Ich geriet in eine Art Schockstarre und brachte nichts, als ein verzweifeltes Wimmern zustande. Der Wolf näherte sich mir noch mehr und ich presste mich immer mehr gegen den Baum an meinem Rücken. Er blieb schlussendlich mit seiner Schnauze genau vor meinem Gesicht stehen und knurrte nach wie vor. Ich hatte mein Gesicht ängstlich weggedreht, sodass sein warmer Atem auf meinen Hals traf. Dieser roch jedoch nicht wie erwartet nach Hund, sondern nach...
Erdbeere.Verwundert lenkte ich meinen Blick nun doch etwas in seine Richtung und traute mich in seine Augen zu schauen. Und auch diese waren nicht so, wie ich sie mir bei einem schwarzen Wolf vorstelle. Seine Augen waren so dunkelbraun wie Onyx und erinnerten mich an Schokolade.
Fasziniert schaute ich dem knurrenden Wolf nun doch direkt an und aus irgendeinem Grund erleichterten mich diese, zugegebenermaßen recht menschlichen Merkmale, sodass ich mich unbewusst etwas entspannte. Das verunsicherte den Wolf, was dazu führte, dass er das Knurren, sowie das Zähnefletschen einstellte, und den Kopf schief legte, wie ein verwirrter Hund. Diese Reaktion seinerseits verwirrte mich ebenfalls, sodass ich mich dann doch wieder etwas anspannte, ehe ich aber begriff, dass er mir nichts tuen würde. Vorerst.
Ich merkte wie er anfing mein Verhalten zu studieren. Es kam mir sogar fast so vor als würde er die Augenbrauen zusammen ziehen. Und je mehr er das tat desto verwirrter wurden wir beide, aber meine Angst schwand unabsichtlich von Sekunde zu Sekunde immer mehr, obwohl sie doch ein natürlicher Selbstschutz sein sollte. Das schien der vermeintliche Wolf zu merken und es schien ihm nicht zu gefallen, denn er machte einige Schritte zurück und lief einmal im Kreis, wie ein aufgeregter Hund. Dann blieb er aber stehen und schaute mich durchdringlich an.
Nun war ich derjenige, der sich ihm näherte. So leise wie möglich, um ihn nicht zu verjagen, versuchte ich auf Händen und Knien zu ihm zu kriechen. Das schien nun ihn zu beunruhigen und er versuchte mir auszuweichen. Ich blieb letztendlich einen Meter vor ihm in der Hocke sitzen und streckte eine Hand nach ihm aus. Warum ich das tat war mir im Nachhinein rätselhaft, aber in diesem Moment handelte ich aus Instinkt und mein Instinkt sagte mir, es wäre das Richtige.
Ich sah wie der Wolf innerlich mit sich rang, ehe er eine Pfote nach vorne setzte, meiner Hand entgegen. Er kam zögerlich immer näher, bis meine Fingerspitzen sein weiches Fell berührten
und mein Gott, es fühlte sich an wie eine Wolke. So weich, dass ich es nicht zu beschreiben weiß. Ganz sanft strich ich mit den Fingerkuppen über die Spitzen seines flauschigen Fells an seinem Hals.Er merkte meine Zurückhaltung, machte einen weiteren Schritt nach vorne und stupste meine Wange mit seiner Schnauze an. Ich lächelte gequält und schlang auf einmal meine Arme um seinen Hals. Eine Alarmglocke ging in meinem Kopf an, denn immerhin war das ein Wolf, aber ich schob sie in die hinterste Ecke meines Gehirns.
Es war mir alles so egal. So egal, ob er mich jetzt doch Angriff. So egal, ob ich mir irgendeine Tollwut einfing. So egal, ob ich mich verletzen könnte. Ich brauchte in dem Moment einfach nur jemanden der mir Wärme und Zuneigung spendete und dieser Wolf machte den Anschein, als würde er das tun wollen.
Also vergrub ich mein Gesicht in seinem Fell und schluchzte abermals leise auf. Der Wolf schien kurz überfordert, legte dann aber seinen Kopf auf meiner Schulter ab und wartete, dass meine Schluchzer weniger wurden.
Gefühlt eine Stunde saßen wir so da; meine Hände in seinem Fell, mein Gesicht an seinem Hals. Langsam aber sicher begann ich zu frieren, obwohl es doch Sommer war, aber ich war so erschöpft und müde, dass mich sogar die leichten Windstöße anstrengten. Irgendwann lockerte sich mein Griff um seinen Hals und meine Augenlider wurden schwer. Ich war zu erschöpft, zu müde, um irgendwas dagegen zu unternehmen und glitt langsam aber sicher in einen tiefen Schlaf, ungewiss, ob der Wolf mich jetzt einfach zurück und erfrieren lassen würde oder ob er bei mir bleiben würde.
_____
Am nächsten Tag wachte ich früh am Morgen auf, denn die Sonne war noch nicht aufgegangen, obwohl wir Ende Sommer hatten. Ich spürte wie mich etwas an der Nase kitzelte und wie ich mit meiner Wange sowie Schulter auf etwas sehr weichem lag, das sich in regelmäßigen Abständen hob und wieder senkte. Ich öffnete meine Augenlider halb und sah vor mir schwarzes Fell. Er war also hier geblieben und hatte mich sogar möglichst gemütlich auf sich abgelegt.
Ich konnte es nicht verhindern zu lächeln und ließ eine Hand wieder sanft in sein unfassbar weiches Fell gleiten. Ich strich einmal dadurch, was ihn anscheinend weckte, denn plötzlich stoppte das beruhigende Brummen, dass parallel zu jedem Atemzug ertönte und seine Atmung ging schneller. Dann hob sich ein schwarzer Wolfskopf und zwei braune Augen musterten mich skeptisch, als ob sie nicht sicher wären, ob ich eine Bedrohung darstellen könnte oder nicht. Ich sah aber, dass sich sein Blick recht schnell wieder beruhigte und er anfing mich von oben bis unten zu mustern, angefangen bei meinem Kopf.
Aber als sein Blick plötzlich an meinem Handgelenk hängen blieb sprang er erschrocken auf, wodurch mein Kopf unsanft auf den Boden prallte, und schaute sich beunruhigt um. Ich schaute verwirrt auf mein Handgelenk, sah dort aber nur meine Armbanduhr, deren Ziffernblatt das Licht schwach reflektierte. Er blickte hoch in den Himmel und schien ganz kurz erleichtert auszuatmen, ehe sich sein Blick wieder verschärfte und auf mich richtete. Der Wolf starrte mich schon wieder an, aber diesmal konnte ich weder Wut, noch Angriffslust oder Angst aus seinem Blick lesen. Sein Blick war leer bis er kurz eine Pfote hob und sie unentschlossen in der Luft hängen ließ. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, er könne mit seiner Dominanz, Selbstsicherheit und Anmut die er ausstrahlte ein ganzes Rudel leiten, vielleicht war er ein Alpha-Wolf, aber in diesem Augenblick kam er mir so verwundbar vor.
Unentschlossen wie ein Kind, das im Spielwarenladen nicht wusste, für was es sich entscheiden sollte. Letztendlich ließ er sie wieder sinken und verschwand ohne ein weiteres Zeichen in den stillen Wald hinter ihm, aus dem er gekommen war und ließ mich hier ratlos alleine zurück.
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...