VII

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Es fühlte sich an, wie sich selbst zu schlagen. Warum musste es wehtun, mir Selbst beim Weinen zuzusehen?

"Hey, Hey, Hanau, beruhige dich! Du bist doch ich, hör auf zu weinen, beherrsche dich!"

Mir fiel ein dass ich es, trotz all der Mühe die Nina darin hinein investiert hatte, nie geschafft hatte, weinende Kinder zu trösten. Wie auch? Weinen war schlecht, Tränen fließen zu lassen durfte man nur, wenn es die Situation erforderte, bei schweren Verlusten beispielsweise. Ich machte mir ja schon so oft genug Vorwürfe, weil ich es nicht richtig hinbekam meine Tränen im Zaun zu halten, wie sollte ich es mir selber dann bitte ausreden?!

"Warum willst du unbedingt zurück in deine blöde Welt? Was kann sie schon haben? Unsere Eltern waren es noch nie wert, so eine Gelegenheit nicht zu ergreifen, ganz bestimmt nicht!"

Wieder benutzte sie 'unsere'.
Sie meinte wohl wirklich mich damit. Mit welcher Selbstverständlichkeit sie sprach - ich dachte zurück an die ernste Mine, die meine Mutter gemacht hatte, als sie den Brief gelesen hatte. Meine immer lächelnde Mutter, deren verdammte Mine sich seit meiner damaligen Prüfung mit 11 Jahren nicht mehr verzerrt hatte, war so ernst gewesen, wie noch nie zuvor. Mein Vater, der eher 7 Tage hintereinander ohne Schlaf verbringen würde, als zu spät zur Arbeit zu kommen (als Leiter! Als Geschäftsleiter! Er konnte kommen wann er wollte!?) hatte seine Arbeit ohne weiteres stehen lassen, nur um mir mitzuteilen, dass ich nach Japan geschickt werde. Ich hatte ihnen Tee auf ihre teure Sachen gekippt, war einfach hoch gerannt.

Was wohl wirklich in dem Brief gestanden hatte? Ich würde sie fragen, wenn sich alles geklärt hätte.

"Das stimmt, sie waren wirklich nicht die besten Eltern. Ganz und gar nicht. Aber momentan fühlt sich mein Herz so schwer wie nie an, Hanau. Ich will einfach nur... Nachhause, verstehst du? Da gibt es kein Abenteuer, das ich erleben möchte, keine andere Welt, in der ich bleiben will. Was bringt es mir, Schatten um mich herum zu kreieren, die nicht einmal im entferntesten an das Original heran reichen?"

"Das ist nicht fair! Ich habe dich seit 6 verdammten Jahren nicht gesehen, und jetzt, wo du her gekommen bist, wie ein Geschenk, das meine furchtbare Langeweile vertreiben soll, willst du wieder weg, nur weil dein Herz sich gerade mal danach sehnt Leute wiederzusehen, die dir mehr oder weniger lieb sind? Es macht keinen Sinn, es ist dumm!"

Laut fluchen, ohne das geringste Bisschen an Scham... vielleicht war sie nicht ganz meine bessere Hälfte. Ich kniete mich zu ihr runter, merkte, wie der goldene Stoff meines Kimonos dreckig wurde. Vorsichtig, legte ich meine Hand auf ihren Kopf, fuhr ihr durch die Haare, langsam, beruhigend.

"Das menschliche Herz war noch niemals fair. Es kann Jahrelang schwer wie ein Juwel sein und dann, von einem Moment auf den anderen, wieder leicht wie eine Feder. Es hat keine Bedingungen zu erfüllen, wird sich niemals seinem Besitzer fügen, für immer tun und lassen, was es will. Wie ein Spiel, das man nie gewinnen kann, egal wie sehr man es versucht."

Meine Hand festhaltend, damit ich nicht aufhörte ihr durchs Haar zu streichen, hob Hanau den Kopf. "Das von was du sprichst ist nicht das Herz, sondern Liebe. Verwechsele diese zwei einfachen Dinge nicht miteinander, du machst dich lächerlich."

"Natürlich, Verzeihung."

"Lächle nicht die ganze Zeit, als würdest du dich über mich lustig machen! Ich hätte dich dazu zwingen können hier zu bleiben, vergiss das nie!"

"Natürlich nicht, ich schwöre es."

Wir verweilten noch einige Momente - vielleicht waren es auch eine ganze Menge Momente - auf dem Boden im Wald, genossen die Ruhe die uns, wie ein blauer, funkelnder Umhang umgab. Als wir schließlich aufstanden, zum Palast zurückkehrten (immerhin wollte ich nicht alleine in meine Welt zurück) war es bereits dunkel geworden, die Sonne hatte sich für heute endgültig verabschiedet.

Diabolik LoversWo Geschichten leben. Entdecke jetzt