Chapter 65

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Ich öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, da war bereits jegliche Spur von den Jungs verschwunden. Jeder entwischte in eine andere Richtung und keiner hatte auch nur den Hauch von Interesse daran, über das zu sprechen, was gerade wild diskutiert worden ist. Seufzend stand ich da, überlegte am Zimmer zu lauschen, doch entschied mich dagegen. Es gab nun einmal Dinge, die mich nichts angingen. Da Diego noch immer nicht aufgetaucht war, ging ich nach draußen, um nach ihm Ausschau zu halten und zur Rede zu stellen, sobald er zurückkehrte. Der Einzige, der sich nicht in Luft aufgelöst hatte, war Joshua. Der schärfte seelenruhig seine Messersammlung in seinem eigenen Schuppen, gegenüber der Werkstatt. "Ich habe noch nie jemanden, wie dich getroffen. In einem Augenblick stark und mutig und im nächsten Moment klammerst du dich an den Alpha, als wärst du ein hilfloser Welpe, dem man das Spielzeug weggenommen hat." Ich erdolchte ihn mit einem blutrünstigen Blick und setzte mich gegenüber von ihm auf eine mühevoll zusammengebaute Bank, die eher wie ein Block aus Holzscheiteln aussah. "Kein Wunder, dass Zachary so hinter dir her ist. Du bist wirklich süß." Ich hasste es, diese Bezeichnung zu hören und dennoch folgte sie mir, wie ein Schatten. Die Aussage über Zachary jedoch, ließ mein Herz einen kleinen Hüpfer machen und meine heißen Wangen ließen auf eine deutliche Errötung derer schließen. Joshua musterte mich und lachte amüsiert, was mich nur noch mehr in einer Pfütze aus Scham versinken ließ. "Warum glaubt keiner, dass in diesen kleinen Herzen Gutes steckt?" Seufzte ich und hoffte inständig, dass Joshua eine zufriedenstellende Antwort für mich hatte. Der dachte eine Weile nach, ehe er die passenden Worte zurechtgelegt hatte und sich traute, zu antworten. "Die Mischung aus Wolf und Mensch setzt einen hohen Anteil an menschlichen Genen voraus. Umso höher der Wolfsanteil, umso gefährlicher ist diese Mischung. Umso unberechenbarer das Raubtier, das in ihm schlummert." Von dieser Prozentualenverteilung hatte ich bereits gehört, jedoch war ich nie weiter darauf eingegangen. Ich hatte nicht einmal das Wissen, dass es diese Prozente wirklich gab und sie nicht bloß zu einer von Dads Gutenachtgeschichten gehörten. "Und ihre Abstammung hat bereits hohe Anteile an wölfischem Blut?" Harke ich nach und Joshua nickt ernst. "Ihr Rudel trotzt nur so vor Wolfsblut und eine falsche, blutrünstige Erziehung fördert die Lust zu töten. Ein Wolf, der vor einer Herde von Schafen steht tötet nicht, um seine Familie zu ernähren. Er tötet, weil er in einen Blutrausch verfällt. So, wie diese Wölfe. Sie erleben immer wieder einen Blutrausch und diesen zu kontrollieren, schaffen nicht einmal die Wölfe, die aus den Märchen stammen." Ich nickte bedrückt. Seine Worte ergaben Sinn und dennoch wollte ich sie nicht aufgeben. Die beiden Welpen, die ich vor dem sicheren Tod bewahrt hatte und nun aufpäppeln wollte. Sie waren unschuldig. Bisher hat keiner von ihnen Kontakt zu solch einem Rausch gehabt und dennoch sollte es hoffnungslos sein? Nein, das konnte ich nicht akzeptieren. "Wenn sie eine gute Erziehung genießen, die ihnen das Leben als Mensch näherbringt, haben sie doch eine Möglichkeit normal zu werden." Joshua seufzte. "Heather, ein Wolf sollte nicht mit einem Menschen im selben Körper leben. Dass diese Welt diese Art überhaupt erschaffen hat, grenzt an einem Wunder und glückt nur, wenn die prozentualen Anteile übereinstimmen. Ansonsten ist das Raubtier nicht kontrollierbar." Stur schüttelte ich den Kopf. "Es ist nie hoffnungslos. Sie sind noch so jung und werden damit leben lernen. Wir haben doch auch damit leben gelernt, Gestaltswandler zu sein." Er verdrehte die Augen, widmete sich einigen Minuten nur seinen Messern und seufzte schließlich theatralisch als er bemerkte, dass ich ihn nicht in Ruhe lassen würde. "Die Erziehung spielt keine Rolle, als Hybrid. Zachary ist vergleichsweise normal aufgewachsen und dennoch.." Er stockte. Die Farbe war aus meinem Gesicht gewichen und ich klammerte mich an der Bank fest, auf der ich saß. Sprachlos starrte ich meinen Gegenüber an, der sich zögerlich auf die Unterlippe biss. "Du weißt es nicht?" Schwer atmend schüttelte ich den Kopf. "Hör zu, Heather. Das hast du nicht von mir gehört. Ich denke, er wird es dir erzählen, wenn es soweit ist." Erinnerungen stiegen in mir auf und ich zitterte mittlerweile am ganzen Körper. Wie in Trance sprang ich auf und versuchte etwas über die Lippen zu bringen, doch ich scheiterte. Kein einziges Wort verließ meinen Mund. "Heather, bleib ruhig. Er ist.." Ich unterbrach Joshua harsch. "Er ist ein Hybrid. Er tötet unkontrollierbar, wenn er einem Blutrausch erliegt. Er hätte meinen Bruder beinahe umgebracht! Damals hatte er einen Blutrausch. Er hatte einen und wollte ihn ins Jenseits befördern." Völlig außer mir stand ich knurrend vor Joshua, der versuchte die Situation zu beschwichtigen, doch bei mir waren bereits jegliche Sicherungen durchgebrannt und als Zachary dann aus dem Wohnhaus trat, war es um mich geschehen.

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt