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Was zur?! Er stand unten? Ich tappste auf Zehenspitzen zur Fensterbank und tatsächlich. Als ich durch das geöffnete Fenster, runter auf das von der Sonne beleuchtete Feld spähte, stand da ein amüsiert aussehender Jeongguk, der mit schief gelegtem Kopf zu mir hoch schaute.

Ich zog sofort den Kopf wieder zurück und versuchte mich zu beruhigen. Shit, hatte er das alles eben mitbekommen?

"Jep", ertönte es in normaler Lautsärke, aber aufgrund meiner verbesserten Sinne konnte ich es natürlich hören.

"Bild dir ja nichts drauf ein!", kreischte ich durch's Fenster, was natürlich total unnötig war, weil er mich doch ebenso gut verstehen konnte, wie ich ihn.
Unten ertönte ein Kichern. "Komm runter, Honey", sagte er schließlich gelassen und ich ließ wieder meinen wahrscheinlich tomatenroten Kopf aus dem Fenster hervorlugen.

"Wehe du verlierst heute ein Wort darüber!", drohte ich, traute mich aber nicht, ihm direkt in die Augen zu schauen. "Sonst was?", fragte er provokant nach. Er breitete die Arme aus, ließ den Wind seinen Körper umspielen und schien in dem Moment das größte Selbstbewusstsein und die größe Naturverbundenheit auszustrahlen, die ich je bei einem Menschen gesehen hatte.

"Sonst bist du nur noch ein rollender Kopf", drohte ich trotzdem, aber es klang wesentlich weniger überzeugend, als noch vorhin, da er mich eingeschüchtert hatte. "Jetzt komm schon", lachte er und ließ die Arme sinken.

Seufzend ging ich einen Schritt zurück, hielt mit meiner Hand meine Brust, um diesen verrückten Herzschlag zu beruhigen und sprang dann auf die Fensterbank. Von dort aus auf den Sims und dann auf den Boden.

Ich machte mir inzwischen gar keine Sorgen mehr, um gebrochene Knochen und richtete mich zunächst von der Hocke, in der ich gelandet war, wieder auf, aber ohne ihn direkt anzuschauen. "Wie lange stehst du schon hier?", fragte ich leise, versuchte mit meiner kalten Art zu überspielen, wie peinlich es mir war.

"Lange genug", diese Worte machten es nicht besser. Dann schaute ich doch auf, und mein Gesichtsausdruck musste wirklich jämmerlich und bemitleidenswert erscheinen, denn er musste plötzlich lachen und legte mir eine Hand auf die Schulter.

"Keine Sorge. Kein Plan, was du die letzten Stunden so getrieben hast, aber ich hab dir geschrieben sobald ich hier angekommen war. Also vor etwa 15 Minuten."
Ich atmete erleichtert aus, denn immerhin hatte er nicht meine gesamte- sofort hielt ich mich vom Denken ab, er konnte es ja hören.

Erneut kicherte er, griff nach meinem Kinn und zog es zu sich. "Du bist so süß", hauchte er an meine Lippen, bevor er mir einen Kuss darauf gab. Einen kurzen, aber er reichte, um ein Kribbeln, wie kleine Blitze von meinen Lippen ausgehen, mein Herz schneller schlagen, die Gedanken, die ich eben noch gewaltsam unterdrücken musste, in Luft auflösen und in meinem Kopf nichts als ein Glücksgefühl übrig zu lassen. Da war wirklich nichts mehr, kein Gedanke an meinen Bruder, keiner an die Schule, keiner an meine Eltern. Vielleicht verdrängte ich sie auch nur, aber es war toll so. Irgendwie unbeschwert.

Alles Jeongguks Schuld... oder Verdienst...

"Ich liebe die Wirkung, die ich auf dich habe", grinste er an meine Lippen und ich wurde bestimmt wieder rot. "Sei nicht so überheblich", meckerte ich wieder, aber mein Herz wollte sich beim besten Willen nicht beruhigen.

"Komm, wir gehen spazieren, bevor es dunkel wird", sagte er schließlich und griff nach meiner Hand, um unsere Finger zu verschränken. Ich ließ es zu, freute mich insgeheim über diesen kleinen Akt, und ging dumm grinsend und stillschweigend neben ihm her. Wieder diese angenehme Stille, bei der ich mich nicht gezwungen fühlte, etwas zu sagen.

Erst als wir die letzte unserer Koppeln erreicht hatten, und er nicht auf den Wald zusteuerte, sondern weiter den Weg über die Felder anvisierte, schaltete sich mein Kopf wieder ein.

"Sag mal wo willst du eigentlich hin?", fragte ich verwirrt, und fühlte mich dämlich, mich nicht vorher schon erkundigt zu haben. Ich hatte ja genug Zeit gehabt, aber da sieht man mal, wie sehr er meinen Kopf beeinflusste. Er hätte mich gekidnappt haben können und ich wäre ihm grinsend hinterher gelaufen. Er lachte.

"Zu mir nach Hause", antwortete er mit einem Grinsen, das man förmlich raushören konnte.

"Zu dir nach Hause?", wiederholte ich verwirrt.

"Ja, oder glaubst du ich dusche mich im Wald?", er kicherte. "Unter der Woche hab ich doch auch eine Unterkunft gebraucht. Zwar eine bescheidene, aber trotzdem", erklärte er mir und so ließ ich mich zufriedengestellt von ihm über einen der Feldwege leiten, glücklich damit seine Hand halten zu dürfen.

Schon traurig, wie sehr ich ihm bereits vertraute.

~~
Ja lol ey
Hab das grad nach'm Aufwachen verfasst. Ja, ich bin ein Koala und schlafe 20 Stunden am Tag.
Noch welche Koala buddies unter euch?

𝐖𝐎𝐋𝐅.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt