Chapter 61

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Mit einem Tee in der Hand saß ich im Garten und sah über den niedrigen Zaun hinweg, zum Strand. Der aufgewühlte Sand war auch in solch einer Ferne deutlich zu erkennen und hinterließ die einzige Spur des unerbittlichen Kampfes. Seufzend nahm ich einen Schluck von dem süßlichen Tee und dachte wieder einmal darüber nach, wie ich all das hätte verhindern können. Ich hatte eine wichtige Rolle zu vertreten und seitdem mir diese Aufgabe bewusst geworden war, ließ mich der Gedanke nicht los, dass ich an allem Schuld sein musste. Ich hätte eingreifen können. Wir wären im Frieden auseinander gegangen und hätten auch in Zukunft weiter Seite an Seite gelebt. Ich sah zu Ethan, der das Grillrost schrubbte und währenddessen nach etwas Ausschau hielt. Vermutlich erwartete er ebenso wie ich, einen weiteren Angriff. Es konnte jederzeit soweit sein, dass die Wölfe am Horizont auftauchten und Rache nahmen. Dennoch blieb der Schwarzhaarige gelassen und widmete sich in aller Seelenruhe seiner Aufgabe. Ich schämte mich noch immer für meinen Zusammenbruch vor einigen Stunden und konnte weder Cody, noch Ethan in die Augen sehen. Es hatte mich überwältigt und ausgerechnet in solch einem Augenblick empfand ich die Arme von Cody als Anker in der Tiefsee. Vermutlich hatte keiner von beiden auch nur einen Gedanken daran verschwendet, doch mich verfolgte dieser peinliche Moment noch eine gefühlte Ewigkeit. "Wie geht es dir?" Fragte Logan besorgt und riss mich aus meinem Tunnelblick, der nach wie vor auf den Strand gerichtet war. Der Dunkelhaarige nahm neben mir platz und lehnte den Tee, den ich ihm anbot, dankend ab. "Ich komme zurecht, wie sieht es mit deinen Verletzungen aus?" Wie es für Logan üblich war, verharmloste er die Nachwirkungen, welche sich deutlich auf seinem Körper abzeichneten und lenkte eilig vom Thema ab. "Du musst es ihm erzählen." Genervt verdrehte ich die Augen. Die Betas hatten mich in jedem ihrer aufmunternden Sätze bereits darauf hingewiesen und nun ersparte nicht einmal Logan mir dieses unangenehme Thema. Es war leichter gesagt als getan, einem hitzköpfigen Alpha, der fremdenfeindlicher nicht sein konnte, von neuen Rudelmitgliedern zu erzählen. Mittlerweile bereute ich meine Entscheidung, die drei mitgenommen zu haben und wollte die Zeit am liebsten zurückdrehen. Zachary war der Letzte Mensch auf Erden, der diese Entscheidung akzeptierte. Vermutlich setzte er jeden der drei sofort im Wald aus und überließ sie ihrem Schicksal. Nein, das konnte ich nicht zulassen. Reue hin oder her, sie gehörten nun zu uns. "Er weiß es bereits." Lüge ich, in der Hoffnung Logan ließ daraufhin von mir ab, doch Fehlanzeige. Statt mir zu glauben, musterte dieser mich gründlich und schüttelte schließlich lachend den Kopf. "Wenn er davon wüsste, würde er niemals seelenruhig am Esstisch sitzen." Ein verzweifeltes Seufzen entfloh mir, woraufhin ich dem auffordernden Blick von Logan nachgab und beschloss, es endlich hinter mich zu bringen. "Schaufle mir schon einmal ein Grab am Ende des Gartens." Knurrte ich Logan zu, welcher mit frechem Grinsen zu mir hoch sah und mir versicherte, dass ich jegliche Rechte an einem Grab in der Nähe dieses Hauses mit meiner Beichte verloren hatte. Am liebsten hätte ich ihm einen Kissen an den Kopf geworfen, aber das einzige, was sich als Wurfgegenstand eignete, war die Tasse in meiner Hand und diese zu verwenden, erschien mir dann doch als zu übertrieben. 

"Hey." Brachte ich schwerfällig über die Lippen, als ich das Esszimmer betrat und zögerlich Zachary gegenüber stand. Der sah mit einem genervten Blick zu mir hoch und biss von seinem Brötchen ab, während er auf eine Reaktion von mir wartete. Ich hatte auf eine Entschuldigung seinerseits gehofft, doch ein Sawyer entschuldigte sich nicht. Niemals. "Was ist dein Anliegen?" Knurrte er mir entgegen und ich wäre am liebsten umgedreht und wäre dem Gespräch ein weiteres Mal aus dem Weg gegangen, doch ich zügelte meinen Fluchtinstinkt, atmete tief durch und setzte mich. "Ich muss dir etwas erzählen, etwas wichtiges." Er nickte desinteressiert und widmete sich wieder seinem Brötchen. "Bei jedem Kampf gibt es Opfer und diese müssen wieder aufgepäppelt und beschützt werden in einem besonderen Maße. Das ist die Aufgabe eines Alphas." Die Farbe wich ihm aus dem Gesicht und mit einem mal lag seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf mir. "Deswegen habe ich die Initiative ergriffen, auch wenn du damit nicht zurechtkommen willst, wirst du dich damit arrangieren müssen." Er schluckte den letzten Bissen hinunter und starrte mich mit einem erdolchenden Blick nieder. Mit zittrigen Händen und tausenden Schmetterlingen dennoch im Bauch, setzte ich ein gespieltes Lächeln auf und fuhr fort. "Es ist eine Entscheidung gewesen, die von Herzen kam und nicht wieder rückgängig zu machen ist.." Noch bevor ich meinen Satz beenden konnte sprang Zachary auf und stapfte knurrend nach draußen. "Logan!" Brüllte der Blonde, dem ich irritiert hinterher sah und bevor ich auch nur ansatzweise realisieren konnte, was gerade geschah, eilte ich ihm nach. Logan stand verängstigt am Gartenzaun und erwartete das Schlimmste, genauso wie ich und Ethan, der mich fragend ansah und Zachary versuchte aufzuhalten. Doch bevor der Blonde bei seinem Ziel angekommen war, erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Etwas erschütterndes, Blut gefrierendes Heulen, das mich auf der Stelle im Boden versinken ließ. Es hallte aus dem Wald und nach einem kurzen Augenblick war ein antwortendes Heulen aus unserem Wohnhaus zu hören. Zachary sah sich fragend um, ehe er ins Haus stürmte, die Treppe hinauf rannte und ich ihm flehend folgte. 

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt