Seine Augen blitzten ertappt auf und er senkte den Wolfskopf. Das war für mich die Bestätigung und mir entfloh ungewollt ein seltsam hoher Laut. Ich schnappte nach Luft und drehte mich von ihm weg. In diesem Augenblick wollte ich ihn einfach nicht mehr sehen.
'Es warst du', flüsterte ich. Jedenfalls waren die Geräusche, die ich machte, relativ leise. 'Von Anfang an', zitierte ich seine Worte, von vor nicht einmal einer halben Stunde.
'Du!', rief ich etwas lauter und machte einen weiteren Schritt zurück. 'Was hast du mir sonst alles nicht erzählt?' Ich wurde wieder panisch. Und da fielen mir die ganzen Gespräche ein, die ich mit ihm geführt hatte.
'Du hast zugehört, wie ich über dich rede, und so getan als wärst du nur ein zufälliger Wolf, der mir auf WUNDERSAME Weise zuhörte', zählte ich auf. 'Du hast meine Gedanken gelesen, egal was ich getan habe, hast mir aber nicht deine gezeigt', fügte ich vorwurfsvoll hinzu. 'Aber vor allem hast du mich gekidnappt! Du hast mich gekidnappt! Weißt du, wie mies es mir deswegen ging? Weißt du, was du mir damit angetan hast?' Mit jedem Wort wurde die Wut in meinem Bauch größer und nun näherte ich mich ihm sogar wieder.
Ich machte mir keine Gedanken darum, wie ich rüberkam, denn ich war sauer. Aber das schien ihn irgendwie nicht zu beeindrucken, denn er blieb am gleichen Fleck stehen. Nur sein Gesichtsausdruck zeigte mir, dass er es bereute. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, das Wölfe mithilfe ihres Gesichtes Gefühle zeigen konnten, aber seine Augen waren wie ein offenes Buch.
Ich blieb erschöpft stehen. Keine Kraft mehr mich darüber aufzuregen. Keine Lust mehr ihn anzuschreien. Es war mein Geburtstag und ich wusste von Anfang an, dass er nicht Bombe werden würde, aber das hier hatte ich, als ich heute morgen aufgewacht war, nicht erwartet. Das strapazierte jeden einzelnen Nerv in meinem Körper. Ich wollte das alles nicht mehr und zum ersten mal, fing ich an mein altes "langweiliges" Leben wertzuschätzen.
Ich fand es immer in Ordnung, nur in den letzten Jahren hatte ich mir mehr Action gewünscht. In diesem Augenblick nahm ich jeden dieser Wünsche zurück und wünschte mir stattdessen, dass ich jeden Moment aufwachen und in meinem Bett liegen würde, bevor irgendwas hiervon passiert war. Bevor ich das erste Mal im Streit mit meinen Eltern in den Wald abgehauen war.
"Hör mal, ich kann dir hier und jetzt nicht alles erklären, aber du musst bei mir bleiben", sagte er. Warum machten wir es uns eigentlich so schwer? Ich hatte keine Lust mehr. Darum. 'Vergiss es, ich gehe', sagte ich ohne weiter nachzudenken. Ich wollte ihn wirklich nicht mehr sehen und drehte ihm somit den Rücken zu.
"Ich will dir nicht weh tun!", rief er mir von hinten zu. Ich schnaubte belustigt. 'Es zwingt dich auch keiner', knurrte ich und setzte weiterhin eine Pfote vor die andere. Ich war so wütend, dass ich mich mit der Wolfsgestalt, in der ich mich anscheinend befand, zufrieden gab.
'Wenn du aber nicht sofort stehen bleibst, muss ich es', sagte er und es klang wirklich traurig. Aber ich wusste inzwischen sowieso nicht mehr was echt und was Schauspielerei war.
'Dann tu's doch', keifte ich ihm über meine Schulter zu. Er seufzte
"Und wo willst du so hin?" Er versuchte wirklich alles. 'Vor die Haustür. Die anderen sind bestimmt alle bis oben voll und bemerken mich nicht. Irgendwann werde ich mich schon wieder zurückverwandeln. Das tust du doch auch.'"Und was wenn nicht? Ich habe Übung darin, du nicht. Was wenn du dich nicht zurückverwandelst?", fragte er verzweifelt. 'Dann werde ich mir Mühe geben.' Ich ging während unseres ganzen Gespräches weiter Richtung Waldrand und er folgte mir. Der Abstand zwischen uns vergrößerte sich, der Lautstärke seiner Stimme zufolge.
"Bitte geh nicht", flüsterte er und ich hörte, wie er stehen blieb. Wir hatten den Rand erreicht. Wenn ich jetzt weiterging, gab es kein zurück mehr. Ich traf meine Entscheidung.
Ich hielt an und drehte meinen Kopf in seine Richtung.
'War irgendetwas zwischen uns echt?', fragte ich mit brüchiger Stimme und dachte insgeheim an alle vertrauten Momente. Von denen, an denen ich mich in Menschengestalt nachts in den Wald geschlichen hatte und wir kuschelnd an einen Baum lehnend dort saßen und redeten, bis zu den Momenten in denen er mich vor irgendwas beschützt hatte. In beiden seinen Gestalten, sowohl Mensch, als auch Wolf.
Ich dachte auch an die Küsse die er mir geraubt hatte und mein Herz erwärmte sich ungewollt für eine Millisekunde, bis mir einfiel, dass das alles wohlmöglich nur Tarnung oder Fassade war, um in meiner Nähe zu bleiben. Mir stiegen Tränen in die Wolfsaugen und ich verfluchte meinen Wolfskörper, dass mir diese Eigenschaft des Weinens geblieben war.
Ich drehte meinen Kopf wieder weg, damit er es nicht sehen konnte. Aber es war unnötig, denn immerhin hatte er wahrscheinlich sowieso jeden meiner Gedanken gelesen.
Ich wartete dort ab und ließ jeden unserer Momente Revue passieren und mit jeder Sekunde der Stille seinerseits, tat mir mein Herz immer mehr weh. Ich sah zwar seine Mimik nicht, aber das reichte mir. Ich wollte mir nicht noch mehr antun.
'Hatte ich es mir doch gedacht', schniefte ich und machte den endgültigen Schritt aus dem Wald. Ich wollte in mein Bett und der Gedanke, dass ich wahrscheinlich vor der Haustür schlafen musste, machte es nicht besser.
"Tut mir leid, aber das kann ich nicht zulassen", erklang seine Stimme, aber diesmal nicht so bedauernd und nachsichtig, wie eben die ganze Zeit, sondern kalt und ausdruckslos.
Ich wollte mich umdrehen, um zu sehen, was er vorhatte, spürte aber im nächsten Augenblick einen stechenden Schmerz in meinem Hinterbein.
Und dann wurde alles schwarz.
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Omg ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich werde die Kapitel übrigens noch später Korrektur lesen.
Aber omg wir haben die 1k votes geknackt und das hier ist das 50. Kapitel. Das ist total surreal, aber ich möchte mich bei euch bedanken. Danke, danke, danke♡♡ das ist unfassbar.So das ist das Ende der Lesenacht und vielen Dank an alle die aktiv mitgelesen und kommentiert haben und auch an die, die es später noch lesen werden^^
Byeu
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...