Kapitel 15 ✔

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Ich hielt es kaum noch aus, ich musste hier raus. Während ich in der Cafeteria meine Aufgaben machte, wurde ich dieses Mal nicht nur von Kyles Gruppe gedemütigt, sondern auch noch von ein paar weiteren Leuten.

Plötzlich wussten einige Mitschüler meinen Namen und ohne dass ich ihnen etwas tun musste, stiegen sie alle mit ein. Es machte mir fast schon Angst zu was Kyle in der Lage war und wie schnell das tatsächlich gehen konnte.

Ein letztes mal schaute ich diese fesselnden braunen Augen an und verließ mit glänzenden Augen das Schulgebäude. Ich wollte nicht mehr und ich konnte dort keine weiter Stunde verbringen.

Mit verheultem Gesicht kam ich Zuhause an, sofort stürmte ich in mein Zimmer. Dort angekommen verkroch ich mich in mein Bett und ließ meine Tränen freien Lauf. Es tat gut endlich alleine zu sein, mich nicht ständig nach Dummen blicken umsehen zu müssen.

,,Schatz, ist alles ok?'', erschrocken blickte ich auf. Was? Warum war meine Mam nicht auf der Arbeit? Panisch versuchte ich meine Tränen aus dem Gesicht zu wischen, schluchze dabei.

,,Wieso bist du nicht arbeiten?'', fragte ich heiser. Sie seufze leicht und setze sich auf mein Bett. Ihr Blick war besorgt, doch sie wusste, ich wollte nicht darüber sprechen. Es gibt nichts was sie tun könnte.

,,Schatz, ich muss ein ernstes Gespräch mit dir führen.'', sagte sie nach einer Weile und strich mir über den Oberarm.

Ich schüttelte fragend den Kopf. Schnell wischte ich mir meine hoffentlich letzte Träne weg und schaute sie nun auffordernd an. Sie war nervös, sehr nervös. Über was wollte sie denn reden?

,,Du weißt doch das wir jeden Monat oft knapp bei Kasse sind und mein Arbeitsvertrag wird demnächst auch gekündigt. Da ich momentan nicht in der Lage bin uns ein Dach über den Kopf zu finden, ziehen wir  vorübergehend zu Maria.''

Ich konnte es nicht fassen was dort aus dem Mund meiner Mutter kam. In mir verkrampfte förmlich alles, für einen Moment lang war ich wie betäubt, wie konnte das sein?

Maria, die Mutter von... Kyle. Ich schaute sie unglaubwürdig an.

,,Sie hat mir noch ein Jobangebot gemacht als Sekretärin und da verdiene ich genug. Die Wohnung habe ich heute schon abgegeben, das heißt pack das wichtigste ein und nachher werden wir von Kyle abgeholt.''

Ich realisierte ihre Wörter gar nicht, meine Mutter und ich werden bei den Tolisons wohnen? Bei dem Kerl, der es geschafft hat mich zu noch einem größeren Mobbingopfer zu machen? Das war doch ein schlechter Scherz.

,,Das können wir nicht machen.'', ich schüttelte unglaubwürdig den Kopf. Alles, aber wirklich nicht das.

,,Verdammt nochmal das können wir nicht machen!'', sagte ich ein weiteres Mal, etwas verzweifelter. Sie war etwas verwundert über meine Reaktion, nahm dennoch meine kalte Hand.

,,Schatz, ich weiß das du gerade viel durchmachen musst aber du wärst mir jetzt eine große Hilfe wenn du mit mir kommen würdest. Nur für den Anfang, wir werden
da sicher nur ein halbes Jahr bleiben. Und ich glaube Kyle kann auch nett sein, wenn er will.'', sie beruhigte mich mit ihrer sanften Stimme. Und doch, das alles stimmte nicht. Kyle war nicht nett, nicht mal im geringsten.

Es gab nichts was ich dagegen sagen oder tun konnte. Also blieb ich still, akzeptierte mein Schicksal und hoffte nur, das diese Familie ein großes Haus hatte. So müsste ich Kyle nicht zu oft antreffen.

Mit einem liebevollen Lächeln blickte sie mich das letzte mal an, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und verschwand im Wohnzimmer.

,,Am besten du fängst mit dem Packen an.", sagte meine Mutter noch, bevor sie dann wirklich verschwand.

Warum ausgerechnet Kyle?

Es war wohl offensichtlich genug, das dieser Typ mich nicht ausstehen konnte, wie zur Hölle sollte ich es bei ihm zuhause überleben? Wie sollte ich das alles aushalten ohne einen Rückzugsort zu haben?

Ich fühlte nichts mehr, alles war taub. Mir war kalt und mein Körper leer. Die Wunden waren alle noch zu frisch und bevor diese überhaupt heilten, bildeten sich neue.

Langsam fing ich an meine Klamotten zu packen, schließlich werden wir noch heute abgeholt. Es dauerte wahrscheinlich zwei Stunden bis ich fertig war, denn immer wieder setze ich mich hin und versuchte die letzten Momente hier zu genießen.

Ich wollte da nicht wohnen, schließlich war dieses Arschloch schuld das jetzt die
ganze Schule Aufmerksam auf mich war. Aber ich tat es zu liebe meiner Mutter. Mir war klar wie hart sie wohl arbeiten müsste und wie sehr ihr das eigentlich Sorgen bereitete.

Langsam fing ich an die zwei vollen Kartons in den Flur zu bringen, jeder schritt war ein Kampf. Ich wollte nicht, ich wollte nicht bei Kyle wohnen.

,,Schatzt, was ist los?'', ich erschrack als meine Mutter genau vor mir stand. Langsam hob ich mein Kopf und schaute sie an, ihre Augen funkelten voller Aufregung, so wie bei einem kleinen Kind. Es bedeutete ihr viel, das merkte ich.

,,Es ist alles in Ordnung. I-ich werde das alles nur vermissen.''

Ich schluckte, es fiel mir unfassbar schwer aber ich versuchte zu lächeln, für Sie.

,.Wir schaffen das, Du und Ich. Komm, zieh deine Schuhe an wir müssen runter. ''

Am liebsten würde ich mich gleich wieder umdrehen und mich in mein Bett verstecken, ihr sagen das ich nie im Leben mit Kyle unter einem Dach wohnen werde. Doch ich machte es nicht, stattdessen tat ich genau das was meine Mutter sagte.

Als dann auch der letzte Karton dran war, versuchte ich diesen nach unten zu bringen, jedoch kam ich nicht ein Meter weiter. Das war einer von den schweren und meine ganze Kraft war bereits aufgebraucht. Trotzdem atmete ich noch einmal tief ein und versuchte mit meiner letzten Energie den Karton zu heben. Es wirkte fast schon so, als wären da meine kompletten Erinnerungen drin und dieser Karton sich weigerte mitzukommen.

Schließlich schaffte ich es doch.

Lautlos setze ich mich nach hinten und schloss für ein kurzen Moment die Augen.

Ich, Lou Jersey, werde jetzt bei dem größten Badboy der Schule wohnen.

Andere Mädchen würden dafür töten, ich konnte es mir schon bildlich vorstellen, wie die ganzen Furien auf mich zuliefen, ihre Lippenstifte als Waffe, bereit um mir ein Ende zu schaffen, bloß weil Kyle und ich unter einem Haus wohnte.

Jedoch muss so etwas erst gar nicht passieren, ich würde diesen Platz freiwillig abgeben. Und Kyle, der würde das wahrscheinlich auch besser haben wenn's jemand anderes wäre.

Der Gedanke das ich diesem Typen doch mehr erzählt hatte als ich sollte, machte mich wütend. Er würde das sicher für sich ausnutzen, mich weiter kränken bis ich dann wirklich den Geist aufgebe.

Es war so unfassbar naiv von mir so etwas mit ihm zu teilen. Ich hatte überhaupft keine Erfahrungen, wenn es um Vertrauen ging. Ich vertraute wahrscheinlich viel zu schnell und das könnte mir noch ganz bald zum Verhängnis werden.

Ich merkte immer mehr wie ich eine Mauer um mich herum aufbaute, eine Mauer über die niemand kommen konnte. Es war das letzte mal, dass ich so naiv und dumm handelte. Ab jetzt wird mich keiner so schnell durchschauen können.

Ich wollte kalt wirken, kalt und leer. Keiner sollte wissen ob es mir gut oder schlecht ging.

My first BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt