wände drang. Er war schwierig geworden. Bis auf Ethan und Cody ließ er niemanden an sich oder Heather heran, welche er seit Tagen wohl behütete. Sie war schwach, der Kampf hatte einiges von ihr abverlangt und die Kräfte von Amy wirkten noch immer nach. Der Arzt kam Zweitägig und kontrollierte ihre Werte, konnte aber nichts hilfreicheres als Ruhe verordnen.
Zacharys Augen waren bleich, trugen nur noch das Flehen nach Schlaf und die Trauer in sich. Ich bekam ihn nur zu Gesicht, wenn Ethan oder Cody ihn zum Essen animierten und er sich als gnädig erwies und die Zimmertür öffnete. Er hatte an Farbe im Gesicht verloren, magerte allmählich ab und weigerte sich mehr Nahrung zu sich zu nehmen, als lebensnotwendig war. Er stand da, wie ein verängstigter und traumatisierter Hund und sobald er Joshua in einem Winkel des Hauses entdeckte verarbeitete er diesen zu Hackfleisch.

Normalerweise sollte ich ihn verurteilen, klarstellen, dass er völlig paranoid war und unzurechnungsfähig handelte. Doch ich konnte ihn verstehen. Zachary musste in diesem Augenblick unvorstellbare Schmerzen erleiden und gab sich zusätzlich die Schuld an allem Schlechten was ihr in der Zeit bei uns widerfahren ist. Zugegeben, das sprach ich ihm zu. Zachary Sawyer hatte sich wie ein räudiger Köter verhalten und ausnahmslose Güte von Heather erhalten, die er vermutlich in keinsterweise verdient hatte. Dass er auf Joshua losgehen versuchte, wann immer er ihn in der Nähe des Zimmers witterte, nahm ihm niemand übel. Joshua hatte es definitiv zu weit getrieben und ich war davon überzeugt, dass wenn Heather jemals wieder gesund wurde, er der Erste war, der sein Leben lassen musste.

Ethan trat aus dem Haus, anbei seinen neuen Wegbegleiter, Cash. Der Kleine hüpfte neugierig auf mich zu, schnupperte an meinem Schuh und forderte mich zum Spielen heraus. Er hatte die Geschehnisse am besten verarbeitet, dachte vermutlich nicht einmal eine Sekunde an die Gräueltaten zurück. Das Verhältnis zu ihm hatte sich verändert. Ich verspürte keine Abneigung ihm gegenüber, mich beklemmte eine Art von Angst, wenn er in meiner Nähe war. Keiner von uns ging mit ihm so leichtfertig um, wie mit Bayan, der von Cody nicht mehr loszureißen war. Seitdem wir gesehen hatten, was Cash vollbringen konnte und mit welcher Freude er es tat, gingen wir ihm weitestgehend aus dem Weg. Es war nicht fair, aber die einzige Möglichkeit mit ihm dauerhaft zurechtzukommen. Wir mussten uns daran gewöhnen. Daran gewöhnen einen Luciferwolf bei uns zu haben und unser Ziel, jeden von ihnen ins Jenseits zu schicken, nicht erreichten.
Zachary bestand darauf, dass wir Cash zumindest solange verschonen bis Heather sich erholt hatte. Er wollte sie entscheiden lassen, sie nicht schon wieder mit einer seiner Entscheidungen verletzen. Meiner Meinung nach, hatte selbst er den Kleinen ins sein dunkles, tiefschwarzes Herz geschlossen und tat sich schwer damit, objektiv zu handeln. Cash verließ das Zimmer von Heather schließlich nur, wenn Ethan ihn abholte und keine Minute unbeaufsichtigt herumtollen ließ.

Ethan war seit Tagen dementsprechend Welpensitter und verbrachte seine restliche Zeit damit Wunden zu versorgen und zu überprüfen. Er unterstützte Cody, wann immer es ihm möglich war und selbst ich war fest davon überzeugt, dass die beiden ihre Sache gut machten. Wir würden es schaffen, uns erholen und schon bald wieder zu unserem alten Zustand zurückkehren. Jeder von uns, bis auf Diego.

Zumindest saß der hinter Schloss und Riegel in seinem Zimmer, was ich ausnahmsweise als gelungene Isolation bezeichnen würde. Ethan konnte ihn erst nach Stunden von Noahs Leiche gewaltsam entfernen und als Diego den Hof betreten hatte und Cash roch, ging es mit ihm durch. Er war traumatisiert, hatte hilflos den ungerechtfertigten Tod seines besten Freundes miterleben müssen und dann war zu allem Überfluss auch noch Cash der Mörder gewesen. Er erholte sich nur schwer von seinen Verletzungen und stellte eine Gefahr für jeden von uns dar. Nur Ethan traute sich zu ihm ins Zimmer und versuchte das Ganze zu erklären und ihn zu trösten. Diego hingegen war so sehr in seinem Hass gefangen, dass es ihn nicht einmal interessierte, wie es seiner Schwester ging.

„Du kannst dich bewegen?" Stellte ich amüsiert fest, als Logan keuchend neben mir auftauchte und sich an den Strohballen lehnte. „Mein erster Spaziergang." Brachte er mühsam hervor und sah mich dabei so stolz an, als hätte er einen Marathon gewonnen. „Cody und Bayan haben mich dazu überredet und ich muss sagen, dass es mir gefehlt hat. Auch wenn es nicht das Gleiche ist, ohne sie." Schwer atmend sah er zum Zimmer hinauf und erhoffte sich etwas beruhigendes zu erkennen, doch es blieb still und regungslos, wie immer. „Er bewacht sie Tag und Nacht. Liegt neben ihr im Bett und hungert, weil er befürchtet er könnte ein Lebenszeichen verpassen oder sie würde aufhören zu atmen, wenn er das Zimmer verließ." Ich nickte wissend.

Zachary Sawyer war keiner der Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte bis sie sich öffneten.
Er war keiner der Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten.
Er war keiner der Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstelle jemals auch nur ansatzweise mit ihnen zu kommunizieren.
Zachary Sawyer war keiner davon.

Zachary Sawyer war anders und ein ungelöstes Rätsel, doch er liebte stärker und intensiver als jeder von uns es hätte können.
Und auch wenn man mich für verrückt halten mochte, dieser Kerl trug hinter seiner finsteren Maske ein Herz voller Liebe und Gutmütigkeit. Dieser Kerl rettete Leben nicht ohne Grund. Dieser Kerl tötete nicht ohne Grund. Dieser Kerl war bloß gefangen in sich selbst und die einzige Person, die ihn aus den Fängen seiner selbst befreien konnte lag oben in ihrem Zimmer und schlief so fest, dass nur ihr Atem darauf schließen ließ, dass sie lebte.

                                   Ende





Danke für all das Feedback, all die Momente in denen ich lächelte, weil ich eure Kommentare gelesen habe.
Ich wusste von Beginn an nicht, wohin mich diese Geschichte führt und welche Charaktere mich bis zum Ende begleiten würden.
Es war meine erste „Alpha" Geschichte und ja, andere sind mit mehr Liebe und Kitschigen Momenten geschrieben, aber es war meine erste und ich konnte mich nur schwer darauf einigen Zachary und Heather als Traumpaar zu schreiben. Das wäre mir irgendwie zu schnell gegangen.
Ich hoffe, ihr hattet schöne Stunden beim Lesen, habt die Welt um euch rum für einen Moment vergessen können und mitgefiebert sowie gelächelt. Das ist das, was Geschichten erreichen sollten, finde ich!
Ich bastle nun ganz in Ruhe an meiner ganz eigenen Fortsetzung, ob sich die lohnt, ich weiß noch nicht. Planungen sind zuhauf da, aber das steht alles in den Sternen.
Danke für die Chance, die ihr dieser Geschichte gegeben habt!
*nerviges Autor Gerede ausschalten*

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt