Die Pfoten setzten sanft im Sand auf und wagten sich unbeirrt den Strand entlang. Die Dunkelheit war über das Land hereingebrochen und hinterließ einen mysteriösen Beigeschmack. Adrenalin fließt ungehemmt durch meinen Körper, während ich das Rudel anführe und den Sand unter meinen Pfoten spüre. Unseren Zielort fest im Blick laufen wir geschlossen an den Dünen entlang. Der Nebelschleier war schwach, wie ich es erwartet hatte. Dennoch erinnerte ich mich an Cody zurück, welcher sich ungewöhnlich in Begegnung mit diesem Farbenspiel verhalten hatte und hoffte inständig, er würde nichts unüberlegtes tun. Zachary war noch immer nicht zurückgekehrt, was den Plan jedoch nicht verändert hatte. Nicht, weil er dem Rudel nicht fehlte, sondern eher weil ich nicht wusste, wie ich ihn ersetzen sollte. Er schien das Gespräch am vorigen Tag nicht gut vertragen zu haben, was mich zwar enttäuschte, jedoch dem Kampf keinen Abbruch tat. Wir mussten eben ohne ihn unserem Feind gegenüber treten. Ich horchte nach Cash und Bayan, die ich im Garten zurückgelassen hatte und wägte ab, ob die Stille aus dieser Richtung mich beruhigen oder ängstigen sollte. Es war das erste Mal, dass sie allein waren und einem Kommando folgen mussten, das vor allem dem energiegeladenen Cash nicht gefiel. Koda knurrte auf und stupste mich auffordernd an, ehe er zu den Dünen hinauf sah. Ich erkannte ihn im ersten Moment nicht, da sein nachtschwarzes Fell von der Dunkelheit beinahe verschluckt wurde. Instinktiv hielt ich inne und legte den Kopf leicht schief. Der Rest des Rudels hielt etwas Abstand zu mir und beobachtete das Geschehen schweigend. Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich wollte ihn zur Rede stellen, ihn gewaltsam korrigieren und für sein Verhalten maßregeln. Er hatte eine Strafe verdient. Er ließ uns allein und tauchte nun urplötzlich aus dem Nichts wieder auf? Ich führte das Rudel an. Ich hatte das Recht ihn fortzuschicken. Ich war diejenige, auf die das Rudel hörte. Ich musste eine Entscheidung treffen und diese Entscheidung traf ich nicht aus dem Bauchgefühl heraus. Ich hörte nicht auf mein Herz, ich ließ meinen Verstand gewähren. Vergebung war schwerer als alles andere auf dieser Welt. Gewalt gab es zur genüge. "Auge um Auge und die Welt wird blind." Knurrte ich, um mich selbst daran zu erinnern, dass meine Emotionen hier keinen Platz fanden. In einigen Momenten ist der Verstand eben das, was fehlt um etwas zu schlichten. Also trat ich einen Schritt zurück und überließ ihm damit seinen Platz an der Spitze des Rudels. Zögerlich blieb das schwarze Tier auf der Düne stehen, woraufhin ich den Kopf senkte und mich ihm unterwarf. Ein Raunen ging durch das Rudel, ehe sie meine Geste nachahmten und Zachary die Düne hinab trottete und neben mir stehen blieb. Ich sah zum Meer, wich seinem Blick aus und genoss die Danksagung, welche er mit einem liebevollen Anstupsen bekundete und sich in Bewegung setzte.Am Waldrand kam das Rudel zum stehen. Aufgeregt tänzelten Milow und Milan auf der Stelle und auch Koda schien sich seiner Sache nicht sicher zu sein. Zum ersten Mal wurde mir klar, was es bedeutete den Plan einzuleiten. Ich schickte sie in kleinen Gruppen in ihren eventuellen Tod. Das war für Wölfe nichts ungewöhnliches, wir wuchsen schließlich mit einer solchen Ideologie auf. Wölfe waren zum Kämpfen geboren und blutige Kämpfe gehörten zum Alltag. Wer sich nicht unterwarf unterlag dem Gesetz des Stärkeren. Er starb. Es war etwas selbstverständliches und dennoch wollte ich mich nicht damit abfinden. Das war wohl der Grund, weshalb Hybriden das Kämpfen und Töten so liebten. Ihr menschliches Wesen war viel schwächer und hatte kaum Einfluss. Ich hatte diesen Einfluss und kämpfte dagegen an, während wir in den Wald hinein starrten. "Es ist soweit." Brachte ich mühsam heraus und sog scharf die Luft an, als die anderen zu knurren begannen. Sie warteten bloß auf mein Kommando und schienen bis auf die übliche Aufregung keinerlei Angst zu verspüren. Zachary leckte mir über den Kopf und stupste mich liebevoll an, was die Schmetterlinge in meinem Bauch alarmierte und gleichzeitig den nötigen Mut für die folgenden Worte.
"Jayden, Diego. Geht."
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The Alpha And Me
Werewolf"Es gab Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte, bis sie sich einem öffneten. Es gab Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten und dann gab es noch die Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstellte mit ihnen jemals auch...