"Jeongguk kannst du meine Gedanken nicht hören?", fragte ich zur Sicherheit noch mal nach und er runzelte ebenfalls die Stirn. "Stimmt, es war relativ ruhig in deinem Kopf", gab er zu. "Ich hab das bei dem Stress wohl nicht bemerkt, aber jetzt wo du es sagst, nein, ich hab länger keinen deiner Gedanken mehr gehört."
Das beunruhigte mich.
"Was heißt das jetzt?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue, aber er schien genauso planlos wie ich zu sein.
"Ich dachte unsere Bindung ist nicht aufhebbar, bombenfest?", hakte ich weiter nach, aber er hob abwehrend die Hände.
"Ich weiß es selber nicht, Taehyung", sagte er überfordert und fuhr sich durch die Haare."Die Frage ist, hast du jetzt eine Bindung mit Chanyeol? Und wenn nicht, warum sind wir dann beide noch in Menschenform...", murmelte er eher sich selber zu und schaute nachdenklich an die weiße Wand des Krankenhauses.
"Das macht keinen Sinn", murmelte er und ich stimmte ihm innerlich zu."Und was wenn doch?", fragte ich plötzlich mit einer inneren Panik, aber er wusste nicht sofort worauf ich mich bezog, schaute mich fragend an. Es war so seltsam, dass er nicht automatisch wusste was ich sagen wollte, dass es mir fast schon Angst machte, obwohl es doch eigentlich die Norm sein sollte. Aber die Tatsache, dass ihm ohne unsere Bindung diese in unserer Beziehung essenzielle Fähigkeit fehlte, ließ mich stutzig werden. Waren wir eine gute Kombination? Hatten wir überhaupt irgendetwas Kompatibles in uns, dass uns unter normalen Umständen zusammengeführt hätte?
Gut, dass er diese zweifelnden Gedanken nicht hören konnte, denn sonst hätte ich bestimmt eine Abreibung bekommen..."Was wenn ich jetzt wirklich eine Bindung mit Chanyeol habe?", half ich ihm trotzdem auf die Sprünge. Der Gedanke schien ihm gar nicht zu gefallen und er schien ihn absichtlich nicht ausgesprochen zu haben. "Das ist eigentlich nicht möglich... Und wenn... wird sie sich schon trennen lassen, wir haben Chanyeol in unserem Gewahrsam, im schlimmsten Fall zwinge ich ihn es rückgängig zu machen", seine dunkle Stimme ließ meinen Rücken einen Schauer runterlaufen. Er schien keine Zweifel an uns haben. An uns beiden, als Paar, aber das war mir sowieso schon bewusst. Die Sache war nur, hatte ich die? Zweifel. Ich war noch 16, war ich bereit mein Leben dafür aufzugeben, jetzt wo ich vielleicht die Wahl hatte?
"Okay", flüsterte ich dennoch und ließ mich schließlich von ihm in den Arm nehmen. Sein Griff war fest, als könnte er meine Gedanlen, meine Zweifel trotz fehlender Bindung spüren und wollte mich nicht verlieren. Wenigstens für diesen Moment. Und ich genoß es, ich schloss die Augen und fühlte mich sicher. Wie immer. Seine mich umgebende Wärme war genug für mich, gab mir gefühlt alles Nötige zum Leben.
Aber stimmte das wirklich so?
_____
Ich wurde nach einigen, wenigen Tagen aus dem Krankenhaus entlassen, hatte immer noch nicht meine Eltern kontaktiert und war mir inzwischen sicher, dass sie mich nie wieder das Haus verlassen lassen würden, also lohnte es sich jetzt auch nicht ihnen Bescheid zu geben, wo ich war.
Dennoch hatte ich den inneren Drang ihnen zu schreiben, dass es mir gut ging, mir nichts fehlte, aber Jeongguk meinte, dass sie mich dann bestimmt in Windeseile geortet hätten, wenn die Polizei sich nicht schon daran gemacht hatte mein, zum Glück aus Akkumangel ausgeschaltetes, Handy zu orten, und das wäre zu riskant; also ließ ich es widerwillig sein.Das Erste, was Jeongguk nach Verlass des Krankenhauses vorhatte, war unseren Heiler aufzusuchen. Ich war damit vollends einverstanden, immerhin interessierte mich auch das Wohl meines Bruders. Ihn zu sehen, war auch das Erste, das ich verlangte, als wir ankamen.
Wir wurden gebeten leise zu sein, da Baekhyun sich erholen musste, was mich kurz besorgt werden ließ, immerhin stand ich selber ja auch wieder einigermaßen auf den Beinen. Wie schlimm musste es ihn dann getroffen haben?
Aber als wir den bescheidenen Raum betraten, sah ich etwas unerwartetes und mir traten sofort ungewollte Tränen in die Augen, die es nur langsam wagten meine Augenwinkel zu verlassen.
Baekhyun lag in einem Bett, ihm lagen die dunkelbraunen Haare in der Stirn, sein Gesicht schien irgendwie abgemagert, seine Wangenknochen traten hervor und generell waren seine Gesichtszüge markanter, als ich sie in Erinnerung hatte. Aber da war etwas, dass das ganze Bild noch schwerer erträglich für mich machte; der große auffällige Kratzer, der beim näheren Herantreten sichtbar wurde und über seine linke Gesichtshälfte verlief. Sie trennte seine Augenbraue in zwei, verlief über seine Wange und endete bei seinem Mundwinkel.
Ich schaute verwirrt auf, suchte den etwas älteren Mann der für den Heilungsprozess zuständig war und schenkte ihm einen blanken Blick.
Ich war an dem Punkt angekommen, an dem ich so überfordert war, dass ich das Gesehene nicht realisieren konnte. Ja, da lag eindeutig mein Bruder vor mir und jeder Zweifel der in mir in den letzten Monaten auch nur zu keimen wagte, war nun erstickt, denn er war hier ein Mensch.Aber... warum? Konnte das echt sein? Nein oder? Bildete ich es mir ein? Nein, das machte auch keinen Sinn.
"Er ist es", sagte die geheimnisvolle Stimme des Mannes, dessen Namen ich nicht einmal kannte.
"Chanyeol muss ihn wohl danach gebissen haben, denn er hat sich gestern zum ersten Mal wieder zurückverwandelt", fügte er leise hinzu und mir war sofort bewusst, dass er mit "danach" meine Ohnmacht meinte. Ich runzelte die Stirn, was war denn dann mit mir? Ich wurde doch auch gebissen?
Aber ich kam nicht dazu meine unendlichen Fragen auszusprechen, denn ich spürte plötzlich eine sanfte Berührung an meinem Handgelenk und als ich erschroken in die Richtung schaute, erkannte ich zwei bernsteinfarbene Augen, die mich schlaftrunken anschauten und Halt in mir suchten."Baekhyun", flüsterte ich und näherte mich ihm langsam, ehe er mich etwas plötzlich zu sich zog und seine Arme fest um mich schlang. Ich schnappte nach Luft.
"Ich hatte Angst um dich", flüsterten wir fast gleichzeitig.
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Wir nähern uns dem Ende
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...