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Es herrschte zunächst Stille.

"Wie...", fragte er fassungslos. Ich hatte ihn vor eine Sackgasse gestellt. Ihn schachmatt gesetzt. Es gab wohl keinen Ausweg, wenn er mich nicht abends festketten wollte, aber er könnte ja schlecht jede Nacht, in der ich mich verwandelte bei mir sein. Es würde immer ein Risiko bestehen. Außerdem musste er gemerkt haben, dass ich ihm eine Verweigerung nie verzeihen würde.

Mein Bruder hingegen war sichtlich zwiegespalten. Auf der eine Seite lag meine Freiheit auf der andere Seite seine eigene. Aber es schien ihn zu erleichtern diese Entscheidung nicht selber treffen zu müssen. Wie als würde er hoffend daneben sitzen und sich mit beiden Optionen zufrieden geben. Aber in solchen Situation hat man immer die bevorzugte Variante und ich wusste, welche das für ihn war. Immerhin war es meine Schuld, dass er nun so rumlaufen musste.

"Nein..", flüsterte Jeongguk geschlagen gegeben. Alles hing nun an ihm. Aber wir wussten alle drei wie er sich entscheiden müsste. Wenn er meinen Bruder fragen würde, würde dieser bestimmt dagegen stimmen, aber er hatte selber nicht die Mittel mich danach davon abzuhalten. Egal wie er sich entschied, für mich sah es nicht sehr bunt aus. Das grenzte schon an Masochismus...

"Okay", gab er nach und rieb sich das Nasenbein. "Okay, ich mach's", flüsterte er erneut. "Ich hab ja wohl keine Wahl." Der Blick meines Bruders wurde dunkler. Er musste wohl dieses Gefühl von Schuldigkeit verspüren, sagte aber nichts.

"Aber wir können es nicht heute machen, deine Eltern", erinnerte Jeongguk mich. Mir war vollkommen bewusst, dass er das nur tat um Zeit zu schinden. Um es aufzuschieben und vielleicht irgendwann eine andere Lösung finden zu können. Aber so gesehen wäre nie der perfekte Zeitpunkt.

"Nein, jetzt", befahl ich harsch. "Das geht nicht so einfach, das hab ich dir doch schon gesagt", tadelte er mich genervt, aber ich spürte, dass es nicht ganz der Wahrheit entsprach.

Ach ja? "Und warum sagt mir mein Gefühl was anderes?", fragte ich gescheit. Er kratzte sich nervös am Oberarm, als würde er diese Eigenschaften die unsere Bindung mit sich trug verfluchen, weil er so nicht einfach etwas verheimlichen konnte. "Lügst du mich an?" Er sah betreten weg und schüttelte kaum merklich den Kopf.

"Nein. Ich hab dich nicht angelogen. Was ich gesagt habe stimmt. Nur in unserer Situation ist es wohl etwas anders." Er machte eine Pause und schaute Baekhyun an, als würde er auf eine Erlaubnis warten, weitersprechen zu dürfen oder sogar Hilfe. Von diesem folgte jedoch wie erwartet nichts. Also sprach er seufzend weiter: "Die Bindung zwischen mir und deinem Bruder ist noch relativ frisch. Ich habe ihn bereits einmal durch dieses ganze Prozedere begleitet. Ich weiß nur nicht ob unsere Bindung", er deutete auf sich und mich. "so leicht zu lösen sein wird, weil du nämlich noch in der Anfangsphase bist. Wir müssten wahrscheinlich unseren Heiler rufen." Nachdem er zuende gesprochen hatte, schien er es wirklich zu bereuen. Als hätte er mich nun auf ewig verloren.

"Okay, können wir heute zu ihm?", fragte ich. Ich sah mein Ziel vor Augen und wollte nun so schnell, wie möglich darauf zusteuern. Ich wollte es so sehr, dass ich alles andere außer Acht ließ.
Er nickte zögerlich und sah wieder ratlos zu meinem Bruder.

"Dann führt mich hin", forderte ich sie zum Gehen auf. Zum ersten Mal seit dieser Verhandlung erhob nun Baekhyun seine Stimme: "Taehyung, du kannst nicht von heute auf morgen aus deiner Welt abhauen. Alle werden dich vermissen. Denk an deine Freunde, denk... Denk an deine, unsere Eltern."

"Hast du das damals getan?", sagte ich vorwurfsvoll. Es war keine Frage, wir wussten beide die Antwort.

Aber da fiel mir ein, dass ich seine Stimme in letzter Zeit doch schon mal gehört hatte. "Und außerdem sind die schon daran gewöhnt. Immerhin war ich doch einen Monat weg, nicht wahr B?" Soweit ich mich erinnern konnte, hatte Jeon die Person, die damals wie mein Bruder klang immer wieder so genannt. Kurz tauchte ein Funke Enttäuschung auf, aber ich schluckte ihn sofort runter. Er sah schuldig weg.

Es schien als wollte ich grade auf alle sauer sein, aber das würde nur dazu führen, dass ich meine eben getroffenen Entscheidung bereuen würde. Ich wollte meinem Bruder helfen, trotz dem was er getan hatte. Schließlich hatte er nichts weitaus schlimmes getan und war immer noch mein Bruder, teilte die gleichen Gene mit mir. Weitgehend.

"Oke, dann gehen wir", brach Jeongguk die aufgekommene Stille und wendete sich zum Gehen. Ich folgte ihm sofort nur Baekhyun blieb zunächst zögernd stehen.

Aber auch er folgte uns letztendlich und holte schnell auf, sodass wir uns zu dritt auf dem Weg zu ihrem, oder inzwischen wohl eher unserem, Heiler machten.

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I'm so tired of lovesongs, tired of lovesongs, tired of lovesongs,
tired of love

Schönen Muttertag euch noch

𝐖𝐎𝐋𝐅.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt