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Ich schnappte erschrocken nach Luft und wendete mich an meinen Wolf. Naja, genau genommen gehörte er mir nicht, aber er tauchte immer dort auf, wo ich war. "Wer war das?", sprach ich meine Frage aus, aber statt mir seine Aufmerksamkeit zu schenken, machte er den Anschein, als wollte er ebenfalls verschwinden.

"Warte kurz", rief ich ihm verwirrt hinterher. "Ähm... heute schlaf ich aus, aber sehen wir uns morgen Nacht wieder im Wald?", fragte ich ihn lächelnd und wartete eine Antwort beziehungsweise eine Reaktion ab, aber er hielt nur kurz an, schaute über die Schulter zu mir und schenkte mir einen intensiven Blick. Seine Augen glitzerten und es kam mir vor, als würde er mir in die Seele starren, aber da drehte er sich wieder um und lief fort.

"Ookeyyy...", machte ich noch verwirrt und betrat dann endlich das Haus. Ich ging direkt duschen, und ließ währenddessen den Tag Revue passieren. Irgendwie war mein Alltag komisch geworden, ich wusste nur nicht, ob ich das positiv finden sollte. Anschließenden zog ich mir bequeme Gammelklamotten an und warf mich ins Bett. Erst eine Runde Schlafen. Ich streckte meinen Arm aus und wollte grade nach meinem Lieblingskissen greifen, da blieb mein Arm in der Luft schweben, entschied sich um und griff stattdessen nach dem Shirt, dass ich heute im Wald anhatte und das nach Wolf duftete. Nach meinem Wolf. Ich drehte mich auf die Seite und rollte mich mit dem Shirt umklammert ein.

Und mit seinem herben Geruch in der Nase schlief ich schließlich ein, gelangte ins friedliche Land der Träume und wurde dort von einem Jeongguk in Diener-Aufzug begrüßt...

...

Als ich einige Stunden später in gleicher Position wieder aufwachte, meine Wangen bestimmt knallrot, mein Atem zu schnell, meine Haare in alle Richtungen abstehend und ein Problem anbahnend, vergrub ich mein Gesicht unter meinem Kissen, das ich auf meinen Mund presste, um einen lauten Schrei zu dämpfen.

Das was ich geträumt hatte, war einfach viel zu beschämend, als das ich nochmals daran denken, geschweige denn mit der Person, die dort ihren Gastauftritt hatte jemals wieder normal reden könnte. Wie kam mein Kopf denn auf sowas? Das musste Hobis Schuld gewesen sein, er hatte damit angefangen!

Wie ein Mädchen im Teenageralter kreischte ich weiter in mein Kissen, ehe ich mich nach etlichen Minuten des Schämens entschied, als Ablenkung meine Hausaufgaben für den morgigen Tag zu machen.

______

Ich betrat früh am nächsten Morgen den Klassenraum und schlich, wie das erbärmliche und ängstliche Abbild meiner Selbst zu meinem Sitzplatz, bemüht nicht aufzufallen und ließ mich vorsichtig auf meinen Platz sinken. Natürlich hatte er mich trotzdem bemerkt, aber mir war es einfach zu peinlich, auch nur in seine Richtung zu schauen.

Ich starrte einen Stern vor mir auf dem Tisch an, den ich in einer langweiligen Politikstunde mit Bleistift dahin gekritzelt hatte, und fuhr mit meinen Fingerspitzen die Zacken nach. Ich spürte einen intensiven Blick von der Seite auf mir, der förmlich darum flehte beachtet zu werden, aber ich traute mich nicht mal an die Person zu denken, die ihn mir zuwarf.

Als ihm klar wurde, dass ich nicht reagieren würde, räusperte er sich auffällig laut. Er wartete einige Sekunden. Ich überlegte was ich sagen könnte, um meine Unsicherheit zu überspielen und öffnete zögerlich meinen Mund, aber als er merkte, dass nichts folgte, sah ich, wie er sich im Augenwinkel zu mir beugte und kurz darauf spürte ich eine Hand, die sich auf meinen Oberschenkel legte.

Ich hustete vor Schreck abrupt los und starrte mit wahrscheinlich hochrotem Kopf auf die Hand da unten. Jeon näherte sich mir noch mehr, bis ich seinen Atem nur wenige Zentimeter von meinem Ohr wahrnahm. Er seufzte einmal auf. "Wer hat dir gesagt, dass du mich ignorieren darfst?", hauchte er. Und biss dann einmal sanft in mein Ohrläppchen.

Ich hatte dermaßen ein Deja-vù, dass mir der Atem stockte und ich spürte, wie sich in meinem Hals ein Kloß bildete. Genau das hatte der Jeongguk in meinem Traum auch getan und dann...

"Nein, keine Sorge, ich führ das hier nicht fort", erklang seine Stimme wieder in normaler Lautstärke und er lehnte sich zurück auf seinen Platz. Mit weit aufgerissenen Augen riss ich nun doch den Kopf in seine Richtung und starrte in die seinen und spürte, wie mein Gesicht immer heißer wurde. Wahrscheinlich glich ich inzwischen einer überreifen Tomate.

Sein Blick verriet, wie immer gar nichts, aber da war der Anflug eines Lächelns. Jedenfalls meinte ich das erkennen zu können. Vielleicht bildete ich es mir auch nur ein, weil ich mich so verdammt ertappt gefühlt hatte. Mein Mund trocknete vor Scham und Nervosität aus und in mir breitete sich die Angst aus, dass er Bescheid wusste. Aber wie denn? Ich hatte es niemandem erzählt und sogar wenn schon, wenn er nicht grade unmittelbar daneben gestanden hätte, gäbe es nicht die Möglichkeit, dass er es mitbekommen hätte. Woher sollte er es wissen können?

Aber da erinnerte ich mich an meinen Bettnachbarn in dieser Irrenanstalt... der meinte doch auch meine Gedanken lesen zu können. Kurz stockte mir der Atem, aber dann fiel mir ein, dass das ja auf Gegenseitigkeit beruhte und da ich noch nie Gedanken Jeongguks gehört hatte, konnte es nicht sein.

Aber dennoch blieb seit diesem Moment ein seltsam bitterer Verdacht an meinem Gedächtnis haften, den ich zu verdrängen versuchte. Es war so schon peinlich genug.

"So gewinnt man also deine Aufmerksamkeit, gut zu wissen", kicherte er und ich senkte meinen Blick. "Was sollte das grade?", fragte ich, wie versteinert, aber ich spürte wie er nur frech grinste.

"Hm, meine Intuition hat mir gesagt, ich soll's machen", hauchte er.

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lol, okay, 600 reads. Thx leude

𝐖𝐎𝐋𝐅.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt