"Ach egal", er winkte ab. "Jedenfalls solltest du auf was auch immer du nachts machst verzichten und lieber schlafen." Ich runzelte die Stirn und beobachtete, wie er mit gleichgültiger Miene seine Stifte aus dem provisorischen Mäppchen auspackte und ordentlich auf seinem Platz aufreihte.
"Ähm, ich weiß ja nicht was dich das angeht, was ich nachts mache, aber ich ändere doch nicht meine Pläne nur weil ein möchtegern Besserwisser das sagt", schnauzte ich. Er stoppte mit dem was er tat und ließ seine Hand mit einem Kugelschreiber auf meinen Tisch sinken. Er beugte sich vor und ich war gezwungen in seine Augen zu schauen. "Mich geht sehr wohl was an, was du in der Nacht machst", sagte er ernst. Aber die Worte die grade seinen Mund verlassen hatten, machten es mir schwerer nicht loszuprusten. Stattdessen tat ich, was er wohl nicht von mir erwarten würde und lehnte mich ihm ebenfalls entgegen sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten.
"Ach, ja? Solange du nicht bei mir bist in der Nacht, sollte es dich gar nicht interessieren, was ich mache", hauchte ich ihm entgegen. Und zum ersten Mal seitdem ich ihn kannte sah ich einen Funken Unsicherheit in seinem Blick und er zuckte unmerklich zurück. Nur eine Millisekunde und wahrscheinlich hätte jeder Außenstehende es übersehen, aber ich hatte es gemerkt. Und es gab mir noch mehr Sicherheit, sodass ich ihn mit der Hand am Kinn anstupste und provokant zwinkerte.
Sein Blick blieb emotionslos, aber ich sah, wie sich ein ganz leichter Rosaschimmer auf seine honigfarbene Haut legte.
"Ich habe dir schon mal gesagt, dass du mir wohl vertrauen musst", sagte er. Bei diesem Satz hatte ich ein Deja-vù. Mal wieder. Ein unangenehmes. Mal wieder. "Und deswegen solltest du meine Ratschläge befolgen, auch wenn du nicht weißt, was es dir bringt. Aber ich glaube deine Gesundheit ist Grund genug auf mich zu hören", tadelte er mich.
"Meine Gesundheit? Nenn mir einen Grund der dir die Vermutung gibt über mein Leben bestimmen zu dürfen? Wir sind doch noch nicht mal befreundet", giftete ich zurück.
"Das erfährst du noch."
Schon wieder dieser Satz. Ich griff mit meiner Hand wieder an sein Kinn, hielt ihn diesmal aber fest und hob es so an, dass er mir in die Augen schauen musste.
"Vertrauen." Er sagte es mit einer solchen Selbstsicherheit, dass ich kurz schwankte.Dann hatte ich mich aber wieder im Griff. "Tja, damit hab ich wohl nicht die besten Erfahrungen gemacht", sagte ich und ließ von ihm ab. Ich drehte mich wieder normal auf meinen Platz und packte ebenfalls mein Zeug aus. Er verharrte in der Position, wie ich ihn da gelassen hatte. Wie bestellt und nicht abgeholt.
"Übrigens. Letztes Mal hatte meine Müdigkeit einen Grund. Heute ist dieser Grund nicht aufgetaucht", erzählte ich ihm. Warum ich das tat? Keine Ahnung. Vielleicht weil ich etwas frustriert darüber war und es jemandem erzählen wollte ohne direkt ausgefragt zu werden. Jemand der mich danach nicht schief anschauen und wissen wollen würde, warum ich auf einmal so "draufgängerisch" wurde. Denn ich war mir sicher, dass Jeon keine weiteren Fragen stellen würde. Neugierde würde sein Image zerstören. Vor allem Neugierde und Interesse am Leben anderer.
Und er stellte auch keine Fragen, sondern packte ebenfalls noch Hefte und Bücher aus und so warteten wir stumm nebeneinander bis unser Lehrer auftauchte und der Unterricht begann.
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Physik. Letzte Stunde heute. Ich betrat den Klassenraum, stellte meine Tasche lustlos ab und ließ mich auf meinen Platz sinken. Währenddessen hörte mit halbem Ohr zu was Jin und Namjoon mir zu erzählen versuchten. Irgendeine peinliche Anekdote die ihnen heute auf dem Schulflur passiert war. Vor unserem Direktor.
Normalerweise redete ich in solchen Situationen mit und lachte auch darüber, aber in letzter Zeit fehlte mir immer häufiger die Motivation mich an Gesprächen zu beteiligen. Ich bemühte mich ihnen zuliebe mitzureden, aber man sah mir mein Desinteresse dennoch an. Deswegen gaben die beiden es teilweise auch auf und dann tat es mir immer furchtbar leid den enttäuschten Funken in ihren Augen zu sehen, wenn sie wieder zu ihren Plätzen gingen. Nur Hobi störte sich nicht daran und gab mich nicht auf. Ich wusste nicht, ob es an seiner Verpeiltheit lag und er es einfach nicht bemerkt hatte, oder daran dass ich in seiner Gegenwart immer noch am lockersten war und wieder in Plauderlaune gelang.
Jedenfalls war ich in dem Augenblick alleine und starrte an die Tannenbaumgrüne Tafel. Ich hatte sofort Fernweh nach Wald und Freiheit, aber versuchte dieses seltsame innere Verlangen, das mich in letzter Zeit immer häufiger überkam, zu unterdrücken.
In Physik saß Jeon ganz hinten, ich neben Sicheng. Er war ein ruhiger Sitznachbar, aber zu seinem Glück wurde er ständig in Beschlag genommen von einem Jungen der erst seit einem Jahr bei uns war. Er hieß Yuta und ließ keinen auch nur in die Nähe von Sicheng, was ich ziemlich übertrieben fand, aber weil ich keinen Stress wollte, akzeptierte ich es mehr oder weniger keinen Sitznachbar zu haben und mich alleine auf den Unterricht zu konzentrieren.
Bis zu diesem Tag.
Zu Anfang des Unterrichts beschloss der Lehrer uns eine Aufgabe im Buch zu geben und dann heute ein nettes Arschloch zu sein. Ihr dürft nämlich drei mal raten wer keine hatte...
"Ja, okey Jeongguk, dann setz dich zu jemandem der noch einen Platz neben sich frei hat und teil mit dem ein Buch." Und wer kam da nur in Frage?
Natürlich. Ich.
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Übrigens ihr seid krank. Wie kann es sein dass der kack hier schon 800 reads hat? Dankeschöööön
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...