"Und Ende", sage ich und schalte mit einem Grinsen das kleine, glühende Nachtlicht in Form einer Blume aus, da ich weiß, was jetzt folgt.
"Nein warte, du musst uns noch das richtige Ende erzählen!", kommt der Widerspruch den ich erwartet habe und das schwache Licht geht wieder an, das den Raum genau soweit beleuchtet, dass man die wichtigsten Umrisse erkennen kann.
"Na, na, na, ich mache die Regeln", sage ich gespielt streng und mache die Andeutung erneut nach dem kleinen Schalter zu greifen, werde aber von zwei kleinen Händen unterbrochen.
"Das kannst du nicht machen!", folgt die fiepsige, aufgebrachte Stimme.
"Kann und werde ich, es ist Schlafenszeit!", beharre ich weiter, werde aber schlussendlich von zwei Hundeaugenpaaren umgestimmt."Also gut, das Ende..."
Ich krame wieder in meinen Erinnerungen, aus denen ich, wie immer viele Details weglassen musste, weil sie nicht für jedermanns Ohren bestimmt sind und versuche die wichtigsten Punkte aufzulisten:
"Die Zerremonie fand statt, ich habe nachgegeben und eurem Papa zuliebe ja gesagt und durfte dann endlose Jahre mit Hausarrest verbringen, weil ich nicht auf meine Eltern gehört habe", log ich und sofort kamen genervte Seufzer, denn sie wussten welcher Part das war. "Also hört immer auf eure Eltern, damit sie sich nicht zu Tode sorgen müssen, wie meine damals", sage ich mit einem mahnenden Zeigefinger."Quatsch, Oma und Opa geht's prima", wird mir widersprochen und ich kichere automatisch.
"Und jetzt erzähl das Ende richtig!" Sie bestehen darauf. Wie immer.Also gut seufze ich und führe meine Erzählungen fort, die ich inzwischen eindeutig besser als auswendig kann: "Ich willigte eurem Vater zuliebe ein und..."
"Ach wirklich?", werde ich von einer liebevollen, rauen Stimme hinter mir unterbrochen, die mir eine angenehme Gänsehaut den Rücken rungerjagt und auch ohne hinzusehen, weiß ich, dass er jetzt im Türrahmen steht und mit wahrscheinlich verschränkten Armen dabei zuschaut, wie ich die Geschichte zu Ende erzähle."Ich habe das anders in Erinnerung", spricht seine dunkle Stimme, aus der ich deutlich das Lächeln heraushören kann und er verändert seine Tonlage bei seinen nächsten Sätzen um mich zu imitieren: "Ich liebe dich, ich kann nicht mehr ohne dich leben, du bist das Beste was mir je passiert ist." Meine Worte. Die übertriebene Version davon jedenfalls.
Ich verdrehe lachend die Augen und schaue zu ihm. Ein müder Blick auf seinem Gesicht und tiefe Augenringe.
"Dann erzähl du sie doch zu Ende", werfe ich ihm spielerisch vor, aber er schüttelt nur den Kopf. "Du kannst das besser", sagt er, hockt sich neben mich auf den Boden und wartet wieder still ab, dass ich fortführe was ich begonnen habe.Ich sehe mich im Zimmer um, vergewissere mich, dass die Aufmerksamkeit jedes einzelnen auf mir liegt und leiste dem im Raum stehenden Wunsch folge.
"Wir erneuerten die Bindung, versprachen uns für immer füreinander da zu sein und auch als ich nach Hause kam zu meinen Eltern, und neue Regeln aufgestellt wurden, gaben wir einander nicht auf. Weil wir uns lieben", sage ich.
"Und dann?", kommt dennoch die erwartete Nachfrage.
"Na, dann wurde ich älter und ihr wisst was dann kam. Sonst wärt ihr beiden wohl nicht hier", lache ich und Jeongguk stimmt müde mit ein.
Ich habe ihn heute nur vier Stunden alleine mit den beiden Engelchen gelassen, um meinen Bruder besuchen zu können, aber irgendwie hat er es geschafft so sehr die Kontrolle über sie zu verlieren, dass sie an eine gute Dosis Koffein gekommen waren die sie den restlichen Tag hyperaktiv werden lassen hat. Er war so überfordert als ich zurückkam, dass ich sie ihm abnehmen musste."Ewww", macht Woosung, der den Teil mit seinem Namensgeber immer am interessantesten fand. Jedes mal wenn ich davon erzähle, richtet er sich stolz auf und freut sich über seinen Namen. Kein Wunder, er ist 5, er weiß nicht einmal welche Dankbarkeit ich dem Woosung von damals gegenüber verspüre.
"Behaltet das für euch", stimmt auch Yong-sun ein, die mittlerweile 9 Jahre alt ist und inzwischen mehr versteht, als mir manchmal lieb ist.
Dennoch lachen wir alle und Jeongguk bestimmt, dass es nun wirklich Schlafenszeit ist. Die beiden ziehen schmollende Schnuten, geben sich aber damit zufrieden, da sie bereits bekommen haben, was sie wollten; ich habe ihnen die Geschichte erzählt die sie am meisten lieben. Wie ihre Eltern sich kennen gelernt haben.
Ich weiß nicht warum, aber die beiden haben ein Faible dafür mir immer wieder Stunden lang dabei zuzuhören und mit mir zu grinsen, wenn ich von den schönen Momenten erzähle und gläsrige Augen zu bekommen, wenn es zu den schlechten kommt."Gute Nacht, meine Engel", flüstere ich schließlich und drücke beiden einen Kuss auf die Stirn.
"Gute Nacht, Papa", antworten sie im Chor."Gute Nacht, Monster", flüstert auch Jeongguk und wiederholt die Prozedur.
"Gute Nacht, Paps", kommt erneut die Antwort und ich schalte endgültig das Nachtlicht aus und lasse sie in einen sicheren Schlaf gleiten."Wir haben euch lieb", flüstert Jeongguk während er mir beim Verlassen des nun ruhigen Zimmers folgt, der das mir wichtigste Geschenk der Erde in sich birgt. Meine Familie.
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The End
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...