Als ich den Wolf anschaute, schien es mir als würde er lächeln, was mit einer Wolfsschnauze aber ziemlich lustig aussah, weswegen ich kichern musste. Die anfängliche Aufregung war wie weggeblasen und ich streckte meinen Arm wie beim letzte Mal aus, sodass er sich ihr entgegenschmiegen konnte. Aber diesmal war etwas anders. Ich hatte nicht mehr diese verzweifelte Aura, also schien er es nicht nötig zu sehen sich mir zu nähern. Er beobachtete mich nur misstrauisch und ignorierte meine nach ihm ausgestreckte Hand. Ich zog sie verwirrt wieder ein und runzelte die Stirn. Hatte er das beim letzten Mal nur aus Mitleid getan? Konnte er etwa meine Gefühle wittern?
Als würde er mir antworten wollen, wurden seine Augen irgendwie größer und sein Blick sanfter. Ich seufzte auf und setzte mich im Schneidersitz ins frisch gefallene Laub.
"Hey", flüsterte ich. Und ich kam mir zunächst richtig dumm dabei vor, aber als er den Kopf schief legte, als würde er mich auch begrüßen, fuhr ich flüsternd fort: "Weißt du, wenn du nicht berührt werden möchtest, ist das okay. Du siehst anmutig aus, war schon ein Wunder, dass du mich so nah an dich rangelassen hast, letztes Mal." Daraufhin machte er einen Schritt weiter zu mir und legte sich einen Meter von mir entfernt ebenfalls ins Laub. "Ouh man, was mach ich hier", zischte ich mir selber zu, aber er wimmerte als Antwort und schaute mich mit großen Hundeaugen an. "Können Wölfe das überhaupt?", fragte ich ihn leise und er schien wieder zu lächeln. Gott, ich unterhielt mich hier wirklich um 1 Uhr morgens mit einem Wolf. Hatte ich keine Hobbys mehr? Sein Blick veränderte sich und er wendete ihn ab. Als wäre er beleidigt.
"Wie kann es eigentlich sein, dass du jedes Mal dort auftauchst, wo ich bin?", flüsterte ich. "Und warum flüstere ich eigentlich", sagte ich diesmal etwas lauter, aber immer noch so leise, dass ein normaler Mensch es leicht überhören könnte. Der Wolf hob seinen Kopf und deutet auf unsere Umgebung. "Hast Recht. Aus Respekt zu den anderen Tieren. Ich störe sie bestimmt mit meiner bloßen Anwesenheit, da sollte ich nicht auch noch so laut reden", stellte ich fest, woraufhin er zu nicken schien. "Sag mal verstehst du, was ich sage oder kommt es mir nur so vor als würdest du mir dauernd antworten?", fragte ich schließlich leise. Es folgte keine Reaktion seinerseits. Wie auch? Immerhin konnte er nicht reden. Jedenfalls soweit ich wusste.
"Wenn du mich verstehst, dann streck deine Pfote nach mir aus", sagte ich. Er starrte mich nur an. Überlegte er? Oder schienen seine Reaktionen einfach durch puren Zufall perfekt abgestimmt? Vielleicht war ich auch schon so paranoid, dass ich mir das einbildete. Gosh, ich versuchte hier mit einem Wolf eine Konversation zu führen, war ich komplett verrückt geworden? Was bildete ich mir eigentlich ein? Als würde er antworten. Was machte ich überhaupt hier? Sollte ich nicht in meinem Bett liegen? "Tut mir leid für die Störung", flüsterte ich, mehr mir selber zu als ihm und stützte mich am Boden ab, um aufzustehen,
als ich genau in dem Augenblick sah, wie er ganz langsam seine Pfote auf mich zubewegte. Er hatte den Kopf abgewandt, als würde er es jetzt schon bereuen.Das konnte jetzt aber kein Zufall mehr sein. "War das jetzt absichtlich?", fragte ich direkt verwirrt. Ach ja, er konnte nicht reden. "Wenn ja... dann klopf mit deinem Schweif auf den Boden." Er schaute mich an und nach kurzer Pause folgte das Signal. Also hatte er vielleicht tatsächlich eben überlegt. Warte was? Hatte ich wirklich einen Wolf gefunden, der die Menschensprache verstand?! Ich hatte bei ihm von Anfang an ein seltsames Gefühl. Als würde er mehr von mir verstehen, als ein gewöhnlicher Wolf es je könnte, aber dass es so weit reichte, damit hätte ich nicht gerechnet.
Alter Schwede, ich hatte einen Wolf gefunden, der mich verstand! Diese Erkenntnis traf mich plötzlich wie ein Schlag und ich quiekte auf und fiel zurück auf meinen Rücken. War ich verrückt geworden?!
Ich stützte mich auf meinen Unterarmen ab und schaute ihn wieder an. "Okay, also... für "Ja" klopfst du ein Mal mit deinem Wolfsschwanz auf den Boden und für "Nein" zwei Mal, okay?", fragte ich erwartungsvoll.
Pause.
Ein Klopfen.
Okay."Erinnerst du dich an mich?" Er schaute mich bedacht an, als wüsste er mehr als ich und klopfte dann einmal.
"Bist du damals aus Mitleid geblieben?" Er schien antworten zu wollen, stockte dann aber in der Bewegung, sein Schweif in der Luft, und wedelte dann plötzlich hin und her, als wäre er sich nicht sicher, was er antworten wollte.
"Du bist dir nicht sicher."
Ein Klopfen. "Wie auch immer ich das jetzt verstehen soll...""Hast du ein Rudel?"
Ein Klopfen."Hast du dich verlaufen?"
Zwei Klopfen.
"Aber warum bist du dann hier...?", fragte ich unbedacht, als mir das Problem wieder einfiel. "Ach stimmt. Ja- oder Nein-Fragen. Hmm.""Bist du schon länger hier?" Er legte den Kopf schief und klopfte einmal sachte. Ich schaute ihm in die Augen.
"Findest du diese Unterhaltung eigentlich auch irgendwie bescheuert?"
Drei Klopfen."Und was heißt das jetzt?" Mir war natürlich bewusst, dass ich keine Antwort erhalten würde. Er aber stand auf und näherte sich mir etwas. Ich, immer noch auf meinen Unterarmen abgestützt, beobachtete ihn nur stumm dabei, wie er sich genau neben mich auf den Boden legte und seinen Kopf auf meiner Brust ablegte. Mein Herzschlag ging schneller und er schien das zu bemerken, denn seine dunkelbraunen Augen schauten mich intensiv an. Wieder diese wunderschöne Augenfarbe.
Ich hob zitternd eine Hand und näherte mich seinem Fell. Seine Augen huschten zu meiner Hand, registrierten sie, aber er schien nicht mehr dagegen zu sein und gewährte mir, ihn zu berühren. Ganz sanft und vorsichtig ließ ich sie in seinem weichen Fell verschwinden und streichelte einige Male dadurch. So weich.
"Hab ich dir schon gesagt, dass dein Fell himmlisch weich ist?", brummte ich. Er schmiegte seinen Kopf gegen meine Hand und ich verspürte einige Glücksgefühle in mir. Ich wusste nicht warum ich hier war, oder was ich hier tat, aber es fühlte sich verdammt richtig an.
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...