Chapter 91

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Der kühle Wind wehte durch die Äste der Tannen und erfrischte die erdrückende Stille. Es verging eine gefühlte Ewigkeit, in der mein Herz abwechselnd raste und bloß in Zeitlupe schlug. Als Diego die nötigen Informationen durch gab verflog die Anspannung und ich nickte Ethan und Cody zu, welche sich ohne zu zögern ebenfalls in den Wald und daraufhin auf den Berggipfel begaben. Sie kamen Keith und Amy sehr nahe, weshalb ich den beiden mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend hinterher sah. Irgendetwas sagte mir, dass Cody sich nicht von Amy lösen konnte. Die Nebelschleier waren zwar schwach, aber noch immer überzeugend genug. Milow und Milan schnappten sich gegenseitig in die Ohren und winselten entschuldigend auf, als Zachary sie mit einem auffordernden Knurren strafte. Sie waren jung, unerfahren und aufgeregter als wir alle zusammen. Ich verlangte von keinem der Beiden etwas ab. Solange sie ihre Aufgabe erfüllten ging alles seinen Weg. Ich hatte sie nicht ohne Grund zum Verwirrung stiften eingeteilt. Sie waren noch zu unberechenbar um eine wichtigere Aufgabe zu erhalten. "Es sind ziemlich viele auf der linken Flanke unterwegs, Heath. Ich weiß nicht, ob Jayden und ich noch lange unentdeckt bleiben können." Wieder einmal dankte ich meinen Genen für diese Gabe, mich mit Diego über Gedanken verständigen zu können und überlegte eifrig, welchen Schritt ich als nächstes einleitete. Zachary schien keinerlei Anspruch auf eine Entscheidung zu legen und beobachtete mich bloß interessiert. "Ihr lockt die Unerfahrenen von der linken Flanke an den Fuß des Berges, dort übernehmen dann Joshua und Zachary." Mit großen Augen sahen Milow und Milan mich an. Sie schienen sich nicht sicher zu sein und zögerten eine Weile, ehe ich ihnen aufmunternd zu nickte und sich die beiden in Bewegung setzten. Das verbitterte Knurren von Joshua und Zachary entging mir nichts. Auch ich zweifelte an den beiden Jungs, die mit geduckter Haltung im Wald verschwanden.

Ethan POV:

Wie auf Samtpfoten liefen wir den Berg hinauf und bemühten uns unentdeckt zu bleiben. Cody folgte mir schweigend und sah sich etwas teilnahmslos um. Ich zuckte zusammen, als ein Schatten in der Ferne zu erkennen war und fletschte die Zähne, bis ich erkannte, dass es Jayden war, der uns beobachtete. Milow und Milan schienen bereits losgeschickt worden zu sein, ansonsten würde Jayden uns nicht begleiten. "Ich werde reden und keine Gewalt." Machte ich Cody noch einmal auf den Plan aufmerksam und setzte den Weg fort, als Cody mit spielenden Ohren nickte. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Aber wer war in dieser Situation schon ruhig und konzentriert? Die Anspannung saß uns allen im Nacken, weshalb ich unbeirrt weiter trottete. Als wir den Gipfel erreichten war Jayden nicht mehr zu sehen. Entschlossen trat ich an die Lichtung heran und machte mir ein Bild von der Situation. Amy und Keith standen nah aneinander geschmiegt in der Mitte. Die Lichter der dichten Nebelschwaden tanzten um sie herum. Fasziniert beobachtete ich die Beiden einen Moment lang, ehe ich mich von ihnen los riss und beruhigt feststellen konnte, dass bloß wenige andere Wölfe sich auf der Lichtung aufhielten. Ich sah mich nach Cody um, der direkt hinter mir stand und trat aus der Dunkelheit heraus in das tanzende Licht.

Eine Mischung aus Heulen und Knurren kam mir entgegen und ehe ich mich versah standen vier Wölfe nur einige Meter entfernt neben uns und fletschten drohend die Zähne. Keith und Amy sahen uns ungläubig an und rührten sich nicht. Wissend mit solchen Situationen umzugehen, senkte ich den Kopf und legte mich auf meine Vorderpfoten. Cody tat es mir gleich, woraufhin Keith neugierig mit dem Schwanz wedelte und uns zu sich bat. Noch immer in Wolfgestalt ging ich auf ihn zu und blieb etwa zwei Meter vor den beiden stehen. Amy hob die Nase in die Luft und versuchte mögliche Komplizen von uns aufzuspüren. "Wir bitten um einen Friedensvertrag." Amüsiert über diesen Vorschlag kräuselte Keith die Nase und auch die anderen Wölfe schienen sich über uns lustig zu machen. "Ihr stellt für uns keine weitere Bedrohung dar und bleibt auf eurem Berg und wir bleiben in unserem Territorium." Unbeeindruckt wendete Keith sich ab, hielt jedoch in seiner Bewegung inne, als ich nach Luft schnappte. "Ihr bekommt eure Welpen zurück und wir leben Seite an Seite in Frieden!" Ich versuchte möglichst verzweifelt zu klingen und trat einen Schritt zurück, als Keith sich uns wieder zu wendete und amüsiert den Kopf schief legte. "Ich will das Mädchen, nichts weiter. Überbringt der Alpha mir das Mädchen ertrage ich euer feiges Angebot. Kein Mädchen, keine Überlebenden." Ein tiefes Knurren begleitete seine Stimme und ermutigte die anderen Wölfe dazu aufzuheulen. "Er soll sie mir bis zum Sonnenaufgang bringen, ansonsten ermorden wir jeden einzelnen von euch qualvoller als euer begrenzter Verstand es sich je ausmalen könnte." Ich fletschte verärgert über seine vorlaute Art die Zähne, doch besinnte mich sofort wieder. Zustimmend senkte ich den Kopf und kehrte mit Cody in den Wald zurück.

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt