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Taemin war mir immer verdächtig, aber das hatte ich jetzt nicht erwartet. Die Menschen waren zwar relativ voll und er hatte auch nicht ausdrücklich gesagt, er sei schwul, aber ich merkte, dass sie mein überrascht Sein teilten. Trotz des Alkohols intus.

Taemin und Minho waren immer das eine Shipping in unserer Klasse gewesen, das die Mädchen süß fanden, aber das immer beteuerte nur Freunde zu sein. Anscheinend hatte sich das jetzt erledigt, denn auch Minho schaute mit großen Augen zu seinem "besten" Freund.

"Für solche Spiele", fügte Taemin hinzu, nachdem er das Gesagte realisiert hatte und deutete in unsere Runde. Es blieb still. "Ach kommt guys, denkt nicht immer direkt so", lachte er und da lockerte sich die Stimmung etwas. Einige lachten mit, andere führten das fort, was sie getan hatten und nur ein paar sahen immer noch skeptisch zu ihm. Darunter auch ich und Minho.

"Was sollte das?", zischelte Minho leise, aber Tae beachtete ihn nicht.

"Bro, du bist", lallte ich schließlich, um wieder an das Spiel anzuknüpfen. Er nahm schnaufend die Flasche in die Hand und drehte sie energisch. Ich wusste nicht, ob das irgendein Frust war, der sich in ihm angestaut hatte, aber irgendwie schien er nicht mehr ganz so happy und unbekümmert wie eben. Er tat aber nach außen immer noch so.

Zugegebenermaßen hätte ein öffentliches Outing sein Image ziemlich gefickt und ich war mir nicht sicher, ob alle im Nachhinein positiv reagiert hätten. Die nächsten Wochen würden sicherlich Gerüchte rumgehen, aber keiner hatte Beweise, also war er gesichert. Aber wenn er wirklich schwul war, und diese Situation schon öfter im Kopf abgespielt hatte, dann musste das grade nur alles verschlimmert haben. Dementsprechend könnte ich seinen Frust nachvollziehen.

Die Flasche wurde mit der Zeit langsamer und langsamer bis sie schließlich stehen blieb. Und als sie die Richtung offenbarte, kicherte Taemin schadenfroh.

Natürlich auf mich. Ich hätte mir wohl nichts schlimmes gedacht, aber der Ausdruck in seinem Gesicht konnte nichts gutes heißen.

"Wahrheit", sagte er und grinste während er mit einem sehr kurzen Blick in Richtung Jeongguk deutete. "oder Pflicht", setzte er fort und zwinkerte mir zu.

Das war jetzt aber nicht sein Ernst oder? Der Andeutung zufolge, hatte er vor das Geschehene auf dem Schulflur anzusprechen und auszuplaudern. Damit könnte ich nicht leben. Aber auf der anderen Seite könnte er mich zwingen mit Jeon öffentlich rumzumachen oder so. Das wäre auch keine gute Option. Ich suchte in der Menge nach den Gesichtern meiner besten Freunde und schaute dann Hobi hilfesuchend an.

Aber da es in der zweiten Variante seinem Ruf mehr schaden würde als meinem, da er mich dazu aufgefordert hätte es zu tun, ging ich das Risiko ein. Im Endeffekt könnte niemand behaupten, dass ich vom anderen Ufer sei, nur weil ich gezwungen wurde einen Jungen zu küssen, oder?

Und dazu stand es nicht einmal fest, ob er mir das antun würde, also hoffte ich einfach, dass ich die Blicke falsch interpretiert hatte und schaute ihm also tief in die Augen, um mit standhafter Stimme "Pflicht" zu verkünden.

Er lehnte sich vorfreudig zurück und streckte sich gemächlich. Und dann folgten die todesbringenden Worte über seine Lippen.

...

"Küss einen Jungen aus diesem Kreis für eine halbe Minute." Ich erstarrte.
"Mit Zunge", sagte er siegessicher.

Was hatte ich ihm getan? Gönnte er es mir nicht? Dachte er ich sei schwul und könnte es in Ruhe ausleben, während er so tun musste als würde er auf Mädchen stehen, weil er einen höheren Ruf hatte, als ich? War er eifersüchtig darauf? Im Normalfall hätte er das doch niemals getan, es musste am Alkohol liegen.

Das Problem war jetzt nur, er hatte mich doppelt in die Misere gebracht, denn ich musste entscheiden wen ich küssen würde. Und jeder normale Heterotyp hätte jetzt seinen besten Freund genommen, um den Peinlichkeitspegel möglichst tief gesenkt zu halten. Und noch dümmer war eben, dass Hobi auch mit im Kreis saß, also nahm jeder andere auch an, dass ich ihn wählen würde.

Aber die Vorstellung Hoseok, meinen besten Freund seit drei Jahren zu küssen, der für mich wie ein Bruder war, war dummerweise viel unangenehmer, als die Vorstellung den mysteriösen, fast fremden Jeon zu küssen. Vor allem, da es nicht das erste Mal wäre.

Was sollte ich nun also tun? Die anderen würden sich fragen warum ich Jeon ausgewählt hatte. Aber andererseits wollte ich es mir selber nicht peinlicher machen, als nötig. Ich war so zwiegespalten und starrte unauffällig zwischen den beiden hin und her. Alle anderen würden weg fallen. Erstens hatte ich nicht die Eier einen nicht so eng befreundeten Jungen zu küssen und zweitens...
...
zweitens wurde mir bewusst, dass das die Lösung war!

Ich würde es Taemin heimzahlen! Ich wusste wie!

"Na wird's bald?", rief er, wie gerufen, ungedulig.

"Minho", sagte ich. "Komm in die Mitte." Ich stand auf, torkelte langsam in eben diese und beobachtete währenddessen ihrer beiden Gesichter. Minhos der sich mir zögerlich näherte und Taemins auf dessen Gesicht solangsam eine düstere Gewitterwolke der Erkenntnis sichtbar wurde.

Es war zu spät.

Minho saß inzwischen vor mir. "Sorry", nuschelte ich und griff mit meiner Hand nach seiner Wange. Er verzog die Augenbrauen und kniff schmerzlich die Augen zusammen. Ich holte einen letzten tiefen Atemzug und beugte mich mit einem Blick in den Augenwinkel vor, ehe ich ebenfalls die Augen schloss und bereit war, die letzten Centimeter zu überbrücken.

"STOPP!"

~~
War das ein mieser Cut?
Bin ich gemein?
Wer weiß, wer weiß

𝐖𝐎𝐋𝐅.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt