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Ein Feuer. Kräuter. Ein Biss. Ein Blutstropfen.

Mehr war dem Heiler zufolge nicht nötig und die Hälfte hatten wir schon hinter uns. Er hatte, in Gestalt eines Menschen, versteht sich, ein Feuer entfacht und die Kräuter zurecht gelegt.

Normalerweise müssten die beiden in Form von Wölfen hier stehen, aber anscheinend ist es bei dem momentanen Sachverhalt nicht nötig. Offenbar wird Baekhyun Jeongguk beißen müssen, denn bei Tag können sie sich nicht einfach so verwandeln.

Ich habe eben von meinem Bruder erfahren, dass sie sich nur während der Woche in der Vollmond ist, zu jeder beliebigen Tageszeit verwandeln können, ansonsten ist es ihnen erst möglich, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, oder sie irgendwie an Mondlicht kommen.

Dementsprechend würde Jeon ein Mensch bleiben müssen, denn Vollmond war noch nicht.

"Okay stellt euch nebeneinander", sprach der Heiler, den ich eigentlich schon kannte. Von damals. Ich sollte Abstand nehmen. Das tat ich auch und begab mich in einen sicheren Abstand zu ihnen, bevor hier irgendetwas eskalierte. Denn soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich, sowie Jeongguk, nach dem Biss furchtbare Schmerzen und die beiden haben bestätigt, dass das normal sei. Ich wollte auch nicht aus versehen zu Hackfleisch zerhackt werden, weil ich in ihrer Reichweite stand.

"Gut", brummte der Heiler und fing an zu summen. Die Geräusche die er von sich gab, waren diametral. Erst wurde er sehr laut, dann wieder sehr leise, dann meinte ich etwas verstehen zu können und plötzlich war es wieder nur ein Nuscheln. Ich denke, das gehörte dazu, aber es war ein bisschen schauderig. Die zwei zukünftigen Partner schienen jedenfalls daran gewöhnt, denn ich konnte in keinen der beiden Gesichter Überraschung oder Unruhe sehen, wie ich sie dabei verspürte. Jedenfalls zeigten sie keine.

Der Heiler nahm nun seinen Beutel mit den Kräutern und schüttete etwa die Menge eines Esslöffels in deine Hand, bevor er sie in Prisen mit seinen Fingerspitzen ins Feuer beförderte.

Für einen kurzen Augenblick schien die Intensität des Feuers sich zu verdoppeln und es flammte stärker auf. Ich nahm erschrocken einen Schritt zurück und ließ das Feuer am schon helllichten Tage mein Gesicht beleuchten. Die zwei vor mir schienen keine Anstalten zu machen zurück zu gehen.

Ich stand schräg gegenüber von ihnen mit dem Gesicht zu den Flammen, sodass ich alles haargenau mitbeobachten konnte. Auf meiner Linken die beiden und gegenüber von ihnen, auf meiner Rechten, der Heiler

"Baekhyun", hörte ich den Heiler sagen, und wie auf Kommando, hockte sich Jeongguk neben ihn und streckte seinen Arm aus. Wie, als wäre mein Bruder ein Vampir, suchte er sich eine Stelle an dessen Unterarm und biss zu. Für einen Sekundenbruchteil verspürte ich den Schmerz. An meinem Unterarm, aber auch in meiner Magengegend. Es war mir unangenehm das zu sehen und ich wusste nicht, warum. Dann ließ der Schmerz aber nach. Jedenfalls der an meinem Arm.

Baekhyun nahm seinen Kopf weg und erlaubte mir so einen Blick auf sein Werk. Jeongguk blutete nun aus der gebissenen Stelle und das Blut perlte, wie Regen von seiner porzelanfarbenen Haut. Der Anblick triggerte mich und ich hatte das Verlangen auf ihn zu zugehen, das Blut wegzuwischen und mich um ihn zu kümmern. Aber ich war nur ein Außenstehender, ich hatte mich gefälligst im Hintergrund aufzuhalten.

(A/N: unnötige info: triggern steht im deutschen Duden)

Ab dem Moment, ab dem ich sie gezwungen hatte, das zu tun, hatte ich wohl alle Rechte an den Privilegien in Jeongguks Nähe verloren und das wurde mir grade bewusst. Nicht, dass es mir etwas ausmachte, aber es war trotzdem ein seltsames Gefühl.

"In den Kelch", befahl der Heiler und rückte somit wieder in mein Augenmerk. Neben ihnen hatte er einen silbernen Kelch mit edlen Verzierungen abgestellt, der sehr alt aussah. Der Kelch war bis zur Mitte mit einer roten Flüssigkeit gefüllt, ich tippte auf Wein, aber ich war mir nicht sicher. Der Heiler musste ein ganzes Lager mit seinen Gebräuen haben.

Beim Aufheben schwappte die rote Flüssigkeit und hinterließ, neben dem typischen Geruch nach Feuer, der in der Luft lag, einen süßlichen Duft.

Jeongguk hielt seinen Arm darüber und wartete, dass ein Tropfen seines Blutes in dem Kelch landete. Nun verzog ich das Gesicht, ich hoffte sie würden das Gemisch jetzt nicht trinken. Bevor aber irgendetwas derartiges passieren konnte, kippte er die Flüssigkeit ins Feuer und die Flammen wurden wieder größer.

"Nimm unsere Opfergabe", sprach der Heiler in einer tiefen, brummigen Stimme, als sei er von einem Dämon besessen.

Und dann geschah etwas unfassbares, etwas atemberaubendes. In den wilden Flammen formte sich das Bild zweier Wölfe. Sie sahen sich tief in die Augen und schmiegten sich aneinander. Die beiden schienen sehr vertraut, vielleicht ein Paar. Dann verwandelten sich die Wölfe in den Flammen zu Menschen. Zwei Menschen, die immer noch intim miteinander aussahen. Sie näherten sich einander und mit jedem Zentimeter Abstand den sie überwanden, kamen sie mir bekannter vor. Als ich dann noch den nervösen Blick im Augenwinkel bemerkte, wurde es klar. Jeongguk schaute mich vorsichtig an, wie ich wohl reagieren würde, während mein Bruder fast schon zufrieden in das Bild, das sich im bot starrte.

Denn die beiden im Feuer waren sie, und in der Sekunde, in der mir das klar wie Kloßbrühe wurde, küssten sich die Flammenmenschen.

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Ich weiß nicht, ist das ein böser cut? Ich lad jedenfalls das zweite Kapitel hinterher^^
Und btw ich hab die Kommentare unter dem letzten Kapitel geliebt, ihr seid so toll xD <3

𝐖𝐎𝐋𝐅.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt