"Bitte, ruf mich an", rief ich Jeongguk zu, als er aus meinem Fenster sprang. Ich hatte mich bereits fertig gemacht und auch an alle Knutschflecken und anderweitige Spuren unserer gemeinsamen Nacht gedacht. Ich hoffte nur, dass Keiner Fragen zu den Kratzern auf seinem Rücken stellen würden, die ich eben erblicken konnte, als er sich von mir weggedreht hatte, um sein Shirt zu suchen.
Ggukie warf mir einen Luftkuss von unten zu und verschwand dann ohne ein weiteres Wort im Wald. Ich schloß kopfschüttelnd und lachend das Fenster und verließ daraufhin mein Zimmer. Am Wochenende würde er dafür leider nicht noch einmal vorbeikommen können und da ich ja jetzt sowieso zur Schule musste, hatte er beschlossen zurückzukehren.
Ich hoffte einfach nur, dass sie diesen gesuchten Typen so schnell wie möglich finden würden, denn ich war bestimmt nicht mal einen Monat mit Ggukie zusammen und sah ihn jetzt schon kaum. Ich weiß, dass dieser Gedanke selbstsüchtig und egoistisch war, aber ich fühlte mich, als würde er, jedes Mal wenn er durch mein Fenster verschwand, einen Teil von mir mitnehmen. Vielleicht war das auch so.
Außerdem wollte ich die Möglichkeit haben, endlich mit Baekhyun in seiner menschlichen Gestalt reden zu können, ihn richtig umarmen zu können. Auch wenn er mich verletzt hatte, war er immer noch mein Bruder und den größten Teil meines Lebens die mir wichtigste Person auf Erden.
So war das nun mal mit Familie. Egal was sie taten, am Ende musste man ihnen verzeihen, denn Freunde kannst du dir aussuchen, aber deine Familie bleibt immer.Ich ging in die Küche, frühstückte auf die schnelle und ignorierte die überraschten Blicke meiner Eltern, als ich mir einen Löffel nach dem anderen in den Mund schob.
Jeongguk hatte mich darauf angesprochen, dass ich so abgemagert sei und hatte mich gefragt, ob ich denn genug aß. Ich war rot geworden und hatte versucht das Thema zu wechseln, aber er hatte mich mit einem besorgten Blick umarmt und gefragt, was los sei.
Naja, er konnte es ja auch gegen meine Einverständnis hören, da meine Gedanken mich verrieten, sprach es aber aus Respekt meinem Schamgefühl gegenüber nicht direkt an, sondern fing an, an meinem Ohr zu knabbern und mir mit heiserer Stimme eine kleine Drohung in dieses zu flüstern. Und da ich nicht lebensmüde war, wollte ich ihn nicht enttäuschen und das verlorene Gewicht wieder dazugewinnen.Dass meine Eltern jetzt dafür umso verwirrter waren, versuchte ich außer Acht zu lassen. Ich war ihnen nichts schuldig, keine Erklärung. Sie sprachen mich auch nicht mehr auf das gestern geschehene an. Vielleicht hatten sie den Abend im Wohnzimmer, beim laufenden Fernseher verbracht und die Geräusche die aus dem Apparat nicht von denen aus dem oberen Stock unterschieden. Vielleicht taten sie auch nur so, als hätten sie nichts gehört, weil sie nicht die zweite Stimme rausgehört hatten und sich dachten, dass ich in meinem Alter manchmal meinen Bedürfnissen nachgehen musste. Oder es war ihnen wieder einmal zu unangenehm.
Oder unsere Wände hatten die Geräusche gedämpft, immerhin waren wir gar nicht so laut, wir hatten uns bemüht den ein oder anderen Schrei meinen Eltern zuliebe zu unterdrücken.Woran auch immer es lag, ich schaffte es das Haus zu verlassen, ohne darüber reden zu müssen und das erleichterte mich ungemein.
Während der Autofahrt war es aber irgendwie unangenehm. Meine Mutter wollte mich heute fahren, da sie das Drama von gestern zwischen mir und meinem Vater mitbekommen hatte und uns die unangenehme Stimmung ersparen wollte, aber jetzt grade war es nicht besser. Sie schwieg, schien aber die ganze Zeit zu mir rüberzuschielen. Ich schaute irgendwann einfach aus dem Fenster, um dieser peinlichen Situation wenigstens geistlich zu entkommen.
"Papa meinte das nicht so. Wir... hätten uns nur gefreut, wenn du uns ein Mädchen vorstellen-... vorgestellt hättest", sagte sie schließlich. Ich blieb stumm. "Aber anscheinend kam deine gute Laune von keinem Mädchen...", stellte sie fest und seufzte. Ich zog die Augenbrauen hoch. "Gute Laune?", fragte ich misstrauisch, denn so wie ich es mitbekommen hatte, herrschte in letzter Zeit Weltuntergangsstimmung bei uns allen zu Hause. Mich eingeschlossen.
Sie lächelte, warf mir einen kuzen Blick zu und schaute dann wieder auf die Straße. "Ja, ein Blinder sah, dass du verliebt wars-... bist", korrigierte sie sich. "Ich und dein Vater sind schon alle Mädchen aus deiner Klasse durchgegangen. Haben uns gewundert wer es sein könnte. Du hast dich... die Zeit bevor wir es herausgefunden haben, komisch verhalten. Hast dauernd gelächelt, ohne es selber zu merken, warst motivierter und temperamentvoller. Nur die Sachen, die dein Freund bei uns am Tisch gesagt hat, haben uns aus dem Konzept gebracht. Aber nachdem du mir versichert hattest, es sei nur eine Mutprobe gewesen, haben wir dir geglaubt. Immerhin hast du uns noch nie wirklich angelogen", sagte sie und ich bekam ein wenig ein schlechtes Gewissen.
War es wirklich so auffällig, dass ich verliebt war? Vor allem, wann genau konnten sie das bemerken?
"Ja, aber du hast gesehen, warum ich es euch nicht erzählen konnte. Außerdem waren wir zu dem Zeitpunkt noch nicht zusammen", sagte ich und wurde beim letzten Satz etwas leiser. Sie schenkte mir einen undefinierbaren Blick und lächelte dann.
"Wie ist er so?", fragte sie mich und schaute wieder nach vorne. Ich war verwirrt. Sie wollte wissen, wie Jeongguk war? Wie meinte sie das? War sie grade wirklich an meinem Freund interessiert? Durfte ich das positiv nehmen? Denn wenn nicht, müsste ich mir jetzt das debile Grinsen aus dem Gesicht schlagen, dass sich automatisch auf meinen Lippen ausgebreitet hatte.
Ich schaute auf meine Finger, die ich in meinem Schoß knetete.
"Im ersten Moment, ist er unausstehlich, macht es unmöglich ihn zu mögen. Versucht seinen Standpunkt klar zu machen, und dass du Meilen darunter liegst", sagte ich und man hörte wahrscheinlich raus, dass es mich dezent aufregte, "und im nächsten, wird er zum Beschützer und anhänglich wie ein Koala. Ich kann ihn nie einschätzen, obwohl er immer weiß was ich denke. Ich frage mich manchmal, ob ihm das nicht zu langweilig ist, aber für mich ist es aufregend", erzählte ich in mit wahrscheinlich funkelnden Augen in meinen Gedanken vertieft, bis mir bewusst wurde, dass die Person neben mir immer noch meine Mutter war. Die, die letztens noch davon abgeneigt war. Ich warf ihr einen vorsichtigen Blick zu, und sie schien mit sich zu kämpfen."Das freut mich Schatz, bring ihn mal mit zum Essen", sagte sie und nahm kurz ihre Hand vom Steuer, um nach meiner zu greifen und sie zu drücken. "Zum richtigen Essen. Als Freund", sagte sie und betonte das Wort "Freund" so, dass kein Raum für Missverständnisse übrig blieb. Und wenn doch, dann machte sie diese mit dem daraufhin vielsagenden Zwinkern wett.
Irgendwie verspürte ich ein warmes Gefühl in meinem Bauch und musste wieder lächeln.
"Ja, mach ich."Und so schauten wir beide die restliche Fahrt still mach vorne und lächelten uns ab und zu durch den Rückspiegel an.
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Spätes Update, aber es hätte heute eigentlich eh keins gegeben xD
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𝐖𝐎𝐋𝐅.
FanfictionScheiße, ich saß in der Falle. Für den Wolf war das anscheinend optimal, denn er trat aus seinem Mantel aus tiefschwarzen Schatten und näherte sich mir so sehr, dass mir das Mondlicht erlaubte ihn genauer zu betrachten. Sein Fell schimmerte in einem...